prisoned - LG8 | jmjmmny

20 - Sam

Dieser Abend ist schrecklich. Ich wusste es. Leon... Ich erkenne in seinen Augen, dass er verletzt ist. Immer wieder sieht er zu uns rüber. Ich hätte ihm schreiben sollen, dass wir heute Abend hier hinkommen, aber wer hätte damit rechnen können, dass er auch auf dieser Party ist? Du hättest damit rechnen müssen, es ist selbstverständlich, dass er hier ist, es ist immerhin sein Verein, dumbass. Ich seufze, meine innere Stimme hat Recht. Ich bin dumm.

Matt scheint sich hier pudelwohl zu fühlen, bis auf die seltsame Situation, als Leon sich fast verquatscht hat, ist Matt total gut drauf und unterhält sich mit allen möglichen Menschen. Ich stehe an der Bar, alleine, und beobachte meinen Mann, der sich angeregt mit dem Manager unterhält. Ich suche Leon, aber kann ihn nirgendwo entdecken. Enttäuscht wende ich mich ab und drehe mich zur Bar. Der Barkeeper sieht mich mitleidig an. "Na, ist Ihnen langweilig?" fragt er und ich nicke. "Normalerweise ist hier immer noch eine andere Frau, der geht es genauso, aber sie trotzdem jedes Mal da. Ich sollte dafür sorgen, dass sie immer was zu trinken hat." sagt er zwinkernd.  "Ich glaube, ich weiß wen Sie meinen." antworte ich lachend. "Aber Kate ist im Moment in London und hat mich hier zurückgelassen."

Ich unterhalte mich noch einige Zeit mit dem Barkeeper, dessen Name James ist. Plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter und ich drehe mich um. "Hast du eine Minute?" fragt Matt mich und wirft James einen misstrauischen Blick zu. Er führt mich in eine ruhige Ecke, dann beginnt er zu sprechen. "Sam, wie du vielleicht gesehen hast, verstehe ich mich mit den Verantwortlichen dieses Vereins sehr gut und ich habe gerade mit Christian Heidel gesprochen. Ich würde gerne in diesen Verein investieren. Christian möchte gerne einen Spieler halten und braucht dafür Geld, ich denke es ist eine gute Möglichkeit, Geld anzulegen. Aber ich wollte es erst mit dir besprechen, immerhin ist es auch deine Entscheidung." er sieht mich erwartungsvoll an. Ich sehe dieses Funkeln in seinen Augen, diese Strahlen habe ich vermisst. Matt scheint diese ganze Sache hier wirklich wichtig zu sein.

Also zucke ich mit den Schultern. "Meinetwegen, ich meine, das Geld haben wir, warum sollten wir es nicht ausgeben dürfen? Welchen Spieler will der Manager denn unbedingt halten?" frage ich. "Du hast ihn schon kennengelernt, eben auf dem Balkon. Er heißt Leon Goretzka." antwortet Matt. "Also habe ich dein Einverständnis?" harkt er noch einmal nach. Ich beschließe, eine gute Ehefrau zu sein und nicke. "Ja, ich bin einverstanden." "Danke, das freut mich!" lächelt er, dann lehnt er sich vor und will mich küssen, aber ich weiche aus, sodass er meine Wange trifft. Matt scheint meine Verkrampfung nicht mitbekommen zu haben, denn er redet einfach weiter. "Gut, dann gehe ich jetzt zu Christian und bespreche alles mit ihm, es wird bestimmt länger dauern, wenn du nach Hause willst kannst du ja unseren Fahrer anrufen." sagt er und verschwindet.

Ich sehe ihm nach. Kopfschüttelnd betrachte ich in mein Glas. Wie subtil mein Schicksal mal wieder zugeschlagen hat. Matt bezahlt Geld, um Leon hier zu behalten... Das ich doch wie in einem schlechten Film. Da entdecke ich Leon, er steht draußen auf dem Balkon und sieht in die Ferne. Er hat mir den Rücken zugekehrt und scheint ganz alleine dort draußen zu stehen.

Ich schließe die Tür leise hinter mir, als ich den Balkon betrete. Leon hat mich anscheinend noch nicht bemerkt, denn er steht immer noch mit dem Rücken zu mir gewandt. Langsam nähere ich mich ihm und stelle mich neben ihn. Da scheint er erst zu realisieren, dass ich neben ihm stehe. "Was machst du hier?" fragt er und starrt weiter auf die Lichter der Stadt. Er ist anscheinend nicht sehr begeistert, mich zu sehen. "Ich bin mit Matt hier." bringe ich heraus. "Ja, das habe ich gesehen." erwidert Leon spöttisch und zieht eine Augenbraue hoch. "Es war übrigens schön, euch den ganzen Abend zusammen zu sehen. War klasse... Echt, danke dafür." fügt er noch hinzu. Verwundert über diesen Ausbruch vergrößere ich den Abstand zwischen uns und sehe ihn ungläubig an. "Was soll ich denn machen? Matt wollte, dass ich mitkomme und ich konnte ihm diese Bitte nicht abschlagen." versuche ich ihm zu erklären. "Ach und das hättest du mir vorher nicht schreiben können. Dann wäre ich wenigstens vorbereitet gewesen." Leon fährt sich frustriert durch die Haare.

"Es tut mir leid, ich wollte dir erst schreiben, aber... Ich weiß auch nicht, warum ich es nicht getan habe." versuche ich mich zu entschuldigen, aber er schüttelt nur den Kopf. "Weißt du, als ich dich heute im Stadion gesehen habe, ich habe mich so gefreut. Ich wusste zwar nicht, dass du kommst, aber ich habe mich gefreut. Ich wollte heute nur für dich spielen. Aber dann sehe ich deinen Mann und ich glaube, ich habe noch nie so ein schlechtes Spiel gemacht. Ich dachte, du wärst wegen mir hier gewesen." traurig schüttelt er den Kopf. "Ach egal" In mir keimt das schlechte Gewissen auf, es tut mir so leid, was ich ihm angetan habe. "Leon, ich-"

Da klopft jemand an die Balkontür, wir drehen uns zur Tür und erblicken James, der den Kopf durch die Tür steckt. "Hey, ihr beiden. Wir wollen jetzt die Vorhänge zuziehen, ihr könnt noch hier draußen bleiben, aber nicht, dass ihr euch wundert, okay?" sagt er und wir nicken. "Ach, und Sam, ich soll dir sagen, dass dein Mann eben noch einmal nach ins Büro gefahren ist, um irgendwelche Papiere zu holen. Er wird wohl nicht noch mal zurückkommen." sagt er dann nochmal an mich gewandt. "Danke, James." antworte ich und er nickt, dann zieht er die Tür wieder zu und schließt die Vorhänge.

Leon dreht sich wieder zu der Skyline und scheint mich nicht weiter zu beachten. Nachdenklich betrachte ich ihn von der Seite. "Was ist los?" frage ich ihn leise, aber er schüttelt nur leicht den Kopf. Ich seufze, dann trete ich näher zu ihm und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Er lässt es zu und lehnt seinen Kopf leicht zu meinem. "Ich wollte dir nicht weh tun." sage ich leise. "Ich weiß, aber es ist nun mal wie es ist." antwortet Leon ebenso leise. "Willst du eigentlich den Verein wechseln?" frage ich ihn um das unangenehme Thema zu wechseln. Verwundert richtet Leon sich auf. "Woher weißt du das?" "Ich wusste es gar nicht. Aber dann kam Matt eben zu mir und hat mir erzählt, dass Christian dich unbedingt hier halten möchte." er nickt leicht. "Ich denke darüber nach." dann sieht er sich um. "Wollen wir wo anders hingehen, ich glaube, die machen hier alles aus." sagt er. Ich nicke und folge ihm dann wieder in den Partyraum.

Leon verabschiedet sich von einem anderen Mann mit Bart und sagt dann etwas zu dem Trainer, dessen Name ich schon wieder vergessen habe. Ich folge ihm einfach während er uns durch die Katakomben der riesigen Arena führt. Auf einmal stoppt Leon und dreht sich um, so abrupt, dass ich fast in ihn reingelaufen wäre. "Was ist los?" frage ich ihn verwirrt. "Ist hier irgendwo jemand?" fragt Leon mich ohne weiter auf meine Frage einzugehen. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. "Nein, ich habe niem-" ich kann meinen Satz nicht zuende führen, da liegen Leons Lippen schon auf meinen. Achso, deswegen hat gefragt, ob hier jemand ist

Seufzend vergrabe ich meine Hände in seinen Locken. Ich liebe seine Haare (a/n: Ich auch😃). Als wir uns lösen, grinst er. "Sorry, dass ich dich erschreckt habe, aber das wollte ich schon machen, als ich dich heute Nachmittag auf der Tribüne gesehen habe." ich lache. "Von mir aus kannst du mich gerne erschrecken, dagegen habe ich nichts." antworte ich und ziehe ihn wieder zu mir. Leon lacht und sieht mich an. Da wechselt sein Gesichtsausdruck von belustigt zu nachdenklich und schließlich zu ernst. "Was hast du? Habe ich irgendwas falsch gemacht?" frage ich ihn verunsichert. Leon betrachtet immer noch mein Gesicht, als würde er über etwas nachdenken, was ihn so sehr beschäftigt, dass er gar nicht wahrnimmt, dass ich vor ihm stehe.

Ich entferne mich ein wenig von ihm. "Leon? Ist alles in Ordnung?" frage ich ihn jetzt ein bisschen lauter. Da scheint er aus seinen Gedanken zu erwachen. "Ähm, ja alles in Ordnung, glaube ich. Uhm, sag mal, wie heißt deine beste Freundin noch einmal? Cole hatte ihren Namen mal erwähnt, aber ich habe es vergessen." fragt er, als sei nichts gewesen. Ich runzele die Stirn. "Ernsthaft?" frage ich ihn ironisch, aber er nickt nur. "Sie heißt Rachel." sage ich schließlich und zucke mit den Schultern. "Warum willst du das wissen?"

Aber Leon wird nur ganz blass im Gesicht.