One Day There Was You

*4*

Trevor

Viel zu oft habe ich in den vergangenen Wochen bei Leo geschlafen. Mom hat gestern Abend schon sehr skeptisch geschaut, als ich wieder gegangen bin. Ich glaube, dass sie bald anstrengend wird und mich ausfragen wird. Doch im Moment vertreibe ich die Gedanken und kuschle ich mich einfach wieder an Leo. Ja, ich gebe es zu. Ich kuschle mit ihm und es fühlt sich so herrlich gut an. Da hält sogar meine hinterhältige Stimme die Klappe, daran könnte ich mich glatt gewöhnen. Einfach nur schön. Schön ist auch, dass wir heute ausschlafen können.

Wenn ich hier war, bin ich wirklich nur ein paar Minuten nach ihm aufgestanden. Für mich muss wenigstens die sechs vorne auf dem Wecker stehen, sonst bekomme ich meinen müden Hintern wirklich nicht aus dem Bett. Kurz vor sechs aufstehen ist böse, doch Leo scheint das jeden Morgen zu machen und ist dann auch noch gut gelaunt. Das ist mir ein Rätsel.

Bryan und Kelsey haben in den letzten Tagen schon aufgegeben zu fragen, was ich mir jeden Morgen reinpfeife, weil ich in den letzten beiden Woche nur einen Tag zu spät kam und dann auch nur für zwei Sekunden und nicht wie üblich bis zu zwanzig Minuten, nachdem die Vorlesung begonnen hat. Der dunkelhaarige Kerl, der gerade versucht sein Gesicht in meiner Halsbeuge zu verstecken, scheint irgendwie einen guten Einfluss auf mich zu haben.

„Leo! Mein Lieblingsbruder. Leo!", tönt Megan's Stimme durch die Wohnung. Ich war gerade wieder eingeschlafen. Das ist nicht ihr Ernst. Was will sie? Es ist noch früh. Grummelnd steht Leo auf und zieht die Schiebetür zum Schlafzimmer zu, bis auf einen kleinen Spalt, damit ich liegen bleiben kann. Für die kleine Hexe wäre ich auch nicht freiwillig aufgestanden und was überziehen werde ich mir auch nicht. Leo hat schließlich auch nur eine Boxer an.

„Leo... Habe ich dich geweckt?", sie klingt recht verwundert. Es gibt eben auch Leute, die am Wochenende ausschlafen wollen und nicht aus dem Bett fallen. Habe ich zumindest gehört.
„Überhaupt nicht", grummelt er verhalten. Geräuschvoll drehe ich mich auf den Bauch, ziehe mir sein Kissen ran und versuche durch den Spalt der Tür zu schielen. Das Kissen riecht so gut nach ihm, dass ich es mir mitnehmen werde. Ach, das wäre doch albern. Hab schließlich schon einen Pulli von ihm, dafür fliegt hier auch ein Shirt oder sowas von mir rum.
„Bist du alleine?", flüstert sie kaum hörbar und scheint immer noch im Hausflur zu stehen.
„Nein. Wenn es nicht verdammt wichtig ist, verschwinde einfach", gibt er endgültig genervt von sich, doch seine Schwester scheint nicht locker zu lassen. Wahre Liebe unter Geschwistern.

Durch den Spalt sehe ich, wie eine kleine Gestalt in die Wohnung huscht, bevor er sie erneut ermahnen kann zu gehen. Es wird wohl nichts mehr mit kuscheln. Verdammtes Gör.
„Megan. Zieh Leine!", pfeift er sie an.
„Mama sagt, ich soll heute bei dir bleiben. Sie muss irgendwo hin und will mich nicht alleine lassen", höre ich es weiter aus dem Wohnzimmer.

Nein! Sie wird mir nicht den ganzen Tag auf die Nerven gehen, das kann sie vergessen. Ich werde diese Kind aussetzten. Ich kann keine Kinder leiden. Vor allem nicht in dem Alter, da sind sie besonders anstrengend.

„Hätte man mir nicht vorher Bescheid sagen können?", knurrt Leo ungehalten und steht genau vor der Schlafzimmertür. Entweder werde ich jetzt rausgeschmissen oder er versucht mich zu überreden hier zu bleiben, damit er sie nicht alleine ertragen muss. Die Antwort kann ich leider nicht hören. Innerlich schicke ich ein kurzes Stoßgebet, dass es nicht so schlimm wird.

„Mach wenigstens Frühstück", kommandiert er seine Schwester durch die Gegend und liegt zwei Sekunden später wieder neben mir. Etwas entschuldigend schaut er mich an, während er mir vorsichtig eine Strähne aus der Stirn streicht. Manchmal hat es den Anschein, als würde er einen Grund suchen, mich so liebevoll berühren zu dürfen. Meistens hängt mir eine Strähne in der Stirn oder ganz zufällig greifen wir nach dem selben Gegenstand. Als würde ich wegrennen, wenn er sich anders verhalten würde, auch wenn diese kleinen Gesten echt schön sind.