Leo
Diesen schlafenden Kerl zu wecken, wenn er seinen Wecker nicht hört, ist wirklich eine Herausforderung. Mittlerweile klingelt dieser seit fast zwanzig Minuten und er schläft immer noch wie ein Stein. Er kann mir nicht erzählen, dass es an dem Wein liegen muss, denn ich bin schließlich aufgestanden und hatte genauso viel wie er. Ich gebe ihm einfach noch ein paar Minuten und wecke ihn erst dann. So habe ich Zeit mich in Ruhe fertig zu machen, ohne das ein murrender Trevor durch die Wohnung tapst. Wie er es morgens schafft sich das T-Shirt richtig herum anzuziehen, ist mir auch ein wahres Rätsel.
Jetzt hat er über eine halbe Stunde länger geschlafen, als er eigentlich wollte, ich muss ihn einfach wecken, sonst steht er nie auf. Würde er nächste Woche die Klausur nicht schreiben, dann würde ich ihn auch einfach schlafen lassen, aber er muss sich auch darauf vorbereiten und deswegen muss jetzt sein heißer Hintern aus dem Bett.
Mit Schwung lasse ich mich auf ihn fallen und fange zärtlich an seinen Hals zu küssen. Schnell höre ich ihn grummeln.
„Lass das. Der Wecker hat doch noch nicht geklingelt", brummt er und versucht mich von sich runter zu schieben, was ihm irgendwie nicht so ganz gelingt, weil er sich dafür doch etwas bewegen müsste.
„Der hat schon vor einer halben Stunde geklingelt, aber du hast ihn ignoriert." Kann ich als diese Antwort nur zurückgeben und fange an zu lachen.Als ich aufstehe, merke ich wie er mich schon wieder so verwundert anguckt, dass ich bereits angezogen bin. Oft scheint er jedoch auch nur zu überlegen, weshalb ich auf Arbeit immer ein Hemd anhabe. Wenn ich mir schon bei manchen Azubis denke, ob sie mich verarschen wollen, wenn sie manchmal mit einem fast bauchfreien Top oder einen Ausschnitt bis zum Bauchnabel antanzen, das gilt übrigens nicht nur für Mädchen, dann kann ich ja schlecht genauso rumlaufen. Außerdem kann man ruhig mal ein gutes Hemd anziehen, sieht zudem auch noch schick aus.
„Das hätte ich doch gehört", murmelt Trevor als er sich angezogen zu mir in die Küche begibt und sich seinen ersten Kaffee einflößt. Ich muss einfach blöd lächeln, als ich bemerke, dass er sich einen meiner Pullis übergezogen hat. Von mir aus kann er das ruhig öfter machen, mir gefällt das.
Auch wenn ich so ein bisschen zu spät komme, bringe ich Trevor dennoch zur Uni, weil ich befürchte, dass er in der S-Bahn einschläft und weiterfährt. Außerdem habe ich genug Überstunden zum Abbummeln und es liegt fast auf meinem Weg und ich verbringe gerne die Zeit mit ihm.
Irgendwie bekomme ich den Eindruck, dass es ihn mit jedem Tag immer weniger interessiert, was andere denken. Ich habe erst vermutet, dass er dafür viel zu lange braucht, deswegen war ich schon überrascht, als er mich mitten in dem Supermarkt geküsst hat und dann meine Hand nicht mehr losgelassen hat. Das fällt mir gerade besonders auf, denn bevor er aussteigt, lehnt er sich zu mir rüber und küsst mich kurz. Trevor scheint es nicht im Geringsten zu stören, wer das gesehen haben könnte und genau deswegen habe ich ein kleines Lächeln im Gesicht als ich weiterfahre.
Das hält solange an bis ich auf Arbeit bin. Als ich Colin, den Azubi, ein paar Minuten später erblicke, vergeht meine gute Laune sehr schnell. Mal sehen ob er sich traut heute wieder zu reden. Gestern hat er kein Wort gesagt, wenn man ihn nicht angesprochen hat. Und ich kann ja so ein Arsch sein und lasse ihn spüren, dass er echt Scheiße gebaut hat. Spätestens wenn er seine Aufgabe für heute sieht und sich dann fragt wie er das machen soll, wird er wieder reden, da er aus Prinzip erstmal nachfragt, bevor er selbst seinen Kopf einschaltet.
Als ich ihn nach der Frühstückspause seine Aufgabe erkläre, er soll doch mal eine Aufstellung der Zugänge des Anlagevermögens machen und dabei eine gewisse Unterteilung vornehmen, schaut er mich an wie ein Auto, versucht es jedoch erstmal selbst. Seinen Versuch beobachte ich ganz entspannt von meinem Platz, da das Büro so gestaltet ist, dass ich dem Azubi über die Schulter gucken kann ohne das er etwas bemerkt. So kann wenigstens keiner mal bei Facebook oder so reinschauen und nur so tun als würde er arbeiten. Das passiert wenn Mama die Büros umräumt.
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One Day There Was You
General FictionTrevor ist mit seinem Leben nicht zufrieden. Es ist langweilig. Er hat keine Freundin. Und es macht auch nicht den Anschein, als würde er in naher Zukunft eine haben. Dafür hat er schon zu lange nichts mehr gefühlt, was Liebe nah kommen könnte. Eige...