«Toni?», flüstere ich leise. «Hmmm», murmelt er nur und dreht sich im Bett um. Ich setzte mich im Hotelbett auf, blicke zu meinem schlafenden Freund hinunter. «Du musst aufstehen.» Er reagiert nicht. «Toni!» Er knurrt laut, dreht sich wieder zurück auf den Bauch, ehe er blinzelnd die Augen aufschlägt. «Ja?» Seine Stimme ist heiser und seine Augen noch rot, da wir wohl nicht mal zwei Stunden geschlafen haben. «Dein Flug geht in drei Stunden.» Ich lächle ihn an, obwohl ich mich mies fühle. Mir ist kotzübel, mein Kopf dröhnt von der lauten Musik und dem langen, heissen Sex mit Antoine gestern. Kein Alkohol. Maud hat schön auf mich aufgepasst.
«Ich will nicht.», murrt Toni und zieht die Decke zu sich. Ich beuge mich etwas näher zu ihm, streiche mit meinen Fingern durch seine Haare. Sie sind ein einziges Durcheinander, noch voll mit Gel, aber fast so weich wie normalerweise. «Ich doch auch nicht.», murmle ich traurig. Und das scheint Toni mehr aufzuwecken, als der ganze Rest. «Hey Kleines,» er setzt sich auf und nimmt meine Hand, «Wir sehen uns schon wieder in zwei Tagen. Und dann haben wir weitere drei Tage nur für uns!» Ich nicke, aber ich kann mich einfach nicht damit anfreunden, dass diese Zeit hier zu Ende ist. Die Weltmeisterschaft 2018 ist vorüber, Frankreich ist Weltmeister. Und mit dem Ende der WM kommt auch die Rückkehr in unseren Alltag. Toni wird zurückmüssen. Zurück zu seinem spanischen Verein und ich werde mit meinem Dad wieder nach Deutschland fliegen. Wo ich endlich Nuria wiedersehe.
Zwar macht mir der Abschied von Toni zu schaffen, aber am meisten Angst habe ich vor dieser einen Wahrheit. Von der Wahrheit, die heute auskommen wird. Die Tests in der Handtasche, die heute verraten werden, ob sich mein ganzes Leben um 180 Grad drehen wird. Ich fürchte mich so sehr davor, dass ich beinahe froh bin, dass Toni heute abreist. Auch wenn sein Aufenthalt in Frankreich nur zwei Tage dauern wird, bis er für den Rest meiner Ferien wieder nach Russland zurückfliegt. Aber ich kann den Test nicht machen, wenn ich weiss, dass Toni hier ist.
Ich weiss auch nicht was ich tun werde, falls sich bewahrheitet, was der Arzt, Nuria… und Paul, gesagt haben. Oder was ich danach machen muss.
«Jelsa?», Toni beugt sich zu mir hinunter. «Alles okay?» Ich schrecke aus meinen Gedanken zurück. «Ja… ja, alles okay.» Ich hole tief Luft und sehe ihm in die Augen. «Ich werde dich vermissen. Auch wenn es nur zwei Tage sind.» Er lächelt leicht. «Ich dich doch auch. Aber keine Angst, so schnell wirst du mich nicht los.» Ich lächle ebenfalls. Toni drückt seine Lippen leicht auf meine, nur kurz und sanft. Er will verhindern, dass mehr daraus wird. «Ich geh mich dann mal fertigmachen.» Er küsst mich rasch auf die Stirn, ehe er aufsteht und splitternackt ins Bad läuft. Der Anblick seines nackten Hinters lässt mich grinsen. Ebenso wie der Gedanke an die letzte Nacht. So schnell werde ich die nicht vergessen.
Während Toni duscht und seine restlichen Sachen zusammenpackt, mache ich Frühstück. Oder besser gesagt, ich nehme die letzte Müeslischachtel aus dem Küchenschrank und stelle die Milch auf den Tisch. Dann schreibe ich Maud, wann sie kommen muss, um Toni schön zu verpassen. Wir wollen uns ja schliesslich nicht in eine dumme Situation bringen.
Sobald Toni und ich das Müesli gegessen haben, setzen wir uns noch rasch auf die Coach, still und aneinander gekuschelt. Mein Ohr an seine Brust gepresst, höre ich dem beruhigenden Herzschlag zu. Der gleichmässige Takt lässt mich einen kurzen Moment entspannen. «Wir schaffen das.», meint Toni plötzlich. Ich hebe überrascht meinen Kopf. «Was?» Er zuckt leicht mit den Schultern. «Alles.» Seine Hand fährt leicht über meinen Arm und er fängt an, kleine Kreise auf meine Haut zu malen. Etwas, was er öfters, von ihm unbemerkt, macht.
«Wir werden die zwei Tage ohne einander überstehen. Dann werden wir auch die Zeit überstehen, in der ich in Spanien und du in Deutschland bist. Wir werden das schaffen. Ich werde diese Beziehung nicht wegen einer Distanz kaputt machen lassen. Ich liebe dich schliesslich.» Einen kurzen Moment schliesse ich die Augen und verdaue die Worte, die er gesagt hat. Sie bedeuten mir so unglaublich viel. Ich habe als kleines Mädchen immer von einem Prinzen, oder na gut, einem Ninja geträumt, der mich bedingungslos liebt und mich auch vor dem bösen Drachen rettet. Oder der mich Räuber hinterherjagen lässt. Aber mein Gott, mit Toni habe ich viel den besseren gezogen, als irgendein langweiliger Prinz oder ein hyperaktiver Ninja.
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A LITTLE LOVESTORY- l'amour surmonte tout [Antoine Griezmann]
FanfictionEndlich WM! Eine Zeit, in der Fussballfans ihre schönsten und traurigsten Momente erleben, Länder friedlich aufeinander treffen und Fussballer ihr grösstes Talent zeigen können. Hört sich doch toll an, oder? Nur die 16 jährige Jelsa ist davon alle...