Ungeduldig trete ich auf der Stelle. Mittlerweile ist es ganz schön kalt draußen. Kein Wunder, es ist bereits Mitte November. Fröstelnd ziehe ich meinen Mantel zu und hoffe einfach, dass sich bald etwas tut. Ich warte auf Sam. Nach dem Essen in diesem Restaurant hat Matt verkündet, er müsse noch einmal ins Büro und würde nicht vor morgen nach Hause kommen. Da habe ich die Chance ergriffen und bin direkt nach Düsseldorf gefahren, um noch einmal mit Sam über alles zu sprechen.
Denn obwohl sie heute den ganzen Abend mit ihrem Mann rumgeturtelt hat, kann ich nicht aufhören, an sie zu denken oder zu hoffen, dass das alles nur ein Missverständnis war. Ich will mir nicht eingestehen, dass es das jetzt einfach so gewesen sein soll, denn das war es ganz bestimmt nicht. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Sam das mindestens ähnlich sieht, auch wenn sie es nicht zugeben will.
Da fährt endlich ein Wagen auf den Hof. Ich lehne nach wie vor an meinem Auto und habe die Arme verschränkt. Der Wagen hält vor der Tür und Sam klettert von der Rückbank. Augenblicklich bemerkt sie mich und runzelt die Stirn. "Miss, soll ich mich darum kümmern?" fragt der Fahrer hinter ihr und deutet mit dem Kopf in meine Richtung. Was bildet der sich ein?! "Nein danke, Sebastian. Sie können jetzt Feierabend machen." erwidert Sam und nickt ihm zu. Dann kommt sie zu mir und geht an mir vorbei zur Haustür. Lautlos folge ich ihr.
"Was willst du hier?" fragt Sam in den Raum während sie sich die hohen Schuhe abstreift und barfuß das Wohnzimmer betritt. "Was denkst du denn, was ich hier will?" entgegne ich. "Ich weiß es nicht." antwortet sie mir. Seufzend setze ich mich aufs Sofa. Sam verschwindet in der Küche und kommt wenig später mit zwei Tassen in der Hand wieder. Sie gibt mir eine Tasse und ich lächele ihr dankbar zu.
Da bemerke ich, dass der Tee in der Tasse, derselbe Tee ist, den wir immer zum Frühstück auf den Malediven hatten. Normalerweise bekommt man den nicht in Deutschland. Ich habe überall nachgesehen, nirgendwo hatte man diesen Tee, der für mich nach so vielen Erinnerungen schmeckt. "Woher hast du den Tee?" frage ich sie, als sie sich zu mir setzt. Sam zuckt mit den Schultern. "Ich habe überall danach gesucht und ihn nirgendwo gefunden. Da habe ich Ethan angerufen und er hat mir ein Paket Tee geschickt." erklärt sie mir. Ich nicke. Darauf hätte ich auch kommen können.
Eine Weile sitzen wir einfach nur da und schweigen uns an. Keiner weiß so recht was er sagen soll. Irgendwie kommt es mir vor wie vor einer Woche, nur das ist mit schmerzhaften Erinnerungen verbunden. Heute bin ich anders drauf, irgendwie ruhiger und gleichzeitig schlägt mein Herz schneller als je zuvor. Wir wahren beide unsere Distanz zu dem jeweils anderen, obwohl ich Sam am liebsten packen und endlich wieder ihre Lippen auf meinen spüren wollen würde.
Ich will, dass es wieder so ist wie vorher. Ich möchte all das vergessen. Matt, die Presse, Sam's Mutter... Ich will einfach nur bei Sam sein und mit ihr zusammen glücklich sein. Ist das denn zu viel verlangt? Innerlich schüttele ich den Kopf. "Wie geht es dir?" frage ich sie. Es dauert eine Weile bis Sam antwortet, es scheint, als müsste sie über die Antwort nachdenken, obwohl es eine oberflächliche Frage war. "Es ging mir schon besser." ertönt ihre leise Stimme.
Überrascht sehe ich auf. Diese Ehrlichkeit hätte ich nicht erwartet. "Ist das so?" entgegne ich. "Ja, ich- naja wir... Es ist kompliziert." Sam sagt das als wäre es ein Geheimnis. "Sam, ich weiß wie du dich fühlst. Und ich weiß auch, dass ich mich eigentlich mit deiner Entscheidung arrangieren muss, aber ist es wirklich das was du willst? Ich meine, wenn alles in Ordnung wäre oder du das alles hier mit Matt wollen würdest, dann säße ich jetzt nicht hier."
"Natürlich ist es nicht das, was ich will. Was denkst du denn? Ich fühle mich schrecklich und das schon seit Tagen, es tut mir so unglaublich leid, wie das alles abgelaufen ist, aber ich kann es nicht mehr ändern." verzweifelt sieht sie mich an. "Du kannst etwas daran ändern, es liegt doch auf der Hand. Du wolltest doch nicht wirklich mit deinem Mann zusammenbleiben, oder? Sag mir, dass du das nicht willst." in mir ist ein Funke Hoffnung aufgekeimt. "Leon, du hast mich nicht richtig verstanden. Ich kann daran nichts mehr ändern." traurig schüttelt sie ihren Kopf.
"Warum nicht?" verständnislos sehe ich sie an. "Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich muss mit den Konsequenzen leben und kann nicht ständig meine Meinung ändern. Und ich habe mich bewusst dafür entschieden. Du hast es wahrscheinlich nicht mal richtig wahrgenommen, als ich sagte, dass es das Beste für uns BEIDE ist. Ich muss auch auf dich und deine Karriere Rücksicht nehmen, außerdem bin ich es nicht wert, dass du einen Skandal riskierst."
Empört über ihre Aussage schnappe ich nach Luft. "Meine Karriere? Meine Karriere ist mir sowas von egal. Wenn ich meine Fußballschuhe an den Nagel hängen müsste, um mit dir zusammen sein zu können, dann müsste Christian sich schon morgen einen Ersatz für mich suchen. Sam, du bist mir wichtiger als alles andere. Ich würde alles was ich habe für dich opfern. Selbst wenn wir irgendwo hin auswandern würden, ohne Fußball, Geld oder sonst was, ich würde es sofort tun, nur um mit dir zusammen zu sein."
Ich bemerke, dass Sam eine Träne über die Wange läuft und wische sie vorsichtig weg. "Du bedeutest mir so viel, Sam. Ich will nicht von dir getrennt sein. Alles was ich will, ist mit dir zusammen zu sein." sage ich leise und lege meine Hand behutsam auf ihre Wange. Dann lehne ich mich leicht vor und lege meine Lippen auf ihre. Erleichtert atme ich auf.
Aber auf einmal zieht Sam sich zurück. Enttäuscht senke ich den Kopf. "Es tut mir leid. Das geht nicht. Ich kann das nicht machen, ich habe mich für Matt entschieden, daran muss ich mich halten. Egal, wie sehr ich das gerade will." flüstert sie. "Sam-" will ich sagen, aber sie unterbricht mich. "Ich weiß, was du mir sagen willst. Aber es ändert nichts. Wir können beide nichts daran ändern. Ich wünschte, wir hätten jemals eine reelle Chance gehabt. Aber nüchtern betrachtet, war das wohl nur Wunschdenken. Wir sind beide in unseren Leben gefangen." Ungläubig schüttele ich den Kopf. Das kann sie nicht ernst meinen.
Sam sitzt dort und schüttelt nur verzweifelt den Kopf. Was hat sie dazu bewegt, so etwas zu sagen? Das kann doch unmöglich von Sam alleine kommen. Ich verstehe nicht warum, aber sie ist anscheinend überzeugt davon, dass wir keine Chance mehr haben oder dass wir es nicht wert sind, es zu versuchen. Und die Tatsache, dass sie sich so sicher ist, verletzt mich. Es ist wie ein Schlag mitten ins Gesicht.
"Ich bitte dich, jetzt zu gehen. Es tut mir leid." Es hat etwas Endgültiges. So wie sie es sagt, klingt es, als wäre es dieses Mal für immer vorbei. Ich muss schwer schlucken. All die schönen Momente, die wir zusammen erlebt haben, obwohl wir uns erst ein paar Monate kennen. Die Gefühle und Emotionen zwischen uns...
Das alles kann doch nicht wirklich so enden. Aber anscheinend ist es genau das, was gerade passiert, es endet. Und es tut weh. Mehr als, dass es sich mit Worten beschreiben lässt.

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prisoned - LG8 | jmjmmny
Fanfiction„Leon, ich... Du solltest jetzt gehen. Er wird gleich nach Hause kommen." „Ich werde nicht ohne dich gehen, das mit uns ist was Besonderes. Ich werde dich nicht aufgeben und auch dein Ehemann wird mich nicht von dir fernhalten. Ich werde um dich käm...