Im Treppenhaus

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Mit zitternden Beinen ging ich die Treppe hinunter.

Oh man, weshalb war ich denn so fertig? Ich hab es doch nicht mit Absicht getan!

Aber vielleicht hatte ich einfach Angst, Jan zu verlieren.

Die paar Treppenstufen kamen mir vor wie tausende. Sie kamen mir vor wie ein kilometerlanger Weg, der niemals enden wollte, nur damit ich nie zu Jan kam.

Endlich unten angekommen, sah ich mich um. Die Etage war wie leer gefegt. Vollkommen still, nur das Gemurmel von oben zu hören. Kein Jan.

Wo war er? Ist er jetzt auf einmal geflohen, nur um mich nicht sehen zu müssen?

Nein das traute ich Jan nun überhaupt nicht zu!

Trotzdem….wo befand er sich?

Mein Blick blieb an der offenen Eingangstür hängen.

Ohne wirklich zu wissen, was meine Beine da taten, bewegte ich mich langsam zur Tür.

Auf der Treppe zum unteren Stock, im Treppenhaus, saß er.

"Was machst du hier?" fragte ich. Aber ich erkannte meine eigene Stimme gar nicht wieder! Ich hörte mich so weinerlich an, so schwach. Ich hörte mich innerlich zerstört an, wenn man das so sagen konnte.

"Ich…" Jan brach ab und ließ seinen Kopf kurz hängen, sah dann aber wieder stur gerade aus. Mich angeschaut hatte er noch nicht. "Ich brauchte frische Luft."

Seine Stimme hörte sich schlimm an. Kratzig, weswegen er sich immer wieder räuspern musste, bis auf die Knochen verletzt, traurig, enttäuscht. Das ganze Paket.

Mein Herz brannte, als ich ihn da so sah und anhörte. So zusammengesackt auf der Treppenhaustreppe, so kaputt, so fertig.

"Auf der Treppe." murmelte ich ganz leise, fast nur gehaucht, nicht mal innerlich lachend, dass er im Treppenhaus nach Frischer Luft suchte.

Ich setzte mich neben ihm, unwissend, was ich jetzt sagen sollte.

Jans Blicke wanderten die ganze Zeit herum. Mal visierte er das Treppengeländer an, dann betrachtete er seine Füße, die immer wieder wackelten, dann wanderten seine Blicke zu den Treppenstufen. Als könnte er sich nicht entscheiden, was er anschauen sollte. Als würde er sich ablenken wollen, indem er alles ansah, außer mich.

Die ganze Zeit kaute er an seinen Fingernägeln, hielt dann seufzend inne, schaute wieder woanders hin. Es schien immer wieder, als würde er ansetzten etwas zu sagen. Aber diese Versuche verwarf er immer wieder mit einem Seufzen oder Stöhnen.

Ich kam mir so schlecht vor. Er versuchte etwas zu sagen. Aber mir fehlten die Worte, obwohl ich mich doch entschuldigen wollte.

"Was…" Ich überlegte, ob ihn das wirklich fragen sollte, aber jetzt hatte ich schon angefangen. "Was hat Andre dir erzählt?"

Jan stieß Luft aus und schaute aus dem Fenster neben uns.

Ich dachte erst, dass ihm diese Frage unangenehm sein könnte, dass sie ihm weh tat. Aber dennoch antwortete er:

"Dass es zu dunkel war und du dachtest, er sei ich und er dachte du seist Katha. Dann hast du es erst bemerkt und Katha hat euch erwischt. Er hat dann Katha alles erklärt und sie hatte ihm auch schon verziehen."

Seine Stimme brach zwischendurch mal. Doch er räusperte sich sofort und sprach weiter.

Doch ich unterbrach ihn:

"Jan, glaub mir: Ich habe das wirklich nicht gewollt! Ich habe mich so scheiße gefühlt! Ich hab die halbe Nacht deswegen nicht geschlafen! Ich hab da oben rumgeheult wie so'n kleines Kind. Und das nur weil ich mich so verdammt schlecht fühle, weil ich Angst habe, dich zu verlieren!"

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