Teil 50

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Pfeifend steige ich die allzu bekannte Hoteltreppe hinauf. Währenddessen versuche ich mich auf geistig auf das Gespräch mit Dad vorzubereiten. Schon seit Toni mich vor dem Hotel rausgelassen hat, überlege ich mir auf sämtliche Fragen und Situationen eine Antwort. Noch immer ist im Hinterkopf das Treffen im Krankenhaus mit Paul, aber ich versuche mich jetzt auf diese Situation zu konzentrieren. Leider ist das gar nicht so einfach.

Wie immer stolpere ich über den Teppichrand im dritten Stock, eben weil ich Ich bin. Mittlerweilen sollte ich das Hotel in und auswendig kennen, aber dennoch stolpere ich jedes Mal wieder an diesem Ort. Fluchend halte ich mich an der Wand fest, weiche gerade noch dem Türknauf aus, und halte mich irgendwie auf den Beinen.

Im Gang vor Dads Türe bleibe ich unentschlossen stehen. Habe ich wirklich schon alle Situationen durchgedacht? Was könnte er noch fragen? Schliesslich schüttle ich meinen Kopf, und laufe entschlossen zu seiner Türe. Was wird schon schiefgehen? Ich meine, ich habe mindestens 7'000 Szenarien durchgespielt!?

Wie gewöhnlich öffne ich die Türe ohne zu klopfen. «Hey Dad, ich...» Was ich sehe, lässt mich wie erstarrt stehen bleiben. «Oh mein Gott.», bringe ich hervor, während meine Augen sich anfühlen, als wollten sie aus ihren Augenhöhlen springen. «Ach du meine Güte.» Ich habe fühle mich, als würde ich nächstens auf meine Schuhe kotzen, weshalb ich mich umdrehe und irgendwie aus dem Hotelzimmer stolpere. Die Tür fällt hinter mir ins Schloss, aber ich höre trotzdem, was dahinter abgeht. Neben der Türe sinke ich zu Boden, versuche mit aller Gewalt die Bilder in meinem Kopf loszuwerden. Leider erfolglos.

Eine gefühlte Ewigkeit, die wohl nur etwa zwei oder drei Minuten ist, später, geht die Türe auf und Dad kommt raus. Zuerst bemerkt er mich nicht, erst als er schon ein paar Schritte in den Gang gemacht hat, scheint er zu checken, dass ich hinter ihm bin. «Hallo Jelsa.», meint Dad und reibt sich beschämt über den Nacken. Ich sehe zu ihm auf, aber er weicht meinem Blick aus. Stattdessen spielt er mit dem Saum seines T-Shirts. Das verwundert mich aber auch nicht. «Ich habe dich... naja, nicht gerade jetzt erwartet.», stottert er. Ich nicke. «Hab ich gemerkt.» bringe ich mit einem leicht sarkastischen Unterton hervor. Na wennschon hat mich der gute, alte Sarkasmus nicht verlassen.

«Willst du... hineinkommen?», erkundigt sich Dad und deutet auf die Hoteltüre. «Ist sie noch...?», ich beende den Satz nicht, aber Dad nickt trotzdem. «Sie ist noch da.» Er bietet mir die Hand an zum Aufstehen, welche ich auch etwas zögerlich ergreife. Dad öffnet die Türe und betritt das Zimmer, ich folge ihm mit einem kleinen Abstand. Diese Frau von vorher kommt gerade aus dem Bad. Dieses Mal trägt sie allerdings Klamotten. Nur die ruinierte Frisur und die geröteten Wangen verraten, was gerade abgegangen ist. Etwas, was keine Tochter, jemals in ihrem Leben sehen sollte. Etwas, was ich wahrscheinlich nie mehr aus meinem Kopf bringe.

Ich mustere den Fussboden, während Dad die Hand der Frau ergreift und sie neben sich zieht. Schliesslich wagt nicht Dad, sondern die Frau den ersten Schritt. «Hi Jelsa.» Sie kommt auf mich zu und streckt mir ihre Hand hin, welche ich zögerlich ergreife. «Ich bin Alina.», stellt sie sich vor. Auch ihr scheint die Situation ziemlich unangenehm zu sein. Aber ist ja auch verständlich. Ich mache mir nicht die Mühe zu antworten, da sie mich ja anscheinend schon zu kennen scheint. «Ehm, Jel... das ist meine Freundin.», fügt Dad hinzu. Ich sehe zu den beiden auf, sehe wie unsicher mich beide anschauen. Wir fühlen uns wohl alle drei total überfordert mit der Situation. «Wir wollten es dir eigentlich nicht so sagen... auf diese Art und Weise.», fügt Alina hinzu.

Ich verziehe mein Gesicht zu einer Grimasse. «Das kann ich mir vorstellen.» Ich bemerke selber, dass ich etwas zu ruppig antworte, aber ich denke das darf ich mir leisten. Nach diesem Erlebnis. Es ist kurz still zwischen uns, weil niemand weiss was er tun, oder wie er reagieren soll. Ich selber bin unentschlossen, ob ich wütend werden, ausflippen, peinlich berührt, oder abhauen soll. Da ich mich aber nicht entscheiden kann, werde ich einfach wütend und peinlich berührt. «Wie lange bis du schon Dads Freundin?», frage ich Alina. Sie fährt mit ihrer freien Hand durch ihre braunen Haare. Die andere liegt noch immer in Dads Hand. «Schon seit...» Sie blickt unsicher, ob sie es sagen darf, zu Dad. «zwei Monaten.», gesteht Dad.

A LITTLE LOVESTORY- l'amour surmonte tout [Antoine Griezmann]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt