30 - Sam

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Mit den Koffern in der Hand betrete ich das Haus, das mal wieder kalt und verlassen aussieht. Matt's Auto steht in der Garage, das heißt, dass er da sein müsste. Ich gehe die Trappe hinauf. Wenn Matt zuhause ist, ist er meistens im Arbeitszimmer. "Matt? Bist du da?" frage ich leise. Und tatsächlich Matt sitzt hinter seinem Laptop. "Sam? Hey." antwortet er und sieht von seinem Laptop auf. Ich bleibe in der Tür stehen und Matt kommt auf mich zu. Dann umarmt er mich. Erst erwidere ich die Umarmung nicht, aber schließlich hebe ich dann doch meine Arme, damit Matt nichts merkt.

"Hat Cole ein neues Parfüm? Du riechst nach Männerparfüm." sagt Matt und sieht mich skeptisch an. "Ähm, ja kann sein. Ich habe Cole gar nicht danach gefragt." Matt ist ja immer noch der Annahme, dass ich die letzten zwei Wochen bei Cole in Galway verbracht habe. "Wie war dein Urlaub?" fragt er. "Es war schön. Amber ist so groß geworden und Mum hat sich auch gefreut." erzähle ich und das ist ja nicht mal gelogen.

"Das freut mich." sagt Matt und lächelt mich an. Es ist ein ehrlich es Lächeln, als ob er sich wirklich für mich freuen würde. "Und wie war es bei dir?" frage ich ihn. "Ich hatte eine Menge Arbeit. Du weißt wegen dem Examinier und dann auch noch die Sache mit Schalke. Ich hatte sehr viele Gespräche mit Christian Heidel und dem neuen Trainer. Bald soll ich auch die neuen Kapitäne kennenlernen. Ich muss sagen, dass das alles so gut läuft, hätte ich nicht gedacht. Aber bald lernen wir Ralf Fährmann und Leon Goretzka kennen, ich darf das eigentlich niemandem erzählen, aber die beiden sind die neuen Kapitäne und Christian Heidel hat ein gemeinsames Abendessen vorgeschlagen. Was hälst du davon?"

"Ein Essen mit Christian Heidel, dem neuen Trainer, Ralf Fährmann und Leon?" frage ich. "Ja, Leon Goretzka." ergänzt Matt, als hätte ich Leons Nachnamen einfach vergessen. "Das Dinner ist sehr wichtig für mich. Es ist sowieso mal wieder an der Zeit, dass wir uns öffentlich zeigen." bittet mich Matt und ich nicke. "Wenn das Essen so wichtig ist, dann komme ich mit." Matt sieht mich dankbar an und verschwindet wieder hinter seinem Rechner.

'Hast du schon mit deinem neuen Trainer gesprochen?' schreibe ich Leon. 'Nein, aber er wollte mich sprechen. Bin auf dem Weg zu ihm. Warum fragst du?' kommt prompt die Antwort. 'Sprich erst mit ihm, dann melde dich bitte noch einmal, okay?' antworte ich und lege mein Handy weg.

Ich gehe zu meinem Koffer und packe die Wäsche in den Wäschekorb und räume den Rest wieder weg. Danach sehe ich noch einmal nach Matt. Er sitzt immer noch im Arbeitszimmer. Angestrengt sieht er auf den Bildschirm. "Oh, gut dass du da bist." seine Stimme ist kalt, ganz anders als eben. "Was ist denn?" frage ich ihn vorsichtig. "Komm mal her und sieh' dir das an." langsam nähere ich mich dem Schreibtisch und spähe neugierig auf den Bildschirm. Im nächsten Moment stockt mir der Atem. Dort ist ein Bild, dass mich und Leon zeigt, wie wir auf dem Balkon in Galway stehen und uns umarmen. Ich trage nur einen Bikini und Leon hat seine Badehose an. Zum Glück kann man Leon nicht wirklich erkennen, denn wir stehen so günstig, dass man nur meine langen Haare und einen Teil meines Gesichts sehen kann.

Und obwohl man Leon nicht erkennt, ist das Bild eindeutig. Leon hat seine Hände an meinen Hüften und es sieht so aus, als würde er mir etwas ins Ohr flüstern, während ich lächele. Ich beiße mir auf die Lippe. Wie komme ich da wieder raus? "Willst du mir vielleicht erklären was DAS ist?" Matt's wütende Stimme peitscht durch den Raum. Ich sehe verlegen auf den Boden und überlege fieberhaft nach einer Erklärung.

"Das- das ist Jake." antworte ich schnell. Nicht die beste Lösung, aber das könnte funktionieren. "Dein Ex-Freund?" fragt Matt spöttisch und verschränkt die Arme. "Ja, Jake. Cole und er sind noch gut befreundet und wir haben uns getroffen, der alten Zeiten wegen." antworte ich nun sicherer. "Und wie kommst du dazu mit dem Typ rumzumachen, mit dem du zusammen warst als du 16 Jahre alt warst?!" "Wir sind immer noch Freunde und als er gehört hat, dass ich wir- ich nach Galway komme-" "Wer ist 'wir'? mit wem bist du denn dahingeflogen?" Mist. Ich kann meine Klappe auch nie halten.

"Ich meinte Cole und mich. Er war ja selber vor ein paar Wochen hier." versuche ich mich rauszureden. Matt nickt langsam. "Und nach wessen Parfüm hast du eben gestunken? War das Cole's oder Jake's? Oder hast du noch irgendeinen Typen, mit dem du angeblich nicht rumgemacht hast?" während er langsam und bedrohlich aufsteht, spuckt er jedes Wort abfällig aus. "Rede nicht so mit mir." sage ich, aber es klang kläglich. "Warum nicht, Sam? Warum?"

Ich drehe mich um und gehe ins Badezimmer. Hinter mir höre ich Matt verächtlich schnauben. Ich muss erstmal meine Gedanken ordnen. Leon und ich sind anscheinend fotografiert worden. Und wir haben es nicht bemerkt, nicht einmal eine kleine Ahnung. Wir waren zu unvorsichtig. Und jetzt muss ich mir irgendwelche Geschichten ausdenken, die überhaupt nicht stimmen und noch mehr Leute involviert, die ebenfalls nichts mit der Sache zu tun haben. Ich mache das nur, weil ich Leon schützen will. Als Matt erfahren hat, dass Jake und ich mal zusammen waren, ist er ausgerastet und hat gedroht, Jake etwas anzutun. Was würde Matt machen, wenn er von Leon erfahren würde?

Ich gehe bettfertig ins Schlafzimmer und steige ins Bett. Ich will einfach nur schlafen und nicht über das alles nachdenken müssen. Matt betritt leise das Schlafzimmer und verschwindet dann im Bad. Danach kommt er wieder heraus und legt sich neben mich. Augenblicklich denke ich an Leon. Es ist die erste Nacht, in der er nicht bei mir ist und ich fühle mich jetzt schon einsam. Es ist nicht dasselbe, wie mit Leon. Wenn Matt neben mir liegt, fühle ich mich unwohl.

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"Guten Morgen." verschlafen betrete ich die Küche. Matt sitzt bereits am Küchentisch. "Guten Morgen, Sammy." antwortet er. Auf meinem Platz steht schon mein Kaffee. "Danke." sage ich und Matt lächelt mich an. "Setz dich bitte, ich möchte mit dir reden." Misstrauisch sehe ich ihn an. Neugierig, worum es geht, setze ich mich auf den Küchenstuhl.

"Also, Sammy. Ich habe die ganze Nacht über unser Gespräch gestern nachgedacht und es hat mich fast die ganze Nacht wachgehalten." er greift nach meiner Hand und hält sie fest. Unbehaglich sehe ich auf Matt's Hand, die versucht, seine Finger mit meinen zu verschränken. Irgendwann gibt er auf und sieht mich wieder an. "Wie dem auch sei, ich möchte an unserer Ehe arbeiten. Als ich dich mit Jake gesehen habe, war ich eifersüchtig obwohl ich ja weiß, dass ihr nur Freunde seid. Und ich weiß, dass die letzten Monate nicht sonderlich schön für dich waren, es tut mir leid, dass ich dich so oft alleine gelassen habe."

Bedauernd senkt er seinen Kopf. "Du verdienst einen Ehemann, der für dich da ist und zu dem du immer kommen kannst, wenn du Probleme hast. Ich möchte dieser Ehemann für dich sein, auch wenn unsere Ehe holprig begonnen hat. Du bist etwas Besonderes, Samantha. Du solltest auch so behandelt werden. Ich werde mir dein Vertrauen wieder erarbeiten und dir zeigen, dass ich es wert bin, dass du mir noch eine Chance gibst." sagt er. "Also, was sagst du?" sein Blick ist unsicher.

"Kann ich darüber nachdenken?" frage ich ihn leise. "Ja, natürlich. Nimm dir die Zeit, die du brauchst." antwortet Matt sanft. Er lächelt leicht. Schnell entziehe ich ihm meine Hand laufe schnell hoch ins Schlafzimmer. Ich schließe die Tür und setzte mich aufs Bett. Mein Körper zittert vor Anspannung.

Matt war ganz anders als sonst. So ruhig und lieb. Ich verstehe nicht, was diese Verwandlung ausgelöst hat, aber er gefällt mir so viel besser. Dennoch war er kurz davor, herauszufinden, dass ich und Leon zusammen im Urlaub waren und dass ich das noch retten konnte, war wahrscheinlich Glück. Diese Situation überfordert mich, denn es stand alles auf der Kippe. Ich komme mit dem Druck nicht klar.

Und da ist es. Das schlechte Gewissen, dass ich Matt betrogen habe. Ich habe es nicht gespürt, als ich mit Leon zusammen war. Aber jetzt wo ich allein bin und über alles nachdenke, trifft es mich wie eine Wucht. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Alles dreht sich. Leon, Matt, Leon, Matt...

Ich brauche jemandem, mit dem ich reden kann. Also stehe ich auf und suche mein Handy. Als ich es finde, sehe ich schon, dass Leon mir geschrieben hat. 'Ich war gerade bei Domenico. Habe super Nachrichten. Können wir telefonieren?' also hat er es wohl erfahren. Aber ich kann jetzt nicht mit ihm reden. Zum einen, weil Matt unten sitzt und zum anderen, weil ich sowieso schon emotional aufgewühlt bin. 'Sorry, ich kann gerade nicht. Melde mich.' antworte ich Leon schnell.

Dann wähle ich Cole's Nummer und warte, dass jemand abnimmt. "Henstridge?" meldet sich mein großer Bruder. "Hey Cole, ich bin's." antworte ich. "Hey Sammy, alles okay?" fragt Cole. "Nein, irgendwie nicht. Kannst du Grace ans Telefon holen? Ich muss mit euch reden."

prisoned - LG8 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt