Teil 18

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Wo bleibt Toni nur? Ungeduldig lagere ich mein Gewicht auf das andere Bein. Ich dachte immer, nur Valentin braucht so lange beim Duschen und Umziehen, aber Toni ist anscheinend noch schlimmer. Wieder öffnet sich die Tür an der Wand gegenüber und wieder hebe ich meinen Kopf hoffnungsvoll. Und wieder einmal werde ich enttäuscht. Keine braunen Haare, keine blauen Augen, kein Grizzi. Ich seufze tief und der französische Nationalspieler sieht mich mit einem seltsamen Blick an. Dann geht er wortlos an mir vorbei.

„Wenn dieser Kerl nicht so bald kommt, trete ich die Türe ein und suche diesen Mistkerl.", knurre ich leise vor mich hin. „Wer ist ein Mistkerl?", fragt mich eine weibliche Stimme direkt neben mir. Ich zucke zusammen und fahre herum. Mir gegenüber steht eine junge Frau mit kurzen braunen Haaren und einem neugierigen Gesicht. „Oh Gott!", rufe ich erschrocken.

Sie lächelt entschuldigend. „Sorry ich wollte dich nicht erschrecken." Ich schüttle nur den Kopf. „Schon okay. Du redest deutsch?", frage ich die junge Frau, weil mir auffällt, dass ich eben für mich Deutsch gesprochen habe. Sie nickt nur und lehnt sich neben mir an die Wand. „Nun sag schon, wer ist der Mistkerl, der dich offensichtlich hier stehen gelassen hat?", will sie wissen und zwinkert mir zu. Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.

„Nicht so wichtig. Ich denke nicht, dass er mich extra vergessen hat." „Das denke ich auch nicht. Aber du kannst dich trösten, ich warte ebenfalls auf einen Mistkerl, der mich immer sitzen lässt- und vergisst." Wir grinsen uns beide an. „Jungs sind doch einfach so.", schmunzle ich belustigt und sie zustimmend. „Wie...", möchte sie gerade wissen, als die Türe erneut aufgeht. Wir sehen beide sofort auf. Und dieses Mal steht dort wirklich der kleine Mistkerl! „Na endlich!", ruft die Frau neben mir und umarmt Toni, der sie überrascht in die Arme schließt. Ich spüre wie ich kurz erstarre und meine Gedanken hüpfen wie wild in meinem Kopf herum. Toni... und sie...?

Toni löst sich schließlich von ihr und schiebt sie sanft von sich, etwas verlegen. Er scheint genau zu wissen, was ich denke. „Ehm Jelsa, das hier ist Maud.", stellt er die Frau vor. Maud sieht überrascht zu mir. „Maud, das ist Jelsa... du weißt schon.", stammelt er und deutet sichtlich überfordert auf mich. Maud sieht einen Moment lang zwischen uns beiden hin und her und wir alle schweigen. Dann fängt sie an zu lachen. „Du hast auf ihn gewartet.", kichert sie und ich hätte gelächelt, wenn ich nicht so eifersüchtig gewesen wäre. Ja, ich gebe es zu, ich bin auf eine wildfremde Frau eifersüchtig, weil Toni sie so umarmt hat und sie anscheinend sehr gut kennt. Und sie mag...

Maud scheint bei dem Gesichtsausdruck auf meinem Gesicht ein Licht aufzugehen, denn sie beeilt sich zu sagen: „Oh sorry das ich mich nicht vorgestellt habe: Ich bin Maud, Antoines Schwester." Etwas geschockt reiße ich meine Augen auf. Okay, das ist jetzt leicht peinlich. „Ich ehm...", stottere ich und ich fühle, wie meine Wangen rot werden. „Ich verstehe das schon. Der Mistkerl hat ja auch nichts gesagt.", meint Maud lächelnd auf Deutsch, sodass Toni uns nicht versteht und zwinkert.

Ich nicke, immer noch etwas sprachlos. „Was?", fragt Toni, der anscheinend nicht ganz versteht, was hier los ist. Da ist er aber auch nicht der einzige... „Nichts, Bruderherz!", zwitschert Maud und lächelt ihren Bruder fröhlich an. Dann kommt sie zu mir, packt meine Hand und zieht mich nach rechts in einen Gang. „Kommst du, Antoineeee? Wir müssen deine Jelsa noch Maman und Papa vorstellen! Sonst sind sie ganz enttäuscht, wenn sie erfahren, das DIE Jelsa hier war und sie sie nicht kennen gelernt haben!" Gehorsam lasse ich mich von ihr mitziehen und auch Toni folgt uns mit einem leisen Seufzer und den leisen Worten: „Ich wollte Jelsa aber heute nur für mich haben..."

Maud dreht bei diesen Worten den Kopf zu mir, zwinkert erneut zu und grinst breit, als sie sieht, wie ich glücklich erröte. „Siehst du, wie sehr du meinem Bruder den Kopf verdreht hast?" Ihre Worte sind gerade so laut, dass ich sie verstehen kann. „Hmm...", antworte ich nur, weil ich es mir einfach noch nicht wirklich vorstellen kann. Ich meine, ich weiß mittlerweile, dass sich bis über beide Ohren in Toni verliebt bin, aber das er ähnliche Gefühle wie ich haben soll? Das fühlt sich zu unwirklich, zu schön an, um wahr zu sein. Maud lächelt mich wissend an. „So habe ich mich am Anfang auch gefühlt, als ich meinen jetzigen Freund kennengelernt habe.

Deshalb weiß ich auch, dass du diejenige bist, die einsehen muss, wie sehr er dich mag." Ich sehe sie überrascht an. „Danke.", antworte ich etwas zögerlich. Ich kenne Maud jetzt vielleicht gerade mal vier Minuten, doch ich mag sie bereits sehr. Ihre Freundlichkeit, Ehrlichkeit und ihre Einfühlsamkeit überwältigen mich ein bisschen. Genau wie ihre Offenheit. „Maud...!", unterbricht Antoine meine Gedanken und unser kleines Gespräch. „Ich will Jelsas Hand halten!", schmollt er wie ein kleiner Junge und deutet auf meinen Arm, die Maud noch immer umklammert.

Maud lacht nur und verdreht ihre Augen, aber lässt dann meinen Arm los. „Jaja, Bruderherz. Schmoll nicht so, du Kleinkind." Ich grinse bei ihrer Antwort und mein Lächeln wird noch heller, als Toni sich meine Hand schnappt und mich zu sich zieht. „Mein Mädchen.", haucht er, während er etwas gemütlicher neben mir hergeht, als Maud vorhin eben. Diese sieht mit hochgezogenen Augenbrauen zu uns und beschleunigt dann ihre Schritte. „Ich lass dich mal mit ihm alleine Jelsa. Sonst heult mir Antoine später den Hals voll."

Als Antwort lache ich nur und scherze: „Ich übernehme das Aufpassen widerwillig." Maud lacht und Toni ruft empört: „Hey!" Absichtlich wird er langsamer und weil er ja meine Hand hält, zwingt er somit auch mich, einen Gang langsamer zu werden. Sobald Maud um die nächste Ecke verschwunden ist (hier seht ihr wieder mal, was für ein Labyrinth dieses Stadion ist), bleibt Antoine stehen. „Toni?", frage ich und drehe mich zu ihm um. Mein Herz macht einen Sprung, als ich diesen Jungen vor mir stehen sehe.

Er sieht mich mit großen Augen an, seine Unterlippe hat her etwas hochgezogen. Ich würde leugnen, wenn ich sagen würde, ich hätte ihn in diesem Moment nicht küssen wollen -also noch mehr als sonst. Seine blauen Augen glänzen, während er spielend schmollt. „Ist es wirklich so schlimm, auf mich aufzupassen?", will er wissen, während er versucht ernst zu bleiben und seine schmollende Rolle aufrecht zu behalten. „Ja.", ich verdrehe meine Augen und versuche einen ernsten und genervten Gesichtsausdruck aufrecht zu behalten.

„Es ist absolut schrecklich.", verkünde ich und halte meine freie Hand mit einer übertriebenen Geste an die Brust. „Wirklich?", fragt er, während er mich mit der Hand, die meine hält, an sich zieht. „Ja.", antworte ich nur, aber jetzt eindeutig weniger ernst. „Bist du ganz sicher?", haucht er und sein Gesicht nähert sich dem meinen. Wir sind jetzt kaum noch ein paar Zentimeter voneinander entfernt und das einzige was ich noch machen kann, ist stumm zu nicken. Ich denke aber nicht, dass das so überzeugend ausgesehen hat, denn Toni murmelt: „Hundertprozentig?" Dann endlich treffen seine Lippen auf die meinen und ich merke, wie sehr ich mich eigentlich nach ihm gesehnt habe. Tonis Hände fahren zu meiner Hüfte und er zieht mich noch fester an sich, seine Lippen bewegen sich unablässig zu meinen. Meine Finger vergrabe ich in seinem noch leicht feuchten Haar und drücke meinen Körper eng an ihn.

Nach einer winzigen Ewigkeit, die viel zu schnell zu Ende geht, lösen wir uns und holen tief Luft. Toni legt seine Stirn an meine, unsere Nasen berühren sich leicht. „Hat sich überzeugend angefühlt.", flüstert er belustigt und außer Atem. Seine Wangen sind gerötet und seine Haare von meinen Fingern zerzaust. Zuerst verwirren mich seine Worte und ich weiß nicht, wovon er redet, zu sehr schwirren meine Gedanken noch um den Kuss. Ich gebe ihm keine Antwort, sondern überwinde nur den kleinen Abstand zwischen unseren Mündern, indem ich meinen Kopf hebe. Unsere Lippen vereinen sich und es ist, als ob es nie etwas Anderes gegeben hätte.

Aber auch dieser wunderschöne Moment geht zu Ende, dieses Mal nicht, weil wir keine Luft mehr haben, sondern weil uns eine sehr belustigte Stimme unterbricht.

„Ich habe es so was von gewusst. Jelzzi und Grizzla shipen einfach."


A LITTLE LOVESTORY- l'amour surmonte tout [Antoine Griezmann]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt