39 - Sam

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Kraftlos stütze ich meine Hände auf die Küchentheke und atme schwer. Ich fühle mich elend, noch nie zuvor habe ich mich so schwach und verletzt gefühlt. Leon ist einfach schnurstracks aus der Tür gestürmt und so schnell wie möglich vom Hof gefahren. Der Schmerz in seinen Augen hat mich innerlich zerrissen. Wie kann ich nur so ein schlechter Mensch sein und ihn immer und immer wieder so verletzen?!

Wenn ich ihn verletze ist es so, als würde ich mich selber verletzen. Und scheiße ja, ich habe Gefühle für ihn, mehr als es erlaubt ist und mehr, als es sein sollte. Und ich kann es nicht leugnen. Es ist jetzt nun mal so, wie es ist. Manchmal habe ich das Gefühl, ich könnte ohne Leon nicht mal richtig atmen, weil mir eine Abwesenheit die Luft abschnürt. So wie jetzt gerade.

Müde von den Ereignissen schleppe ich mich nach oben ins Badezimmer. Mein Spiegelbild sind genauso elend aus, wie ich mich fühle und die Augenringe unter meinen Augen werden immer tiefer. Seufzend wasche ich mir das Gesicht und mache mich bettfertig. Matt sollte auch bald wieder nach Hause kommen und dann will ich auf jeden Fall schon schlafe, damit er mir keine Fragen stellt.

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Genauso energielos und demotiviert wache ich auch auf. Ich sehe nach links, Matt ist schon aufgestanden, denn sein Bett ist schon gemacht und ich höre ihn unten in der Küche. Schwerfällig stehe ich auf und bewege mich ins Bad. Nachdem ich mich fertiggemacht habe, gehe ich nach unten, wo Matt schon mit dem Frühstück auf mich wartet. "Guten Morgen." sage ich und setze mich zu ihm. "Guten Morgen. Wie hast du geschlafen?" fragt Matt und lächelt mich lieb an. "Ganz okay. Wann bist du gestern wiedergekommen?"

"Gegen halb 3. Ich habe mit Christian einen Deal ausgehandelt. Wenn alles so bleibt, wie im Moment, dann kann Christian im Sommer mit Leon Goretzka verlängern." erzählt Matt und nimmt einen Schluck aus seiner Tasse. "Mit Leon Goretzka?" frage ich verwirrt. "Ja, du hast ihn doch gestern Abend auch gesehen. Wir haben uns doch mit ihm unterhalten." "Hmm." ich wollte eigentlich nicht wieder so schnell an ihn erinnert werden, aber das weiß Matt ja nicht.

"Wir haben heute viel vor." sagt Matt. "Ach ja? Was denn?" frage ich ihn und nippe an meinem Kaffee. "Wir werden heute shoppen gehen. Ich kaufe dir was du willst. Und danach habe ich gedacht, könnten wir einen Spaziergang durch den Hofgarten machen." Matt sieht mich scheinbar nachfragend an, als wolle er die Bestätigung haben, dass sein Vorschlag in Ordnung sei. Ich nicke. "Ja, warum nicht?"

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Wenig später sitze ich neben Matt im Auto und betrachte die Häuser und Menschen, die an mir vorbeiziehen. Ich trage schickere Kleidung, Matt hat früher immer gesagt, wir leben auf dem Präsentierteller und deswegen sollten wir uns ständig von unserer besten Seite zeigen. Ich denke daran zurück, wie ich mit Leon nach England geflogen bin. Dort musste ich mich nicht ständig im Spiegel überprüfen und darauf achten, was ich trage.

Tatsächlich war es mit Leon irgendwie entspannter und lockerer. Ich konnte mich fallen lassen und war nicht immer darauf bedacht, dass mich jemand in Schlabberklamotten sehen könnte. Als der Wagen hält, bemerke ich, dass wir bereits in der Innenstadt angekommen sind. Ich war wohl zu tief in Gedanken.

"Wo willst du zuerst hin?" fragt mich Matt als wir das Parkhaus verlassen. "Weiß nicht, wie wäre es, wenn wir auf die Kö gehen?" schlage ich vor. Matt nickt, nimmt meine Hand und verschränkt unsere Finger miteinander. Dann lächelt er mich an und wir machen uns auf den Weg zu der Edelkaufmeile, die nur wenige Minuten entfernt ist. Während ich versuche einfach nur Leon aus meinen Gedanken zu verbannen.

"Hallo! Schön, dass Sie uns mit Ihrer Anwesenheit beehren. Suchen Sie etwas Bestimmtes?" eine schlanke Frau mit einer strengen Frisur und einem viel zu breiten Lächeln kommt auf mich zu. Als sie uns erreicht guckt sie aber wider Erwarten nicht mich an, sondern Matt und schenkt ihm ein strahlendes Lächeln. Augenverdrehend nehme ich zur Kenntnis, dass Matt dieses Lächeln erwidert. Ich will mich schon abwenden, aber da hält Matt mich fest. "Ich bin mit meiner Frau hier." erklärt er der Verkäuferin. "Und ich werde ihr heute alles kaufen, was sie möchte."

prisoned - LG8 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt