Wie das Leben mich verprügelt

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Sie sah mich geradewegs an. 

Sie redete gerade mit zwei ihrer Freundinnen aus meiner Klasse. Sie schien ihnen etwas zu erzählen, aber ihr Blick klebte starr an mir. In ihren braunen Augen konnte man nicht erkennen, was sie dachte - ob sie sauer auf mich war, ob sie enttäuscht von mir war, mich hasste, oder mich verstand. Ich hasste dieses Gefühl, wenn man nicht wusste, was der gegenüber dachte.

Gerade jetzt, wo ich nicht wusste, was Nico ihr alles erzählt hatte.

Ich tat so, als hätte ich sie nicht gesehen und stellte mich zu Isa, die gerade auch im Gespräch mit einem anderen Mädchen war.

Wir warteten, bis wir in den Musikraum gelassen wurden.

Im Musikraum angekommen, setze ich mich auf meinen Einzelplatz - schräg gegenüber von Tolozoe.

Mein Schicksal schlug mal wieder Saltos.

Die ganze Stunde über beobachtete sie mich. Ihr Blick war mal starr, mal bissig, als würde sie knurren wollen, mal lachte sie mich an. Ich konnte nicht glauben, was sie dachte - aber mein Gefühl rief mir zu, dass dieses Lachen sau gefaket war.

Ich beachtete sie nicht. Sie war mir egal - sollte sie jedenfalls.

Aber mein Herz sprang jedes Mal im Dreieck, wenn sie mich beobachtete.

Ich konnte nicht glauben, dass Nico mich sofort vergessen hatte und sich Tolozoe angelacht hatte. Ich meine, ich war nicht mehr mit ihm zusammen - aber es tat mir schon weh, dass ich ihm anscheinend so unwichtig war, dass es ihm nicht mal anzusehen war, dass er verletzt war. Ich meine, ich war selber total fertig, dabei hatte ich es beendet! Und er schien es einfach so in seine Hosentasche zu stecken. Und dabei dachte ich, er hätte mich wirklich geliebt!

Ich atmete tief ein.

Ganz ruhig, Zoey!

Ich konnte aber nicht ruhig sein. Mein Herz pochte wie wild vor Wut. Ich konnte nicht verstehen, dass ich Nico jetzt auf einmal so unwichtig war. Klar, er war verletzt. Aber von mir auf Tolozoe zu springen war doch echt nicht richtig!

So vegetierte ich die ganzen beiden Musikstunden hin - was auch nicht schwer war. Denn unsere Musiklehrerin schrieb die ganze Zeit nur wirres Zeug an die Tafel, was sie gleich aber wieder wegwischte, mit jedem Mal dem gleichen Satz: "Ne, das kommt erst später….oder?"

Na toll. Also war mein Nachmittag wieder mal in der untersten Schublade. Wo ich doch dachte, die Nachricht von André hätte ihn gerettet!

Naja, Pustekuchen! Danke Tolozoe - danke Nico.

Nach Musik konnte ich glücklich sein, dass Tolozoe Schulschluss hatte - war ich aber nicht.

Die Klasse stürmte aus dem Musikraum, als wäre ein Feuer ausgebrochen. Aber ich schlich hinter der Meute her, Tolozoe im Blickwinkel. Eigentlich sollte ich sie nicht im Auge haben. Sie war keine Konkurrenz. Ich war nicht mehr mit Nico zusammen. Ich hatte Jan. Also was kümmerte sie mich?

Aber als wir im Forum angekommen waren, weil einige schon nach Hause gingen und andere einen Bogen machen mussten, um in den Klassenraum zu kommen, sah ich ihn.

Er lehnte an einem Pfeiler und hatte seine Kopfhörer in den Ohren. Sein Blick war auf die Meute gerichtet. Aber er blickte ncht zu Tolozoe, die zwischen den ganzen Mädchen tummelte, er sah mich an!

Sein Blick war richtig emotionslos. Nicht traurig, nicht wütend, einfach leer.

Tolozoe löste sich aus der Gruppe und stolzierte zu Nico, der seine Kopfhörer schon in seine Tasche packte, als würde sie es mir auch noch unter die Nase reiben wollen.

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