Teil 62 - EPILOG

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Die nächsten zwei Tage mit Toni sind perfekt. Und am Ende dieser zwei Tage, da verabschieden wir uns. Wir sind beide am Flughafen, müssen aber in getrennte Flugzeuge steigen.

Es ist einer der härtesten Abschiede, durch die ich je gehen musste. Aber sobald er sich umdreht und weggeht, sage ich mir immer und immer wieder, dass wir uns wiedersehen werden. Ich denke an die Versprechen, die wir uns gegeben haben.

Noch immer fühle ich Antoines Lippen auf meinen, als ich im Flieger sitze. Und als ich aussteige, am Flughafen in Mönchengladbach wo es in Strömen regnet, da trifft es mich mit voller Wucht.

Der Sommer ist zu Ende. Und dennoch nehme ich etwas aus ihm mit, dass ich niemals vergessen werde. Wie könnte ich auch jemals den jungen Franzosen mit den schönsten blauen Augen, den braun-blonden, gelockten Haaren und dem wunderschönen Lächeln vergessen? Wie könnte ich all die Momente vergessen, die ich mit ihm erlebt habe? Ich weiss, dass Toni sie niemals vergessen wird. Ich bin mir sicher, dass wir uns wiedersehen werden. Weil er mich genauso liebt, wie ich ihn.


------- ca. ein Jahr später-------


«Wir haben es geschafft!», schreit mir Nuria ins Ohr und umarmt mich so fest, dass ich keine Luft mehr bekomme. Ich lache nur. «Ich weiss! Ich bin so unglaublich froh!» Amy, unsere beste Freundin, die wir erst vor einem Jahr kennen gelernt haben, und die heute ebenfalls ihr Abitur abgeschlossen hat, schliesst uns beide in ihre Arme. «Ich werde das hier vermissen!», ruft sie über den Lärm der anderen. «Ich auch» Nuria hört sich traurig an.

Sie wird hier in Deutschland weiterstudieren, in München, um möglichst nahe bei Josh zu sein. Sie will auch in der Nähe ihrer Familie bleiben. Ich und Amy hingegen ziehen nach Spanien, nach Madrid. Mir wurde dort ein Platz für ein Studium angeboten. In Literaturwissenschaft. Damit hat sich das viele Lesen wohl ausbezahlt. Während ich zu Toni ziehe, der sich schon unglaublich darauf freut, wird Amy bei ihrem Bruder leben. Sie redet schon seit Wochen nur von seinen heissen Freunden.

«Wir bleiben immer beste Freunde!», sage ich zu Nuria. Dabei lächle ich sie breit an. Ihre betrübte Mine verschwindet. «Klar. Aber lasst uns jetzt zu unseren Familien gehen. Sie warten schon!» Und damit verschwindet sie, um Josh in die Arme zu springen und ihn zu küssen. Die beiden sind nicht weniger verliebt, als noch in Russland. Etwa vor einem halben Jahr hatten die beiden einen riesigen Streit und für einen Monat war totale Funkstille, aber mit ein bisschen Hilfe waren sie auf einmal wieder das gleich süsse Pärchen wie an der Weltmeisterschaft.

Auch zwischen Toni und mir war es nicht immer rosig. Eine Beziehung zu führen, wenn man sich zum Teil nicht einmal in den Ferien sehen kann, ist nicht einfach. Manchmal haben wir uns über das Telefon oder Skyp angeschrien und waren aus doofen Gründen wütend aufeinander. Aber wir haben trotz allem unser Versprechen gehalten. Ich wünschte nur, dass er heute hier sein könnte. Dennoch - in weniger als drei Wochen werde ich endgültig bei ihm leben. Ich glaube fest daran, dass dann alles einfacher wird.

«Na los, komm!», Amy packt meinen Arm und zieht mich zu unseren Familien. Sie springt ihrer Mutter in die Arme und lässt sich von ihr drücken, ehe sie auch die anderen der Familie umarmt. Auch ihre Cousins sind heute hier. Genau wie Josh.

Ich wende mich von ihnen ab und sehe zu Dad, der mich mit einem breiten und ausserordentlich stolzen Lächeln ansieht. Wenn ich mich nicht täusche, hat er sogar Tränen in den Augen. Auch Alina, die neben ihm steht, grinst mich breit an. Ich springe in Dads Arme, lasse mich fest von ihm drücken. «Ich bin so unfassbar stolz auf dich!», murmelt Dad in mein Ohr und drückt einen kleinen Kuss auf meine Haare. «Deine Mutter wäre auch unglaublich stolz auf dich…», fügt er leise hinzu. «Danke, Dad», flüstere ich leise. Die Bemerkung rührt mich beinahe zu Tränen. Dad und ich haben nur langsame, aber trotzdem kleine Schritte in dieser Sache gemacht. Wir können noch immer nicht sonderlich gut über sie reden, aber dennoch tuen wir es manchmal. Es ist schwer, aber auch notwendig.

«Lass dich doch auch mal drücken», meint Alina und reisst mich aus meinen Gedanken. Dad lässt mich nur zögerlich los. Alina umarmt mich sanft, nicht zu fest. Unsere Beziehung zueinander hat sich deutlich verbessert und ich mag sie. Das heisst aber nicht, dass wir jetzt beste Freundinnen fürs Leben sind, uns alles erzählen und sie Mutterersatz spielt. Sie ist nett und lustig und tut meinem Dad gut. Deshalb ist sie ein Teil meiner Familie. Aber nicht meine Mutter. Das wissen und akzeptieren alle von uns.

«Gratulation.», sagt Alina, sobald sie mich ebenfalls losgelassen hat. Ich lächle breit. «Danke!» Dann sehe ich zu Dad, der noch immer mit den Tränen kämpft. Er scheint etwas sagen zu wollen, schliesst aber dann seinen Mund. Er wirft einen Blick zu Alina, die seine Hand nimmt und sie aufmunternd drück. «Ich bin wirklich stolz auf dich, meine Grosse.», sagt er leise, aber mit viel Ausdruck. Ich kann nicht anders, als zu lächeln. In seinem Gesicht kann ich sehen, wie viel Mühe er damit hat. Er will nicht, dass sein kleines Mädchen erwachsen wird und auszieht - in die grosse und weite Welt.

«Ich… Ich hab’ dich lieb.», fügt er noch leise hinzu, ehe wirklich eine Träne über sein Gesicht kullert. Ich schlinge erneut meine Arme um ihn, drücke meinen Kopf gegen seine Brust, wie ich es schon immer gemacht habe. «Ich dich auch, Daddy.» Er lacht leise, was sich ein bisschen wie ein Schluchzen anhört. Ich löse meine Arme von ihm und sehe mit einem gespielt strengen Blick zu ihm auf. «Was haben wir gesagt? Keine Tränen, du Weichei.» Er lacht nur leise. Dann richtet er seinen Blick auf etwas hinter mir. «Willst du ihm nicht «Hallo» sagen?», fragt er mich. Verwirrt drehe ich mich um, um zu sehen was er gemeint hat.

Und wen ich da erkenne, lässt sofort mein Herz rasen. Ein breites, überglückliches Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. Vor mir steht Antoine, breitschultrig, muskulöser und erwachsener als noch vor einem Jahr. Sein breites Grinsen, die gelockten Haare und die wunderschönen blauen Augen sind aber noch die gleichen. «Toni!», rufe ich. Er breitet seine Arme aus. Ich brauche keine weitere Einladung, um mich in seine Arme zu stürzen. Wir umarmen uns, küssen uns und halten uns fest.

Ich war unglaublich enttäuscht, als er mich sagte, er würde es nicht zu der Diplomfeier schaffen. Obwohl ich das niemals zugegeben hätte. Und dass er jetzt hier ist, bedeutet mir in diesem Moment mehr als alles andere auf der Welt. «Ich freue mich so, dass du gekommen bist! Aber hast du kein Spiel?», frage ich ihn. Er sieht mich mit diesem atemberaubenden Lächeln an. «Als wäre mir irgendein Spiel wichtiger als du. Natürlich muss ich in so einem wichtigen Moment bei meiner Freundin sein.» Als Antwort küsse ich ihn nur. «Ich liebe dich, weisst du das?» Er legt seine Lippen auf meine. «Ich weiss es. Ich liebe dich nämlich genau so.»

Wir küssen uns für eine kleine Ewigkeit. «Ich kann es kaum erwarten, jeden Morgen neben dir aufzuwachen.», flüstert er leise. Ich schliesse meine Augen für einen winzigen Augenblick, wie um den Moment einzufangen. «Und ich freue mich, dich küssen zu können, wann immer ich will.», erwidere ich nur. Toni grinst. «Oh ja. Und Sex.» Ich verdrehe belustigt die Augen. «Was habe ich dir gesagt? Dieses Wort nicht in Gegenwart meines Vaters brauchen.» Toni küsst mich stattdessen nur. «Ist mir egal. Er wird mich schon nicht umbringen.», meint er selbstbewusst. «Oder?» fügt er dann etwas verunsichert hinzu und schaut ängstlich über meine Schulter, wo Dad wohl steht.

«Ich weiss nicht, ob «l’amour surmonte tout» auch für Väter gilt…», antworte ich so ernst wie möglich. Toni lächelt, als er bemerkt, dass ich ihn nur aufziehe. «Unsere Liebe überwindet alles.»

*******THE END*******

A LITTLE LOVESTORY- l'amour surmonte tout [Antoine Griezmann]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt