37. Funken

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Nachdenklich saß ich im Garten. Ich hatte meine Beine über Dylans Schoß gelegt und konnte die vorherige Situation mit Thomas nicht aus meinem Kopf bekommen. Es spielte sich dauernd vor meinem geistigen Auge ab, wie in Dauerschleife.

Die kleinen Funken, die von dem Feuer vor uns aufstiegen halfen mir aber auch nicht dabei an etwas anderes zu denken. Aus einem Funken kann aber auch ein ganzes Feuer entstehen.. Willenlos musste ich weiterhin die kleinen glühenden Aschestückchen beim in die Luft fliegen beobachten.

Plötzlich fiel mein Fokus aber auf die Person, die hinter den Funken stand. Thomas beobachtete mich wie ein Adler seine Beute. Er zog seinen linken Mundwinkel etwas höher und trat dann aus meinem Sichtfeld.

Was sollte das? Wieso möchte er mich absichtlich verwirren? Wieso lässt du dich überhaupt verwirren? Viel wichtiger wäre es doch einfach nur auf Dylan zu achten. Dylan. Ich erwachte aus meiner Starre und drehte meinen Kopf zu meinem Freund.

Unwissend blinzelte ich ihm ein paar mal in sein verdutztes Gesicht. "Alles okay mit dir?" Ich nickte. "Klar doch." Unzufrieden zog er seine Augenbrauen zusammen. "Wieso lügst du eigentlich immer so oft, wenn man dich fragt wie es dir geht oder ob alles okay ist?"

Unsicher blickte ich wieder ins Feuer. Dann zuckte ich mit dem Schultern. "Es passiert einfach. Ist so eine Angewohnheit." Ich spürte wie Dylan seinen Kopf schüttelte. "Das sollte es aber nicht sein."

Da ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte starrte ich weiter ausdruckslos in die glühenden Flammen vor uns. Was hätte ich auch daraufhin schon sagen sollen? Dass ich log, weil Thomas mich verwirrte?

Dass ich allgemein log um niemandem das Gefühl zu geben, dass ich mich in deren Gegenwart schlecht fühlte, dabei lag das eigentlich nur an mir? Dass ich es niemandem auf zwängen wollte, das Gefühl zu haben mir helfen zu müssen?

Nein, ich schwieg lieber und ließ ihn sich seine eigene Meinung darüber bilden. Vielleicht fand er eine plausible Antwort und hakte nicht weiter nach. Doch leider irrte ich mich mal wieder in dem Punkt.

Sanft legte Dylan seine Hand auf meinen Knöchel und strich beruhigend mit seinem Daumen über meine Haut. "Ist es wegen der Person in schwarz? Du weißt, dass er oder sie uns hier nichts antun kann."

Ich schüttelte meinen Kopf. Einerseits, weil es nicht das war, was mich bedrückte. Andererseits, weil mir für eine Sekunde eine hawaiianische Version meines persönlichen Folterengels in den Kopf schoss und ich das Bild von einem Blumenkronen tragenden maskierten Kapuzenträger so schnell wie möglich aus meinem Kopf bekommen wollte.

"Ist es wegen Thomas?" Mir stockte der Atem. Was hatte Dylan mitbekommen? "Weißt du, ich habe bemerkt, dass ihr immer häufiger zu zweit in einen Raum geht und streitet. Kennt ihr euch irgendwo her?" hakte er nach.

"Von früher noch. Bevor ich her gezogen bin." sagte ich ausweichend und wagte es immer noch nicht ihn anzuschauen, da ich mir Dylans Wirkung auf mich bewusst war. "Ist da irgendwas zwischen euch passiert?"

Zögernd schüttelte ich den Kopf, wodurch die aufsteigenden Funken vor mir zu glühenden Streifen wurden. "Nichts erwähnenswertes." Ich versuchte nüchtern und emotionslos zu klingen, doch mein Herz raste so schnell, dass ich meine Tonlage nicht wirklich kontrollieren konnte.

Seufzend legte Dylan seine Fingerspitzen an mein Kinn und drehte mein Gesicht zu seinem. Er warf mir einen fürsorglichen Blick zu und musterte meine Augen. "Kannst du mir deshalb nicht in die Augen schauen?"

Schuldig wand ich mich aus seinem Griff. "Es ist kompliziert." antwortete ich statt ihm seine gewollte ehrliche Antwort zu geben. Wieder seufzte er. "Ich dachte wir erzählen uns immer alles."

Traurig schaute ich zu ihm. "Das ist unfair." Dylan musste leicht schmunzeln bei meinem beleidigtem Anblick. "Du verlangst etwas von mir, das du selber nicht einhältst." Verwundert hob Dylan eine Augenbraue an.

"Aber du doch auch oder etwa nicht?" Für einen Moment hielt ich inne. Er hatte recht. Ich hatte von ihm vollkommene Transparenz verlangt, dabei enthielt ich ihm mindestens genau so viel vor. Schuldig blickte ich auf meine Hände.

"Tut mir leid." gab ich räuevoll von mir. "Bist du bescheuert? Wieso entschuldigst du dich denn? Es ist doch normal." Dylans Fingern fanden erneut zu meinem Kinn und drückten mein Gesicht in Richtung des seinen.

"Heißt das ich muss dir das mit Thomas nicht erzählen?" fragte ich verwirrt. Entweder Dylan war ein Magier oder er konnte seine Eifersucht verdammt gut verstecken. "Doch, natürlich will ich wissen was der Bastard gemacht hat." Er grinste belustigt, doch ich konnte jetzt deutlich in seinen Augen sehen, wie eifersüchtig er war.

Doch kein Magier. "Aber du kannst es mir erzählen, wenn du es für richtig und nötig hältst." Sofort verspürte ich ein Kribbeln in mir hoch kommen. Womit hatte ich diesen Jungen nur verdient?

Lächelnd beugte ich mich näher an sein Gesicht und legte meine Lippen sanft auf seine. Und dieser kleine, unschuldige Kuss war mein Versprechen dafür, dass ich Dylan irgendwann die ganze Wahrheit sagen würde. Irgendwann.

Und Dylan wusste das. Er konnte sich auf mich verlassen. Es lag so viel Vertrauen und Bedeutung in diesem Kuss. Vor lauter Gefühlen drohte mein Herz gerade zu implodieren.

"Hey ihr beiden. Kommt ihr? Es ist soweit." unterbrach uns Sean und verschwand dann wie ein aufgescheuchtes Huhn im Haus.

-My Life as Lia- Zusammenleben mit Badboys für AnfängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt