24 - Sam

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"Sammy!" "Mom!" meine Mutter steht im Türrahmen und breitet die Arme aus. Schnell laufe ich zu ihr und nehme sie fest in die Arme. "Ich habe dich so vermisst, mein Kind." sagt meine Mutter mit tränenerstickter Stimme und auch mir laufen Freudentränen über die Wange. "Ich habe dich auch vermisst." Ich nehme sie noch einmal fest in die Arme. Wie lange hatte ich sie schon nicht mehr persönlich gesehen 7 vielleicht 8 Monate? Im Zweifelsfall sogar länger.

Da sieht Mom hinter mich. "Sam, wen hast du denn da mitgebracht?" fragt sie ein wenig beunruhigt. "Mom, das ist Leon." stelle ich ihn vor, denn Leon ist mittlerweile hinter mich getreten. Meine Mutter sieht ihn nur skeptisch an und schüttelt ihm dann die Hand. "Hallo, schön Sie kennenzulernen, Mrs. Henstridge." sagt Leon freundlich. "Hallo." antwortet Mom schlicht. Ich sehe sie nur fragend an. Normalerweise ist sie der herzlichste Mensch auf Erden, der jeden sofort ins Herz schließt. Aber auf Leon wirkt sie irgendwie, naja "reserviert".

Leon scheint auch nicht unbedingt zu wissen, was er sagen soll, deswegen steht er einfach neben mir und schweigt. Da kommt Cole uns zur Hilfe. "Mom! Willst du uns nicht reinlassen?" ruft er laut und lacht. "Cole, du musst nicht die ganze Nachbarschaft zusammenschreien." ruft meine Mutter zurück und lacht ebenfalls, anscheinend hat sie sich wieder gefangen. Sie bittet uns herein. Und sie hat doch tatsächlich für uns gekocht, obwohl wir sie eigentlich nur abholen wollen. "Cole, holst du bitte schon meinen Koffer von oben?" bittet sie Cole.

"Setzt euch! Setzt euch und esst. Ich habe Amber übrigens oben schlafen gelegt. Aber schon vor einer Stunde, sie sollte auch gleich wach werden." sagt sie und setzt sich an den Tisch. Alle anderen tun es ihr nach und so sitzen wir 10 Minuten später alle beisammen, als Cole mit Amber herunterkommt. "Auntie Sammy!" ruft die Kleine und springt von Cole's Arm. Ich nehme sie auf meinen Arm. "Na, Amber? Wie geht's dir?" "Mir geht es gut. Wie geht es dir denn? Und wer ist das?" erwidert sie und deutet auf Leon. "Das ist Leon."

Amber nickt und setzt sich an den Tisch, ohne noch ein weiteres Wort zu sagen. Leon sieht mich fragend an. "Amber ist sehr schüchtern, was neue Leute angeht. Sei nicht traurig, sollte sie nicht sofort auf dich zukommen und gib ihr Zeit, dich kennen zu lernen." warne ich ihn. Als ich mal eine Freundin mit nach Hause gebracht habe, gab es mit Amber ein großes Fiasko. Deswegen warne ich Leon am besten schon mal vor und er nickt zaghaft.

"Mom, das schmeckt köstlich!" sagt dann Cole und wir setzen uns alle an den Tisch und beginnen zu essen. "So, Leon. Ich habe gehört, du hast diese Reise organisiert." beginnt meine Mutter ein Gespräch mit Leon. "Ja, das habe ich. Sam hat immer davon erzählt, dass sie ihre Familie vermisst." antwortet dieser unsicher. "Wie lange kennt ihr euch denn schon?" fragt meine Mutter einfach weiter. Ich sehe zu Leon, der nervös auf seinem Stuhl rumrutscht. "Seit ein paar Monaten." antworte ich für ihn. "Aha und was machst du beruflich?" "Ähm, ich... Ich bin Fußballer." antwortet Leon und sieht auf. Mom zieht eine Augenbraue hoch und sieht mich skeptisch an. Als wolle sie sagen: "Ist das dein Ernst?" Ich verdrehe die Augen und lege Leon unter dem Tisch die Hand auf dem Oberschenkel, um ihm zu zeigen, dass ich ihn unterstütze.

Leon atmet merklich auf. Er ergreift unter dem Tisch meine Hand und lächelt mich an. Als wir mit dem Essen fertig sind, schicke ich Leon mit Cole raus in den Garten und ich räume mit meiner Mom den Tisch ab. Grace ist mit Amber den Jungs hinterhergegangen, nachdem sie mir noch anerkennend zugezwinkert hat, was definitiv auf Leon bezogen war.

"Das ist nicht dein Ernst, oder?" fragt mich meine Mutter, als wir alleine in der Küche sind. "Was denn?" frage ich sie zurück. "Du bringst irgendeinen Mann mit hierhin. Was würde Matt sagen, wenn er das wüsste? Ich gehe davon aus, er weiß nichts davon." überrascht über die Reaktion meiner Mutter, sehe ich sie erstaunt an. "Nein, Matt weiß nichts davon und das bleibt bitte auch so. Und zweitens, ist Leon nicht irgendein Mann." "Sam, ich weiß nicht, was du damit bezwecken willst, aber ich akzeptiere dieses Verhalten nicht. Du bist verheiratet." erbost sieht meine Mutter mich an.

"Du hast doch keine Ahnung, Mom. Du weißt nichts über Matt oder über Leon oder über mein Leben. Leon ist der Einzige, der mein Leben erträglich macht." versuche ich Leon zu verteidigen. "Ich will das nicht hören. Du bist verheiratet, du wirst dich nicht mit anderen Männern treffen." "Aber, Mom-" "Nein, sag nichts. Wie lange kennt ihr euch schon? 2 Monate? 3 Monate? Ach, ist auch egal. Du wirst ihn nicht weiter treffen!" und mit den Worten stellt sie die letzten Teller auf den Tisch und verschwindet durch die Küchentür.

Wütend sehe ich auf die Teller. Meine Mutter ist sonst nie so verschlossen und abweisend gegenüber jemandem und ich habe sie selten in meinem Leben so aufgebracht gesehen. Aber ich bin auch wütend, sie hat mir gar nicht zugehört und alles was Leon macht, gleich abgetan. Als sei Matt ein Heiliger. Ich will, dass Mom Leon mag. Es ist mir wichtig, dass meine Familie ihn akzeptiert, aber ich will auch, dass sie ihn richtig kennenlernen, bevor sie über ihn urteilen. Und ihn zu verurteilen, ohne ihn zu kennen, ist unfair.

Als ich fertig mit Spülen bin, gehe ich hoch zu meinem alten Zimmer. Aber als ich den Raum betrete, bemerke ich, dass die Tür zum Balkon geöffnet ist und gehe auf den Balkon. Von dort aus hat man den besten Blick über den Garten. Früher habe ich hier immer gesessen und Cole und seinen Freunden beim Fußballspielen beobachtet. Auf dem Balkon erblicke ich Mom, sie lehnt an dem Geländer und schaut in den Garten. Ich nähere mich ebenfalls dem Geländer und sehe, dass Leon mit Amber Fußball spielt. Amber lacht und versucht mit ihren kurzen Beinen Leon den Ball wegzunehmen. Aber Leon zieht ihn immer weg, bis er sich dann doch den Ball 'klauen' lässt.

Da fällt Amber hin, weil sie gegen den Ball treten wollte. Leon nimmt sie sofort auf den Arm und tröstet sie. Und schon wenig später tatscht Amber Leon schon wieder vergnügt im Gesicht herum, während er sie kreuz und quer im Garten herumträgt. Ich lächele. Leons Fürsorge und sein Umgang mit Kindern ist total süß. Und auch Amber scheint ihre Hemmungen überwunden zu haben. Die beiden haben sich schneller angefreundet, als ich erwartet hatte.

Ich trete neben meine Mutter. "Leon ist kein schlechter Mensch, auch wenn du ihn wahrscheinlich am liebsten in Guantánamo sehen würdest." sage ich und beobachte ihn und Amber weiter. "Ich weiß. Ich glaube, Amber hat sich noch nie so schnell mit jemandem angefreundet. Er kann gut mit Kindern umgehen." erwidert meine Mutter leise. "Warum magst du ihn nicht?" frage ich sie direkt, denn ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Leon ihr auf Anhieb unsympathisch war. "Sam, du bist verheiratet. Du-" "Mom, ich weiß, dass ich verheiratet bin. Du brauchst mir das nicht immer unter die Nase zu reiben, es ist so schon schwer genug." erwidere ich. "Es liegt nicht genau an Leon, ich glaube schon, dass er ein netter Kerl ist, aber es ist verboten. Weißt du? Eine Ehefrau darf ihren Ehemann nicht betrügen. Es ist nicht richtig. Und das weißt du doch genauso gut, wie ich." Betreten wende ich mich ab.

"Ja, ich weiß. Und normalerweise würde ich diese Ehe auch nicht gefährden, aber Leon ist... Mit ihm ist es anders. Ich kann es nicht beschreiben. Er macht mich glücklich. So glücklich war ich in den ganzen Jahren mit Matt nicht einmal. Und diese Reise hat Leon ganz alleine organisiert. Ich hatte damit nichts zu tun, er hat von sich bei Cole angerufen und die ganzen Flüge gebucht. Er wollte, dass ich meine Familie sehen kann. Nur weil ich ihm mal erzählte, dass ich dich und Cole kaum sehe und noch weniger besuchen kann. Er hat mir diesen Wunsch erfüllt, ohne, dass ich darum gebeten habe, noch dass es überhaupt mein expliziter Wunsch war. Er macht das nur, um mich glücklich zu sehen."

"Schatz, du hast mir gar nicht gesagt, dass es zwischen euch schon so ernst ist." sagt meine Mom vorwurfsvoll. "Das ist es ja, eigentlich sind wir nicht mal richtig zusammen, aber er macht das trotzdem alles für mich." antworte ich. "Sam, es tut mir leid. Ich hätte nicht gedacht, dass es euch schon so ernst miteinander ist. Aber dennoch muss ich dich an deine Ehe erinnern, denn das Risiko, das du eingehst, ist nicht unbedingt klein. Und du solltest es auch nicht für jeden eingehen." sagt sie dann und sieht mich eindringlich an. "Ja, ich weiß. Aber ich habe mir bereits Gedanken darüber gemacht und ich weiß, dass Leon es wert ist, dieses Risiko einzugehen. Versprich mir einfach, dass du versuchst, ihn in den nächsten Tagen näher kennenzulernen. Total unvoreingenommen und offen, ja?" bitte ich sie und meine Mutter nickt.

prisoned - LG8 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt