Wiedersehen mit Ed

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„Hi Claire." Ed begrüßte mich mit einem Küsschen auf die Wange. Ich sah ihn besorgt an. Schon wieder wirkte er erschöpft und übermüdet.

„Hey du. Ist alles okay bei dir?"

Er nickte, sein Blick sagte jedoch etwas ganz anderes.

„Komm doch erst mal rein." Ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, das gemeinsame Abendessen heute durchzuziehen? Erst die Horrornachrichten am Mittag und jetzt Ed, der aussah, als müsste er erst mal eine Woche ausschlafen, bevor er wieder lebendiger aussah.

„Hast du vielleicht einen Kaffee für mich? Ich hab nur zwei Stunden geschlafen."

Nun, das erklärte einiges.

Ed ließ sich aufs Sofa fallen und schnappte sich die Fernbedienung. Ergeben ging ich also zuerst mal in die Küche, um ihm einen extrastarken Wachmacher zuzubereiten. Falls er in der Zwischenzeit nicht schon einschlief.

Aber er schaffte es tatsächlich, sich wachzuhalten. Die Tasse nahm er dankbar entgegen. Er klopfte neben sich auf das Sofa. Bis Sanni und Rico kommen wollten, hatten wir noch eine halbe Stunde, also konnte ich mich auch gut ein wenig zu ihm setzen.

Im Fernsehen lief irgendein Fußballspiel, aber er hatte es lautlos gestellt und seine Aufmerksamkeit mir zugewandt.

„Schön, dass du wieder hier bist." Und das meinte ich auch wirklich so. Ich hatte ihn unheimlich vermisst in den letzten Wochen. „Wie waren deine Konzerte?"

Er probierte einen Schluck Kaffee, verzog jedoch den Mund. Zu heiß oder zu stark, wahrscheinlich beides. Dann zuckte er mit den Schultern und sah mich über die Tasse hinweg an. „Die Konzerte waren gut."

Die Betonung seiner Worte brachte mich dazu, weiter nachzufragen. „Und was war nicht gut?"

Er stellte die Tasse auf dem Tisch ab, legte den Arm um meine Schultern und zog mich ein Stück zu sich heran. Da wir sonst nicht so auf Körperkontakt gingen, versteifte ich mich erst ein wenig, entspannte aber nach kurzer Zeit wieder. Es war angenehm, so mit ihm dazusitzen, auch wenn ich ihn jetzt nicht mehr direkt anschauen konnte.

„Was nicht gut war? Eigentlich der ganze Rest. Diese immer gleichen Fragen in den Interviews, die dauernde Warterei auf den nächsten Termin, die langen Fahrten zwischen den Locations, die Kleinigkeiten, um die ich mich auch noch kümmern muss, die ganzen Partys ..." Er brach seine Aufzählung ab, obwohl ich sicher war, dass er damit noch eine Weile hätte fortfahren können.

Ich kicherte in mich hinein. Dann sprach ich mit betont ernster Stimme. „Ja ja, das Leben als Superstar ist kein Zuckerschlecken. Es gibt bestimmt niemanden, der mit dir tauschen möchte."

„Haha", hörte ich ihn nur sagen, doch ich spürte die Vibration seines Körpers. Er lachte auch.

„Und jetzt hast du zwei Tage Pause?"

„Nur einen Tag. Irgendjemand ist auf die blöde Idee gekommen, mich zu einem Kochabend einzuplanen. Dabei kann ich überhaupt nicht kochen." Er grinste, während er das sagte, das konnte ich genau hören. Trotzdem war ich eingeschnappt.

„Du hättest ja nein sagen können."

Ich war sowieso erstaunt gewesen, dass er zugesagt hatte. Vor allem, weil Sannis Cousin ja auch dabei sein würde. Aber als ich ihn bei seinem letzten Besuch gefragt hatte, wollte er nur wissen, ob man Sanni und ihrem Cousin vertrauen konnte.

„Und was hast du morgen vor?" Ich war neugierig. Vielleicht blieb er ja wieder bei mir.

„Weiß noch nicht. Was hast du denn geplant?"

„Ich muss morgen arbeiten", antwortete ich geknickt. Schade, ich hätte gern mit ihm etwas unternommen.

„Ach so, ja, stimmt. Und was würdest du gern unternehmen, wenn du nicht arbeiten müsstest?"

Da fiel mir so einiges ein. „Ich würde gern mal wieder an einen See fahren. Oder ein Picknick machen. Oder irgendwohin, wo man eine schöne Aussicht hat." Ich brach ab. Es brachte ja gar nichts, sich Tagträumen hinzugeben. Noch hatte ich eine Arbeit, also konnte ich nicht einfach machen, was ich wollte.

„Du solltest den Tag morgen vielleicht auch mal nutzen, um dich auszuruhen", riet ich ihm.

Er brauchte eine Weile, bis er antwortete. Aufgrund seiner ruhigen Atemzüge überlegte ich kurz, ob er vielleicht eingeschlafen war.

„Du hast sicher recht", kam dann aber plötzlich doch seine Antwort.

Die nächsten Minuten verbrachten wir schweigend. Ab und zu bewegte sich Ed hinter mir, wenn er seine Tasse nahm. Es war ein angenehmes Gefühl, so hier mit ihm zu sitzen und meinen Gedanken nachzuhängen.

Viel zu früh war die halbe Stunde rum und Sanni und Rico standen vor meiner Tür. Sie hatten zwei Flaschen Wein dabei, wie wir es ausgemacht hatten, die sie mir noch an der Tür in die Hand drückten. Sanni fiel mir wie immer um den Hals, dann gab sie mich frei und Rico stand vor mir. Er wirkte unsicher, also stellte ich mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn locker auf die Wange.  Seine Arme legten sich um meine Taille. Da Sanni uns gespannt beobachtete, ließ ich Rico jedoch schnell wieder los und brachte lieber den Wein in die Küche.

Ed war bei der Begrüßung auf dem Sofa geblieben. Ich war gespannt, wie Sanni heute auf ihn reagieren würde. Sie trat, gefolgt von Rico, ins Wohnzimmer und ging sofort auf Ed zu. Sie streckte ihm die Hand entgegen und er nahm sie, stand jedoch nicht auf.

„Hallo Ed, schön, dich wiederzusehen." Ich hörte das leichte Zittern in ihrer Stimme, aber ich war stolz darauf, wie selbstsicher sie sich gab.

Dann trat Rico auf Ed zu und reichte ihm ebenfalls die Hand. „Hi. Ich bin Rico, Sannis Cousin."

Bei der Erwähnung seines Namens schnellte Eds Blick zu mir, doch er ließ sich nichts weiter anmerken und begrüßte beide.

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt