52 - Leon

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Das Gefühl lässt sich nicht beschreiben, es ist immer einzigartig eine Person zu küssen, zu der man Zuneigung empfindet. Und so ist es jetzt gerade auch. Sophia in meinen Armen zu halten, erfüllt mich mit einem Glücksgefühl. Ich hätte niemals gedacht, dass ich so empfinden würde, aber anscheinend tue ich es.

Ich lege alle meine Emotionen in diesen Kuss und versuche Sophia dies zu übermitteln. Vielleicht ist sie die Richtige und ich war einfach zu blind um es zu bemerken. Möglicherweise war meine große Liebe die ganze Zeit vor meinen Augen und ich bin davor weggelaufen, wie ein panisches Huhn ohne Kopf.

Und ich mag Sophia, ich mag sie wirklich. Sie kann mich immer aufmuntern, hört mir zu und kennt alle meine Macken und Fehler. Sie ist seit Ewigkeiten meine beste Freundin. Als ich damals wegzog, hatte ich ganz oft Momente, in denen ich meine Erlebnisse mit ihr teilen wollte und sie am liebsten direkt angerufen hätte. Aber ich habe mich nie getraut, weil ich dachte, sie sei mir böse, dass ich weggezogen bin.

Wir haben fünf Jahre einfach verschenkt, wer weiß, ob wir nicht sogar eher 'zusammen gefunden' hätten, wenn ich nie weggegangen wäre.  Hätte ich mich damals nicht so blöd verhalten, dann hätten wir das alles vermeiden können und zusammen unser Leben leben können.

Auch wenn ich Sophia alle meine Emotionen, die ich gerade empfinde, versuche zu übermitteln, habe ich das Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Ein kleiner Funken, der dieses Feuerwerk auslöst; ein Feuerwerk, das nur eine Person je in mir entfachen konnte und diese Person ist nicht Sophia. So gerne ich es auch so hätte, sie ist es nicht.

Auf einmal löst Sophia sich von mir, in ihrem Blick ist die Enttäuschung zu sehen. Sie sieht auf ihre Hände. "Sophia, ich-" "Nein, sag nichts. Du bist nicht wirklich bei der Sache. Ich habe schon verstanden." sie schüttelt ihren Kopf. "Ich bin so dumm." "Sag so etwas nicht." werfe ich ein. "Sophia. ich mag dich wirklich." betone ich und lege ihr zur Bestätigung beide Hände auf ihre Schultern. Sie sieht zu mir auf.

"Weißt du, Leon. Mein ganzes Leben lang gab es immer nur dich in meinem Leben. Egal, wie alt ich war. Ob ich fünf Jahre alt war, ob ich 12 Jahre alt war, selbst als du mit 17 wegzogst; in meinem Kopf warst immer nur du. Und selbst jetzt brauchst du nur anwesend sein, um mich komplett aus der Fassung zu bringen." Sie macht eine kurze Pause, als müsste sie über etwas nachdenken.

"Ich habe mir diesen Moment so schön vorgestellt. Seitdem ich denken kann, habe ich immer davon geträumt. Aber es soll anscheinend nicht sein." fügt sie leise hinzu. "In deinem Kopf ist Sam und sie hat dein Herz eingenommen. Ich hatte nie eine Chance. Es ist offensichtlich, was du für sie empfindest. Ich wünsche mir irgendwann auch einmal so von einem Mann geliebt zu werden, wie du sie liebst."

Was sie sagt, macht mich traurig und wütend; wütend auf mich selber. Weil ich Sophia schon wieder enttäuscht habe. Ich bin ihr der schlechteste Freund auf dieser Erde und sie verzieht mir trotzdem jedes Mal. Ich fühle mich schlecht, dass ich ihr nie etwas zurückgeben konnte und Ich würde sie gerne so mögen, wie ich für Sam empfinde, aber ich kann es nicht ändern. Da ist etwas was mir fehlte, etwas was ich nur bei Sam gefunden habe.

"Es tut mir so leid. Ich mag dich und diese Zuneigung, die ist nicht unecht. Ich wünschte ehrlich, dass es anders wäre, aber so ist es nicht. Du bedeutest mir viel." versuche ich sie zu besänftigen. Aber es ist, als würde sie mich gar nicht richtig hören.

Auf einmal lächelt sie, aber sieht immer noch abwesend zu Boden. "Meine Oma ist früh gestorben. Sie ist bestimmt schon 50 Jahre tot. Kannst du dir vorstellen, dass mein Opa nie eine andere Frau hatte? Sie waren nur 4 Jahre miteinander verheiratet, bis sie starb. Immer wenn ich ihn danach gefragt habe, warum er mit Mitte zwanzig nie wieder eine andere Frau geheiratet hat, antwortet er: 'Ich habe deine Großmutter so sehr geliebt. Ich werde nie wieder so eine tiefe Liebe empfinden." Er findet, dass er Glück hatte. Er sagt immerzu, dass er in den 4 Jahren mehr geliebt hat, als andere Menschen in ihrem ganzen Leben."

Die Geschichte ist unglaublich schön, aber auch sehr traurig. Bedauernd sehe ich, wie Sophia melancholisch und nachdenklich, diese Geschichte erzählt. Da wird mir etwas klar. Und es erschüttert mich. Nicht nur im negativen Sinne, es ist vielmehr, als würde mir endlich klar werden, was ich tun sollte und was mein Schicksal ist. Ich bin wie Sophias Großvater. Egal was passiert, ich werde nie wieder eine Frau so lieben können, wie ich Sam liebe. Sie ist meine große Liebe. Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr.

Ich sehe zu Sophia, die mich anscheinend beobachtet hat und die, die Erkenntnis in meinem Gesichtsausdruck erkannt hat. Sie fängt an zu lächeln. "Es ist Sam, nicht wahr? Es war immer sie." fragt sie, obwohl sie die Antwort kennt. Ich nicke zaghaft. Sophias Lächeln wird breiter. Überrascht von ihrer Reaktion, sehe ich sie fragend an.

"Ich freue mich für dich, dass du die Richtige gefunden hast. Ehrlich, ich finde du verdienst es, glücklich zu sein. Dass ich nicht die Frau bin, die dich glücklich macht, tut zwar weh, aber es würde viel mehr weh tun, dich unglücklich zu sehen. Ich will, dass du jeden Tag mit einem Lächeln beginnst und mit einem Lächeln beendest. Und Sam ist diejenige, die dir dieses Lächeln aufs Gesicht zaubern kann." sagt Sophia und in ihrem Blick sehe ich, dass sie das, was sie sagt, zum 100% ernst und aufrichtig meint.

"Sophia, ich weiß gar nicht was ich dazu sagen soll." bringe ich heraus. So überrascht bin ich von ihrer Reaktion. Sie ist so erwachsen und reif geworden, und dazu ist sie auch noch unglaublich empathisch und rücksichtsvoll. Der Mann, der sie später bekommt, kann sich glücklich schätzen, sie zu haben. Ich wünsche ihr von ganzem Herzen, dass sie glücklich wird. Niemandem gönne ich es so sehr, wie Sophia.

"Du brauchst nichts zu sagen. Du musst mir nur zwei Sachen versprechen. Okay?" "Alles." erwidere ich. "Erstens möchte ich, dass du dir keine Sorgen um mich machst. Ich weiß doch wie du bist und du denkst jetzt bestimmt, du müsstest auf mich achten, aber ich möchte, dass du einmal an dich selber denkst und das machst was du willst und damit glücklich wirst. Versprochen?" harkt sie nach. Ich nicke. "Gut, das führt mich zum zweiten Punkt. Der ist noch wichtiger als der erste. Bitte kämpf um Sam. Sie ist es wert zu kämpfen. Selbst wenn du dein ganzes Leben lang kämpfst, wird es sich am Ende lohnen. Wie heißt es doch so schön? Du kannst keinen Kampf gewinnen, den du nie begonnen hast?!"

Sie lächelt mich kurz aufmunternd an. "Also meine Forderung: Tu alles in deiner Macht stehende um dir endlich die Frau zu holen, die dich genauso liebt, wie du sie liebst. Ihr beide seid füreinander bestimmt und niemand auf dieser Welt wird daran je etwas ändern können."

prisoned - LG8 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt