Das erste was ich spüre ist ein dumpfes Gefühl in der Magengegend. Dazu kommen langsam, aber sicher ziemlich schlimme Kopfschmerzen, die sich immer weiter in meinen Kopf fressen. Ich schlage meine Augen auf und blicke in ein grelles Licht. Ich kann mir keine Gedanken darüber machen, wo ich bin, denn auf einmal geht die Tür des Raumes auf und eine Frau in einem weißen Kittel tritt ein. Also entweder Krankenhaus oder Klapse...
"Ah, Sie sind wach. Wie fühlen wir uns?" fragt die Frau und lächelt mich freundlich an. "Wo bin ich?" frage ich ohne ihre Frage zu beantworten. "Sie sind im Marien Hospital Düsseldorf. Sie sind gestern Nacht eingeliefert worden." erklärt sie mir. "Und warum?" immer noch kann ich mir keinen Reim darauf machen, warum ich hier bin. "Sie sind mit einer extremen Hypertomie eingeliefert worden. Das junge Paar, das Sie fanden, sagten, sie hätten Sie auf einer Parkbank in der Innenstadt gefunden." die Ärztin zuckt mit den Schultern. "Hätten Sie dort noch zwei weitere Stunden gelegen, wären Sie jetzt wahrscheinlich tot."
Ich lege mich zurück in das Kissen und sehe an die Decke. Tränen steigen mir in die Augen. Ich hätte tot sein können. Und niemanden hätte es gekümmert. Ich wusste einfach nicht, wo ich hinsollte. Cole war so weit weg und sonst kenne ich niemanden hier, weil Matt mich jahrelang von jeglicher Zivilisation abgeschirmt hat. Natürlich bis auf Rachel. Aber Rachel ist niemand, auf den ich mich verlassen kann.
Bilder von letzter Nacht blitzen in meinem Gedächtnis auf. Alle Emotionen kommen wieder hoch. Der Schmerz des Betrugs und des Verrats nehmen wieder überhand und ich kneife meine Augen zusammen. Mein ganzes Leben läuft aus dem Ruder und alles nur wegen Matt und Rachel. Ich hätte sterben können und es hätte keinen von den beiden interessiert.
"Mrs. Dawson, es ist wichtig, dass Sie ihre Medikamente nehmen und sich jetzt Ruhe gönnen. Wir haben bereits Ihren Mann benachrichtigt und er hat eingewilligt, Sie abzuholen und sicherzustellen, dass es Ihnen gut geht." sagt die Ärztin während sie etwas in eine Akte einträgt. "Auch nur wegen seiner Versicherung, dass es Ihnen gut gehen wird, dürfen Sie in wenigen Stunden entlassen werden." fügt sie noch hinzu und verlässt den Raum ohne mir eine Chance zu geben, ihr zu antworten.
Matt holt mich ab?! Warum hat er eingewilligt, mich abzuholen, obwohl ich ihn gestern mit Rachel erwischt habe?! Woher wissen die überhaupt, wer ich bin und wen sie anrufen mussten? Die vielen Fragen sind fast noch schlimmer als der stechende Schmerz in meinen Schläfen. Aber die Erkenntnis, dass Matt sich immer noch als mein liebender Ehemann ausgibt, ist so erschreckend, da reißt es mich fast aus meinem Krankenhausbett.
Das Piepen der Maschine, die anscheinend meinen Herzschlag aufzeichnet, wird immer schneller und ich merke, wie Panik in mir aufsteigt. Augenblicklich stürmt eine Schwester in den Raum und versucht mich zu beruhigen. Ich höre von weitem ihre Stimme, aber ich verstehe sie nur verschwommen. Ich denke immerzu an Matt und was gleich, wenn er mich abholt, auf mich zukommen wird.
Nachdem die Schwester wieder weg ist, lege ich mich auf die Seite und sehe aus dem Fenster. Ich denke an Leon und an seine neue Freundin. Wie er sie zu sich zieht und sie zärtlich küsst. Er sah so glücklich aus. Frei von Drama und Betrug. Einfach nur glücklich und ausgelassen. Das ist genau das, was ich mir für ihn gewünscht habe. Er soll sein Glück finden und mich vergessen.
Es ist besser für ihn. Mit seiner neuen Freundin muss er sich nicht vor der Öffentlichkeit verstecken, weil man vom Ehemann erwischt werden könnte. Außerdem hat sie bestimmt kein Päckchen mit sich zu tragen, das eine kaputte Familie, einen erschossenen Vater und eben jenen betrügerischen Ehemann beinhaltet. Kurz: Er kann sich mit ihr ein neues Leben aufbauen, ohne Vorbelastungen oder Einschränkungen. Und ich gönne es ihm, denn er hat alles Glück auf dieser Welt verdient.
Da klopft es leise an der Tür. Mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Die Tür öffnet sich und Matt tritt ein. "Hey." sagt er leise. Ich erwidere nichts, sondern starre ihn einfach nur unverwandt an. "Wie geht es dir?" fragt er mich und will sich zu mir aufs Bett setzen. Augenblicklich richte ich mich auf und verkrieche mich in die andere Ecke des Bettes. Matt runzelt die Stirn. "Sam, was hast du denn?"
Er streckt seine Hand aus, um mir über die Wange zu streichen, aber ich zucke zusammen. "Fass' mich nicht an!" zische ich und sehe ihn böse an. Er seufzt. "Hör mal. Ich weiß, dass du sauer bist und du hast alles Recht der Welt dazu. Und ich habe mit Rachel gesprochen. Wir haben alles geklärt. Sie wird uns nicht mehr im Weg stehen. Sie wird das Kind bekommen und wir werden es gemeinsam aufziehen, aber du bist meine Frau und ich werde den Kontakt zu Rachel auf ein Minimum beschränken."
Er macht eine kurze Pause, als müsste er über etwas nachdenken. "Ich will das, Sam. Wirklich. Als ich sagte, ich werde um dich kämpfen, dann meinte ich das auch so. Du bist mir wichtig und ich sorge mich um dich, wenn wir nicht zusammen sind. Ich weiß auch, dass ich Fehler gemacht habe. Nicht einmal, sondern unzählige Male, aber ich hoffe du kannst mir das irgendwann verzeihen. Denn ich brauche dich." ihm läuft eine Träne über die Wange.
Ich bin überrascht, denn ich spüre tatsächliche Reue und auf eine ganz seltsame Art tut er mir leid. Natürlich kann ich nicht vergessen, was er getan hat, aber ich merke, dass er es wirklich bereut. Das hätte ich niemals gedacht. Auch hätte ich nicht erwartet, dass ich ihm das glauben kann, nachdem was passiert ist. Aber seine Entschuldigung klang aufrichtig und lässt mich, mich selbst fragen, was mich dazu veranlasst, ihm das abzukaufen.
"Ich habe nicht erwartet, dass du mir zuhörst. Umso dankbarer bin ich, dass du es doch tust. Du sagtest gestern, du hättest dich auch mit jemand anderen getroffen. Und ich muss zugeben, dass mich das verletzt hat. Ich weiß, dass ich kein Recht habe, dich zu besitzen oder dir Vorwürfe zu machen. Aber es tut mir weh, mir dich mit einem anderen Mann vorzustellen. Ich möchte nicht wissen, wer es war oder wie lange das schon geht, aber ich möchte dich bitten, um unsere Ehe zu kämpfen."
Betreten sehe ich auf meine Hände. Will ich um diese Ehe kämpfen? Matt holt Luft. "Weißt du, von Anfang an, gab es immer nur uns beide. Wir gegen den Rest der Welt. Auch als wir geheiratet haben, hieß es immer, dass wir das perfekte Team seien. Dass wir beide zusammen alles schaffen können und obwohl diese Heirat unter erschwerten Umständen zustande gekommen ist und dein Bruder mich wahrscheinlich niemals mögen wird, habe ich immer noch dieselben Gefühle für dich, wie damals. Ich bin davon überzeugt, dass wir das auch schaffen können. Wir haben beide Fehler gemacht, ich denke, da können wir uns beide nicht von freisprechen. Aber wir haben alles in unserem Leben, seitdem wir Teenager waren, gemeinsam bewältigt und wenn ich uns beide jetzt ansehe denke ich: Wir haben das Schlimmste hinter uns." Er steht vom Bett auf und kniet sich vor mich hin. "Bitte Sam, komm mit mir nach Hause."
Ich weiß nicht warum, aber ich glaube ihm jedes einzelne Wort. Er hat ja Recht, dass wir beide Fehler gemacht haben. Und ich glaube ihm, dass es ihm leid tut. Nur stellt sich jetzt die Frage, ob er mir noch genug bedeutet, um, um diese Ehe zu kämpfen. Ob die Gefühle stark genug sind, um das gebrochene Vertrauen aufzuwiegen.
Erwartungsvoll sieht Matt mich an. Ich stehe auf und nehme meine Tasche vom Stuhl. "Ich werde darüber nachdenken, Matt. Ich kann dir nichts versprechen, aber möglicherweise ist noch nicht alles verloren. Aber jetzt möchte ich einfach nur nach Hause." sage ich leise. Und obwohl ich Matt nicht unbedingt die größten Hoffnungen gemacht habe, strahlt er bei den Wörtern 'nach Hause' übers ganze Gesicht. Er nimmt mir sofort die Tasche ab und bietet mir seinen anderen Arm an, damit ich mich unterharken kann, da ich immer noch ein wenig wackelig auf den Beinen bin.
Ich harke mich unter und Matt führt mich die Krankenhausgänge entlang bis zum Ausgang, wo bereits unser Wagen steht. Aber leider sind wir nicht allein. Ein paar Paparazzi stehen am Eingang und ich sehe Kamerablitzen. "Samantha, wie geht es dir?" "Matt, was macht der China-Deal?" "Bist du schwanger, Sam?" "Warum sieht man euch kaum noch zusammen?" tausende Fragen schlagen mir entgegen und auf einmal bin ich wieder in meinem alten Leben, in dem alles, was ich tue, auf Schritt und Tritt verfolgt wird. "Sam! Was sagst du dazu, dass Leon Goretzka nach dir so schnell eine neue hat?" diese Frage hallt in meinem Kopf und ich bleibe stehen. Tränen steigen in meine Augen und ich laufe schnell weiter.
Matt tut so, als hätte er es nicht gehört und öffnet mir die Tür, ehe er selber einsteigt. Dann startet er den Wagen und sieht mich an. "Nur wir beide. Für immer." sagt er und küsst meinen Handrücken. "Ich bringe dich nach Hause."

DU LIEST GERADE
prisoned - LG8 | jmjmmny
Fanfiction„Leon, ich... Du solltest jetzt gehen. Er wird gleich nach Hause kommen." „Ich werde nicht ohne dich gehen, das mit uns ist was Besonderes. Ich werde dich nicht aufgeben und auch dein Ehemann wird mich nicht von dir fernhalten. Ich werde um dich käm...