Teil 38

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Immer wenn man denkt, dass alles perfekt ist, macht das Leben einem einen dicken, fetten Strich durch die Rechnung. Das erste Mal, als ich das erlebt habe, war als ich meine Mutter verlor. Damals war ich noch zu jung um zu verstehen, was wirklich passiert ist, obwohl dass der wohl grösste Schicksalsschlag ist, der jemanden treffen kann. Klar hatte ich dann Dad, aber noch heute vermisse ich meine Mum. Einfach weil sie meine Mum ist. Aber nichts bleibt perfekt. Alles ist vergänglich, das musste auch ich erneut schmerzhaft erleben.

Ich meine, klar war nicht alles perfekt, aber so perfekt wie es eben sein kann. Ich und Dad hatten keinen Streit, zwischen Toni und mir war alles toll und Nuria und ich haben täglich geschrieben und geskypt. Es gibt nicht DEN Grund, weshalb sich alles geändert hat, mehr viele kleine Gründe. Zuerst kam der Moment, als Dad von dem Tattoo erfahren hat...


Zuvor:

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«Was gibt's zu essen?», will ich hungrig wissen und lasse mich auf den Stuhl neben Granit fallen. «Hühnchen. Mit Pommes.», antwortet Shaq und deutet auf den Speiseplan vor meiner Nase. «Cool.» Ich grinse und nehme einen Schluck von Dads Cola, weil ich für mich noch nichts bestellt habe. Dad verdreht lächelnd die Augen und will etwas sagen, als sein Blick auf mein Handgelenk fällt. Sein Lächeln verfliegt und wird durch eine besorgte Mine ersetzt. «Was hast du da?»

Ich fühle die Blicke der anderen auf meinem Handgelenk und ich stelle schnell das Glas ab und verdecke das grosse Pflaster mit meiner Hand. «Nichts.», antworte ich, aber ich kann selber hören, wie unsicher meine Stimme dabei klingt. «Jelsa?», Dad sieht mich durchdringlich an. «Es ist nichts.», antworte ich mit festerer Stimme. Bevor jemand etwas erwidern kann, kommt zum Glück ein Angestellter fragt, ob er uns etwas bringen kann. Sobald er wieder weg ist, schaue ich schön, dass während des Essen kein Wort mehr in diese Richtung fällt, weil ich nicht will, dass Dad es auf diese Weise erfährt.

Ich schaffe es sogar bis ins Zimmer, ohne weitere Fragen zu beantworten, oder ausweichen zu müssen. Ich entspanne mich etwas, als ich auf dem Bett liege und an die Decke starre, aber natürlich habe ich mich zu früh gefreut. Es klopft an der Türe und bevor ich antworten kann, geht diese auch schon auf. Heimlich verfluche ich mich, dass ich sie nicht abgeschlossen habe. Wortlos schliesst Dad die Türe und setzt sich auf den Bettrand. «Kannst du nicht anklopfen?», murre ich. Dad zieht nur seine Augenbrauen hoch und mustert mich streng. «Was ist das an deinem Handgelenk?» Ich schüttle den Kopf. «Dad...»

Ich durchsuche mein Hirn fieberhaft nach irgendeiner Ausrede, aber mir fällt nichts ein. Und irgendeinmal wird er es je erfahren. «Jelsa.», meint Dad warnend. Ich verziehe mein Gesicht zu einer Grimasse und starre auf meine Finger. Ja nicht in sein Gesicht sehen... «Jelsa.», sagt Dad erneut, dieses Mal ist seine Stimme noch strenger. Ich mache den Fehler und sehe zu ihm auf. «Ich will es jetzt wissen.» Ich öffne mein Mund. «Ich...» Aber ich weiss nicht, was ich noch mehr sagen soll. Wieso mussten wir das nur machen?! «Hast du dich verletzt?», fragt er, aber anhand seines Tonfalles ist mir klar, dass er das nicht vermutet. Kleinlaut schüttle ich den Kopf. «Nein... es ist... mehr was anderes.»

Dad schnaubt und packt meinen Arm. «Lass los!», rufe ich, aber er zieht mir mit einem schmerzhaften Ruck das Pflaster weg. Ich weiss nicht, wie ich daraufhin reagieren soll. Dad war noch nie so unsanft zu mir... Aber ich kann seine Sorge auch verstehen... Dennoch hätte ich nie erwartet, dass er so was machen würde. Ich sehe einen Moment lang auf die schwarze Zeichnung, ehe zu Dad aufschaue. Seine Mine ist verschlossen, was unglaublich selten vorkommt. Er starrt das Tattoo für mehrere Sekunden an, bevor er mir in die Augen sieht. Und seine Augen haben einen ziemlich wütenden Ausdruck.

«Ein Tattoo?», will er ungläubig wissen. Ich zucke unsicher mit den Schultern. «Das ist echt, oder?», fragt er mit einem seltsamen Unterton. Wortlos nicke ich. «Ein verdammtes Tattoo?!» Ich zucke bei dem wütenden Tonfall zusammen. «Weisst du das du das das ganze Leben lang haben wirst?! Dein GANZES Leben lang!», ruft er und ich fühle mich wie ein kleines Kind, dass aus Versehen was ganz teures kaputt gemacht hat. «Ich weiss, aber Dad...» «Kein Aber, Jelsa!! Nicht dieses Mal! Verdammt, ich habe dir nie was verboten, aber du weisst, dass ich so was nicht sehen will!»

A LITTLE LOVESTORY- l'amour surmonte tout [Antoine Griezmann]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt