"Dad?", fragte Taylor als wir einen Raum betraten, in dem nur eine einzige Person war, die uns den Rücken zukehrte. Der Mann drehte sich um und ich blickte geradewegs in das Gesicht des Mannes, den ich seit dem Todestag meiner Mutter fürchtete und hasste.
"Ah, gut. Du hast sie hergebracht. Hallo Harper, du kennst mich vermutlich nicht, aber ich bin..." Weiter kam ich nicht, denn ich unterbrach ihn hasserfüllt.
"Der Mörder meiner Mutter. Ich weiß."
"Taylor hat es dir also schon erzählt, wie schön, dann weißt du ja schon Bescheid. Aber ich dachte echt nicht, dass du so leicht aufgeben würdest, nur um ein Mädchen zu retten, das du eigentlich gar nicht kennst. Dieser Familiensinn liegt wohl in der Familie. Deine Mutter wollte dich retten, damit du nicht genauso aufwächst, wie deine Schwester Skyler. Was sie nur denken würde, wenn sie dich jetzt sehen würde. Ob sie lieber am Leben geblieben wäre und dich gleich weggegeben hätte? Immerhin ist sie jetzt praktisch grundlos tot, du opferst dich ja immerhin einfach so. Sie wäre sicher enttäuscht von dir. Ich freu mich dafür um so mehr.", antwortete er mir abwertend. Wie konnte er nur? Wie konnte er nur so abwertend und herablassend über meine Mutter reden? Ich schrie und wollte auf ihn losgehen, doch Taylor hielt mich von hinten fest, war wahrscheinlich besser so.
"Rede nicht so über sie! Ich weiß ganz genau, warum sie sterben musste! Ich war dabei, als du sie hast erschießen lassen! Es hat mir das Herz gebrochen! Und sie wäre sicher nicht enttäuscht von mir! Sie wäre eher enttäuscht, wenn ich es nicht tun würde! Du verdammtes Arschloch!", schrie ich ihn an und Tränen flossen über mein Gesicht.
"Und glaub gar nicht, dass ich alles einfach auf mir sitzen lassen würde!", zischte ich ihn an. Taylor zog mich vorsichtig aus dem Raum, nachdem sein Vater ihm einen vielsagenden Blick zu geworfen hatte.
"Harper, ich bring dich jetzt zu Skyler, bitte macht nichts Dummes. Ich hab hier drinnen einen Informanten, wir holen euch so schnell es geht hier wieder raus. Verstanden?", flüsterte er mir ins Ohr und schob mich die ganze Zeit sanft durch das Gebäude. Ich nickte nur als Antwort und versuchte mich irgendwie zu beruhigen, um mit dem Weinen aufzuhören, was aber nicht allzu gut funktionierte. Er führte mich in einen kleinen Raum, in dem es relativ dunkel war, trotzdem konnte ich die Kulisse des Videos erkennen und sah Skyler in der Ecke sitzen.
"Ich hol euch beide hier wieder raus.", sagte er zum Abschied und war sofort wieder verschwunden. Augenblicklich machte ich mich auf den Weg zu Skyler, die in der Ecke kauerte.
"Skyler, es tut mir so Leid, wie geht es dir? Haben sie dich verletzt?", fragte ich sie aufgelöst und betrachtete sie von oben bis unten. Sie warf sich praktisch in meine Arme und fing an zu schluchzen, erst von der Situation überfordert, erwiderte ich die Umarmung nicht und zog sie dann vorsichtig an mich.
"Du kannst dafür nichts, Harper.", schluchzte sie leise und ihre Stimme drohte abzubrechen.
"Skyler, was haben sie mit dir gemacht?"
"Sie haben mir K.O. Tropfen gegeben und mich hierher gebracht, ich bin seit fast einer Woche hier und bekomme kaum etwas zu essen und zu trinken. Geschlagen haben sie mich nicht, aber nichtmal Carter konnte mich hier raus holen, Mr King will dich unbedingt, ihm reicht nicht, dass er nur eine von uns hat.", schluchzte sie in meine Schulter, aber ihre Stimme klang schon wieder sicherer.
"Aber warum bist du hier her gekommen? Du hast dein Leben dadurch einfach weggeworfen.", fragte sie und löste sich von mir.
"Skyler, er hat damit gedroht meine ganze Familie zu töten, einschließlich dir. Das konnte ich nicht zulassen. Ich liebe meine Brüder, meinen Vater und auch dich, obwohl wir uns kaum kennen, zu sehr, dass das nur überhaupt eine Option hätte sein können.", erklärte ich ihr.
"Du bist zu gut. Wie hab ich es bitte verdient, dass ich von dir gerettet werde?"
"Skyler, du gehörst zu meiner Familie und ich würde alle aus meiner Familie retten." Ich zog sie nochmal in eine kurze Umarmung und setzte mich danach neben sie auf den Boden.
"Taylor holt uns hier raus.", meinte ich sicher nach ein paar stillen Sekunden.
"Was macht dich da so sicher?"
"Er hat es mir gesagt, ich vertraue ihm."
"Und das obwohl du drei Wochen nicht mit ihm geredet hast. Er muss dir was bedeuten."
"Ich konnte nicht mit ihm reden, es verletzte mich ihn zu sehen, er erinnert mich immer an seinen Vater und an den Tod unserer Mutter. Skyler, ich war dabei als sie erschossen wurde..."
"Das tut mir Leid, Harper. Das wusste ich nicht." Sie zog mich von der Seite an sich und ich schaute nur mit einem leeren Blick geradeaus.
"Und ja, Taylor bedeutet mir etwas. Ich liebe Taylor."
"Er liebt dich auch Harper, ich hab ihn noch nie so traurig und verletzt gesehen, wie in den letzten Wochen, wo ihr nicht miteinander geredet habt. Dass da jemand sein muss, hatte ich aber schon gemerkt als das Ganze mit euch angefangen hat, er war glücklicher und hat niemanden mehr mit nach Hause gebracht, was Mädchen angeht." Ich musterte sie von der Seite, meinte sie das Ernst? Sie musste es ernst meinen, dann war auch seine Liebeserklärung echt gewesen und nicht nur eine Lüge. Erleichterung und Hoffnung machten sich in mir breit. Taylor wird mich hier rausholen. Er wird uns hier raus holen, daran konnte ich nicht mehr zweifeln.
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Life against Brothers
Teen FictionSieben Brüder. Meine Mutter. Tot. Mein Vater. So gut wie nie zuhause. Mein Leben ist echt nicht schön, meine Brüder lieben mich zwar, nehmen aber lieber in Kauf, dass alle denken, dass ich eine Schlampe bin, als dass sie wissen das ich ihre Schwest...