59 - Leon

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Heute ist der Tag, den ich so fürchte. Niemals hätte ich gedacht, dass ich so nervös sein könnte. Aber ich lag bereits die ganze Nacht wach und habe kein Auge zugemacht. Als ich aufgestanden bin, habe ich vor Aufregung nichts essen können. Und eigentlich müsste ich heute zum Training gehen, aber ich fühle mich einfach nicht danach. Es ist, als sei mir speiübel und schwindelig zugleich.

Nervös gehe ich im Wohnzimmer wieder auf und ab. Ich habe nichts von Sam gehört. Nicht einmal, ob sie den Brief erhalten hat. Gar nichts. Und heute ist ihr Abreisetermin. Wenn sie den Brief nicht mal bekommen hat, dann war alles umsonst und Sam weiß gar nicht, wie ich darüber denke und was ich für sie empfinde. Sollte sie also den Brief niemals in die Hände bekommen, dann kann ich jegliche Hoffnungen gleich begraben.

Ich checke mein Handy zum zehntausendsten Mal. Aber der einzige, der mir geschrieben hat, war Max. Ich kann mir jetzt nicht sein neustes Video bei dem Katzenbabys wrestlen angucken. Ich habe weitaus größere Sorgen im Moment. Enttäuscht stecke ich mein Handy wieder ein.

Sam, warum hast du dich nicht bei mir gemeldet? Nicht einmal ein Abschied oder ein Lebenszeichen. Ein Zeichen, dass du den Brief gelesen hast?!

Wenn der Tag heute vorbei ist und ich nichts von Sam gehört habe, unterschreibe ich morgen den Vertrag in London. Ich kann mir noch gar nicht richtig vorstellen, was das überhaupt heißt. Die Reichweite meiner Entscheidung ist mir noch nicht vollends bewusst, aber es ist keine Impulshandlung. Ich bin mir darüber im Klaren, was es heißt zu wechseln. Aber ich kann mir nicht ausmalen, was das alle bedeutet.

Ich sehe abermals auf die Uhr. Wir haben es 12 Uhr. Das Training geht bereits in einer halben Stunde los und ich sitze immer noch in Jogginghose und Pulli auf dem Sofa. An das Training kann ich aber keinen Gedanken verschwenden. Viel zu sehr nimmt Sam meine Gedanken ein. Kurzerhand nehme ich mein Handy und schreibe Max, dass ich nicht zum Training komme. Er wird mich plausibel entschuldigen, immerhin weiß er ja um die Umstände Bescheid.

Nachdem das erledigt ist, stehe ich auf und schalte den Fernseher ein. Ein wenig Ablenkung muss her. Ich schalte durch die Kanäle und bleibe bei einem Kanal hängen, der gerade Nachrichten bringt. "Nun zu unseren aktuellen Prominews. Matt Dawson bereits am Flughafen gesichtet. Der Geschäftsmann steht kurz vor dem Umzug nach Amerika. Augenzeugen sahen Dawson heute Morgen am Flughafen in Düsseldorf. Dort beaufsichtigte der 25-jährige das Verladen seines Gepäcks. Seine Frau Samantha hingegen wurde noch nicht am Flughafen gesichtet. Ein Insider verriet allerdings, dass sie sich bereits auf dem Weg zum Flughafen befindet."

Bilder vom Flughafen werden eingespielt. Man sieht Menschen, die abertausende Koffer in einen Privatjet laden und Matt, wie er telefonierend daneben steht. Mir wird schlecht. Jetzt ist es also real. Heute ist es soweit. Bis jetzt habe ich immer gehofft, dass dieser Fall nicht eintritt und Sam sich doch für mich entscheidet, aber diese Hoffnung kann ich jetzt wohl begraben.

Es tut weh, vielleicht noch mehr, als es bei unserer ersten Trennung weh tat. Ich habe meine Gefühle einfach nicht mehr unter Kontrolle und ich will das alles auch nicht mehr in mich hineinfressen. Tränen laufen mir über die Wangen und ich mache mir gar nicht mehr die Mühe, sie wegzuwischen.

"Ah, wir bekommen gerade ein Update herein. Samantha Dawson ist vor wenigen Minuten am Düsseldorfer Flughafen eingetroffen. Man sah sie, wie sie ihren Wagen auf dem Privatparkplatz des Hangars parkte. Lächelnd verließ sie den Wagen und ging zu ihrem Mann. Danach zogen sich die beiden zurück, was bedeutet, dass sich ihre Abreise wohl noch verschieben wird."

Jetzt ist Sam da. Und anscheinend ist sie glücklich. Mein Herz bricht. Was habe ich auch erwartet? Dass sie ihre Ehe und alles andere einfach über Bord wirft?! Wie naiv bin ich denn? Ich raufe mir die Haare.

prisoned - LG8 | jmjmmnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt