41 - Leon und Sam

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Leon:

"Leon, möchtest du noch etwas Wasser trinken?" ich schaue auf. "Nein, danke. Ich hole mir aus dem Keller ein Bier." antworte ich und stehe auf. "Bring mir eins mit!" ruft mein Vater mir hinterher. Ich nicke nur und mache mich auf den Weg. Als ich mit zwei Flaschen wieder hochkomme, sehe ich, dass mein Vater nicht mehr in seinem Sessel sitzt, also gehe ich in die Küche. Aber kurz bevor ich durch die Tür gehe, höre ich meine Eltern leise reden.

"Ich weiß auch nicht, was mit ihm los ist. Vor ein paar Wochen war er noch überglücklich und jetzt..." höre ich meinen Vater sagen. "Er trinkt sonst nie so viel Bier, vor allem nicht, wenn er bei seiner Familie ist." meine Mutter hört sich besorgt an. "Konrad, ich mache mir Sorgen um ihn. Er spielt nicht mal mehr Fußball, wusstest du, dass er nicht mehr zum Training geht und Vielleicht nicht mit ins Trainingslager fährt?"

Mein Vater seufzt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine Karriere so den Bach runterlaufen lässt. Nicht nach allem, was er dafür geopfert hat." ich schüttele den Kopf. "Egal, was in ihm vor sich geht. Er muss sich anstrengen und endlich wieder normal werden. Sonst gefährdet er alles, was er bis jetzt erreicht hat." die Stimme meiner Mutter bebt. Ich weiß, dass sie es nur gut meint, aber ich kann es im Moment nicht ändern, diese Traurigkeit zieht mich wirklich runter.

"Denkst du, wir sollten mal mit ihm reden? Ich meine, nicht dass wir uns nachher vorwerfen, wir hätten nichts unternommen." fragt meine Mutter. "Vielleicht sollten wir das tun. Aber jetzt beruhig dich erstmal, wir wollen doch die Zeit mit unseren Kindern genießen, oder?" antwortet mein Vater. Ich merke, dass die beiden die Küche verlassen wollen und bewege mich schnell in Richtung Wohnzimmer, um so zu tun, als hätte ich nichts mitbekommen. Ich setze mich also wieder aufs Sofa und öffne beide Flaschen. Als mein Vater sich zu mir setzt, halte ich ihm die eine Flasche hin. Erst sieht er mich mit einem prüfenden Blick an, aber dann nimmt er letztendlich die Flasche doch und wir stoßen gemeinsam an.

Da klingelt es an der Tür. Ich öffne sie und Olivia steht davor. Mit einem breiten Grinsen umarmt sie mich. "Frohe Weihnachten, Brüderchen!" sagt sie und quetscht sich dann an mir vorbei ins Haus. Nachdem sie unsere Eltern begrüßt hat, setzen wir uns alle an den großen gedeckten Tisch. Meine Mutter stellt noch die letzten Schälchen für das Raclette-Essen auf den Tisch und setzt sich dann zu uns.

"Kinder, es freut mich, dass wir hier heute alle so gemütlich zusammengekommen sind. Auch wenn ihr beide noch nicht lange aus dem Haus seid, kann man euch ansehen, dass ihr euch zu selbstständigen Erwachsenen entwickelt habt. Und es erfüllt mich mit Stolz, dass ihr meine Kinder seid." mein Vater hat Tränen in den Augen, meine Mutter nimmt seine Hand und lächelt ihm liebevoll zu. Meine Schwester steht auf und gibt ihm einen Kuss auf die Wange. Ich erhebe mich ebenfalls und lege meiner Mutter und Olivia jeweils eine Hand auf den Rücken. Somit wäre das Familienbild perfekt.

Nachdem wir gegessen haben, setzen wir uns aufs Sofa und der alljährliche Familienfilm "Kevin Allein Zuhause" wird angestellt. Ich sitze neben meiner Mutter und Liv und neben Olivia sitzt mein Vater. Wir gucken diesen Film jedes Jahr, wir sitzen jedes Jahr genauso auf dem Sofa und jedes Jahr lachen wir an den selben Stellen. Diese Familienidylle ist wie Balsam für die Seele. Ich habe noch kein Weihnachten erlebt, an dem es nicht so war. Und man lernt diese traute Familiengemeinschaft mit jedem Jahr, das man älter wird, mehr zu schätzen.

Als der Abspann des Films läuft, gesellen wir uns unter den Baum und dann findet die Geschenkübergabe statt. Früher konnte Liv und mir der Gottesdienst und der Film nie schnell genug gehen, aber ja älter wir wurden, desto gemächlicher und ruhiger sind wir beide geworden.

Nachdem alle ihre Geschenke ausgepackt haben und ich mich über ein Buch und ein Armband von Olivia und ein neues Playstation Spiel und Kleidung von meinen Eltern gefreut habe, sitzen wir jetzt beisammen und trinken Wein. "Leon, wann bringst du Sam eigentlich mal mit?" fragt mich Liv aus heiterem Himmel und ich schrecke auf.

prisoned - LG8 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt