Unaufbaubares aufbauen

3.9K 204 34
                                    

Ich saß da an dem halb gedeckten Esstisch.

Eine Hand an meiner Schulter, die Stimme der Person, der sie gehörte, immer wieder mit mir sprechend: "Alles wird gut! Er wird verstehen, dass es ein Versehen war."

Ich war dankbar, dass Sarah gerade neben mir stand und mich aufheitern wollte. Aber so hart es auch klang, ich konnte es gerade nicht schätzen.

Ich dachte die ganze Zeit nur daran, wie Jan mich todtraurig angeschaut hatte. Wie ich ein Bruchteil einer Sekunde in seinen Augen den Schmerz erkennen konnte. Wie er dann den Raum verlassen hatte, weil er die Situation nicht mehr ertragen konnte.

Da hatte ich mal den perfekten Mann gefunden - und dann passierte sowas.

Ich konnte anscheinend nicht zufrieden sein, mein Schicksal hatte anscheinend Spaß, mich von dem Abgrund der Realität zu stoßen.

"Katha, es ... vielleicht ..... Hause ..... gehen ....." Ich hörte Cengiz' Stimme nur leise und in Stücken in meinem Ohr. Mein Hirn war gerade nicht im Stande, alle Wörter, die er sagte aufzunehmen.

"Ich....runter....Jan.....reden...." Und wem diese verzehrte Stimme gehörte, konnte ich gar nicht zuordnen.

Ich war gerade einfach zu fertig, alles aufzunehmen, was um mich herum passierte.

Ich wusste nur, dass ich am Tisch saß, mein dröhnender Kopf auf meinen Händen aufgestützt, meine Augen in meine Hände vergraben, meine Tränen brannten auf meiner Haut, hatten wahrscheinlich schon eine Sekte auf dem Tisch gebildet.

Ich konnte gerade nicht beschreiben, wie ich mich fühlte. Meine Gefühle waren einfach im Streik.

"Ich habe alles kaputt gemacht!" schluchzte ich. Aber ob es bei den Anderen auch so ankam, wie ich es mir gedacht hatte, wusste ich nicht. Mein Kopf war so irre heiß.

Und ich kam mir so unglaublich kindisch vor, dass ich hier bei den Apes an ihrem Tisch saß und heulte.

"Zoey, alles halb so wild! Du kannst doch nichts dafür!" Ich hörte Cengiz' leise und beruhigende Stimme ganz nah an meinem Ohr, spürte seine Hände auf meinen Schultern.

Wahrscheinlich wollte er mich aufmuntern, und ich hatte ihn dafür gerade echt total lieb. Aber seine Hände auf meinen Schultern waren wie die riesigen Steine auf meinem zerschossenem Herzen: Schwer. Sie zeigten mir, wie schwer ich mich gerade fühlte. Sie zeigte mir, wie leicht ich mich überhaupt bei Jan fühlte.

Jan.

Ein weiterer Schluchzer entfuhr meiner Kehle. Weitere Tränen.

Wie hatte ich ihn nur so verletzten können? So verletzten können und das ohne Absicht?

Wie hatte ich mich so sehr verletzten können?

Mein Herz brannte wie ein riesiges Biikefeuer. Es explodierte wie die ganzen Feuerwerkskörper an Silvester.

Ja, mein Herz explodierte vor Schmerz.

Wie hatte ich Jan sowas nur antun können?

"Ich wollte das doch nicht...ich...ich...ich wollte das nie!" Ich legte meinen dröhnenden Kopf auf die feuchte Tischplatte.

"Zoey, beruhig dich. Alles wird gut! Er wird dir verzeihen, glaub mir."

War es Sarah oder Cengiz, der gerade zu mir sprach? Ich wusste es nicht. Genauso wenig, wie ich wusste, ob Jan mir verzeihen würde.

'Zoey, mach jetzt hier keine Show! Es war ein Versehen, aus, Schluss, fertig, verdammt!' hallte es durch meinen hochgradig brennenden Kopf.

Ich merkte wie er hochgehoben wurde. Hochgehoben von dem Tisch, hochgehoben von meinen Sorgen.

SMS mit ApecrimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt