13 - Leon

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Ich bin tatsächlich auf dem Weg zu Sam. Nach dem Abend vor ein paar Tagen hat sie mir geschrieben und wir haben ein Treffen ausgemacht, nur freundschaftlich versteht sich. Ich freue mich sehr auf Sam, der Abend letztens war wirklich schön, auch wenn ich erst gedacht habe, dass Cole ihr Mann sei. Aber Cole ist wirklich nett, so wie Sam gesagt hat und ich habe mich gut mit ihm verstanden. Anscheinend zieht er mit seiner Familie auch bald nach Deutschland. Man hat Sam angesehen, dass sie sie darüber freut, dass sie ihre Familie bald hier hat.

Da schießen mir die Worte von Sam in der Nacht nach der Gala in den Kopf. Sie hat ihre Familie schrecklich vermisst und ihr Mann wollte wahrscheinlich nicht, dass sie sich oft sehen. Erst jetzt wird mir bewusst, in was für einer misslichen Lage Sam feststeckt. Sie muss in den letzten Jahren viel durchgemacht haben.

Ich erreiche ihr Haus und parke wie letztes Mal vor der Tür. Ich steige gerade aus dem Wage aus, da öffnet Sam auch schon die Tür. Sie hat legere Kleidung, genau wie ich und sie strahlt mich förmlich an. Als ich vor ihr stehe, umarmen wir uns und sie bittet mich rein. Wir hatten abgemacht, dass wir es uns einfach bei ihr gemütlich machen. Ehrlich gesagt, bin ich ein wenig nervös. Aber als ich Sam gesehen habe, fiel die Anspannung von mir ab.

"Möchtest du was trinken?" fragt Sam, als wir uns aufs Sofa setzen. "Gerade nicht, danke." antworte ich. "Also, was wollen wir machen?" fragt Sam. Ich sehe mich um, da erblicke ich etwas, was definitiv Spaß machen wird. Grinsend deute ich nach draußen in den Garten, es ist gerade mal sechs Uhr, also wird es erst in ein paar Stunden richtig dunkel. Die beiden Fußballtore, die in dem großen Garten stehen, sehen doch nach Spaß aus.

"Aber weine nicht, wenn ich dich fertigmache." sagt Sam, als sie den Fußball aus einem Schrank holt und ihn zu mir rollt. Ich lache. "Du? Mich fertigmachen? Wovon träumst du nachts?" auch Sam muss grinsen. "So eine große Klappe, pass auf!" "Na dann, los! Das ist dein Tor, das ist meins. Wir spielen bis 10." sage ich und werfe ihr den Ball zu. "Ladys first!"

Ich muss zugeben, Sam spielt gar nicht schlecht. Es steht mittlerweile 9:9 und Sam hat den Ball. Sie dribbelt auf mich zu und tatsächlich schafft sie es hin an mir vorbei zu laufen und jetzt läuft sie auf mein leeres Tor zu. Das muss ich verhindern, also halte ich sie an der Hüfte fest und reiße sie mit mir zu Boden. Wir fallen lachend auf den weichen Rasen. Sie unter mir, so dass sie sich nicht bewegen kann. Sie lacht immer noch. Das iast das erste Mal, dass ich Sam so nah ins Gesicht sehen kann. Sam ist wunderschön, ihre langen Haare liegen überall um ihren Kopf auf dem grünen Gras, ihr Lachen strahlt förmlich und ihre Augen funkeln.

Mein Herz klopft wie verrückt. Keiner von uns sagt ein Wort. Am liebsten würde ich sie jetzt einfach küssen, aber das geht nicht. Sie ist schließlich verheiratet und niemand verdient es betrogen zu werden. So weh es auch tut.

Also räuspere ich mich und stehe dann langsam auf, ich halte ihr die Hand hin, um ihr auf zu helfen, aber vermeide Blickkontakt, denn wenn ich ihr jetzt in die Augen sehe, dann kann ich mich wahrscheinlich nicht beherrschen. "Danke." sagt Sam leise, als sie wieder auf beiden Beinen steht. "Schon gut, war ja meine Schuld." antworte ich knapp. Ich muss mich erstmal beruhigen, die Situation hat mich aufgewühlt. "Wo ist denn das Bad?" frage ich Sam, ohne sie anzusehen. "Die Gartentür rein und im Flur die letzte Tür auf der rechten Seite." antwortet Sam und sieht betreten zu Boden.

Im Bad schließe ich schnell die Tür und lehne mich dagegen. Ich atme laut aus, wie bescheuert habe ich mich gerade verhalten? Sam muss wer-weiß-was von mir denken. Nur weil ich mich nicht unter Kontrolle habe. Sich an eine verheiratete Frau ran zu machen, so etwas Dummes kann auch nur ich zustande bringen. Obwohl ich für einen Moment das Gefühl hatte, Sam wollte es auch. Aber warum sollte sie das wollen? Sie hat schließlich einen Mann, der ihr jeden Wunsch von den Augen abliest.

Ich gehe zum Waschbecken und spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht. Ich muss erstmal runterkommen, damit ich mich wieder konzentrieren kann und nichts Unüberlegtes tue. Ich sehe in den Spiegel, mein Spiegelbild sieht ungefähr genauso schlimm aus, wie ich mich fühle. Ich trockne mein Gesicht schnell ab, dann atme ich noch einmal tief durch und öffne dann die Tür.

Ich will wieder raus in den Garten, da sehe ich, dass Sam vor einer Kommode im Wohnzimmer steht. Ich gehe langsam auf sie zu. Sie rührt sich nicht und hält ihren Kopf gesenkt. Als ich hinter ihr stehe, sehe ich, dass sie ein eingerahmtes Bild in der Hand hat. Auf dem Bild kann ich Sam erkennen. Sie trägt ein langes weißes Kleid, neben ihr steht ein großer Mann in einem schwarzen Anzug. Das ist ohne Zweifel ihr Hochzeitsbild. Ich muss schlucken. Wahrscheinlich hat sie gerade an ihn gedacht, kurz nachdem ich im Bad verschwunden bin.

Da ist er wieder, der Stich ins Herz... Ich wende mich ab, es mag komisch klingen, aber ich will mir das nicht länger ansehen. Da scheint Sam mich erst realisiert zu haben. Sie dreht sich zu mir um, sie hat einen schuldbewussten Geschichtsausdruck, als hätte ich sie bei etwas ertappt. Anscheinend hat sie geweint, denn sie hat Tränen in den Augen und Tränenspuren auf ihren Wangen.

Das ist wohl mein Zeichen. Sie hat wegen ihm geweint, weil ich ihr zu nah gekommen bin und sie sich schuldig fühlt. Es ist meine Schuld.... es ist meine Schuld, dass sie weint, es ist meine Schuld, dass sie sich schuldig fühlt. Ich hätte gar nicht herkommen sollen. Was für eine dumme Idee von mir. Natürlich hatte ich keine Chance bei ihr. Ich hätte es wissen müssen.

"Ich denke, ich gehe dann mal. Es tut mir leid für..." Ich mache eine Handbewegung. "...das alles. Es war mein Fehler, ich... ach egal." stottere ich. "Leon, es ist nicht-" sagt Sam, aber ich unterbreche sie. "Nein, sag nichts. Ist schon okay." Jedes Wort, das sie jetzt sagen will, schmerzt nur noch mehr. Dann greife ich nach meiner Jacke und verlasse schnell das Haus. Als ich die Haustür schließe, höre ich hinter mir ein schrilles Klirren, aber ich gehe weiter. Ich steige in meinen Wagen und starte den Motor.

Ich will nur noch nach Hause...

prisoned - LG8 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt