72

508 11 1
                                    


Ein Tag bis zu Weihnachten und ich stand vor dem Haus von einer liebenden Mutter, die in nur wenigen Sekunden erfahren würde, dass ihre Tochter tot sei.
Ich erkannte, wie sie gerade den Weihnachtsbaum fröhlich schmückte und dabei wahrscheinlich Weihnachtslieder sang.

Ich stand ein wenig abseits mit meinem Wagen und beobachtete die zwei Officer, die gerade auf die Haustür von Mary zu marschierten.
Sie klingelten und kurz darauf öffnete auch schon die besorgte und konfuse Mutter die Tür.
Der Mund der weiblichen Polizistin bewegte sich und kurz darauf brach Mary weinend in sich zusammen.

Es war bestimmt alles andere als leicht diese Nachricht zu bekommen, vor allem bei der guten Beziehung, die Luna zu ihrer Mutter hatte.
Bei ihr brach bestimmt eine Welt zusammen und sie wollte es nicht wahr haben.

Nicht lange stand ich noch dort, sondern fuhr dann mit Vollgas die Straße entlang, damit ich nicht alles mitbekommen musste.
-------------

"Hunter?"

Vivian steckte ihren Kopf behutsam durch den Türspalt zu meinem Büro und wartete auf eine Antwort. Ihre Augen waren wässrig und rot von dem Weinen. Sie trauerte ebenfalls um Luna und das war auch verständlich. Die beiden hatten ein wirklich gutes Verhältnis zueinander.

Sie war extra vorsichtig mit mir seitdem sie es wusste. Provozierte mich nicht, fing keine Streitigkeiten an.
Es erwärmte mir mein Herz, dass sie so mit mir umging, auch wenn es nicht nötig war.

"Was ist?", gab ich ihr teilnahmslos zurück.

"Da ist so ein Kerl an der Tür. Er meinte, sein Name sei Diego Sanchez", teilte sie mir kleinlaut mit.

"Schick ihn hier her", wies ich ihr an und sofort schloss sie wieder die Tür.

Nach einer Minute öffnete sich erneut die Tür, doch diesmal betrat der große Spanier den Raum.
Er hatte eine Umhängetasche um sich und seine Hände waren in seiner Lederjacke.

"Was suchst du hier?"

"Es wurde ihrer Familie mitgeteilt. Sogar ihr Vater wurde benachrichtigt. Es ist überall in den Medien, jedoch nennen sie nicht ihren Namen und zeigen nicht ihr Gesicht."

Nichts, das ich nicht schon wusste.

"Und jetzt sag mir warum du wirklich hier bist", kam von mir monoton, nachdem ich von meinem zwölften Whiskey einen Schluck machte.

Diego nahm seine Hände aus den Taschen und schob sich den Besucherstuhl raus, um darauf Platz zu nehmen.
Fest starrte er mir in die Augen. Es wirkte schon fast gruselig, aber das kann auch daran liegen, dass ich schon einiges intus hatte.

"Um zu besprechen wie es jetzt weiter geht. Wir wissen beide was Sache ist..."

"Ich weiß nicht wovon du redest", gab ich gleichgültig von mir und fiel ihm somit ins Wort.

Er schnaubte und rutschte im Stuhl hin und her, fuhr sich nun durch die etwas längeren Haare.
"Du weißt sehr wohl von was ich rede."

"Ich denke es ist besser, wenn du jetzt gehst", murrte ich mit einem festen Ton, der keinen Widerspruch duldete. Also stand er widerwillig auf und verließ kurz darauf schweigend das Büro.
Die Tür fiel in das Schloss und ich stützte meinen Kopf auf meine Hände.

Wie konnte das alles nur passieren? Wie konnte es nur so weit kommen?
Das Haus fühlte sich so leer ohne sie an. Wann würde sie endlich wieder hier sein?

Viele Fragen schwirrten durch meinen Kopf. Fragen, auf die ich keine Antworten hatte.
Wir hatten nicht mal Hinweise auf den Spitzel. Keine Spur von Philip Oaks.
Wir hatten rein gar nichts.
--------

Behind Broken Eyes✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt