Veränderungen

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»Ich habe einen Kunden für uns.«

Diese Nachricht war heute Nachmittag auf meinem PC aufgeblinkt. Sanni hatte vielsagend über die Monitore geschaut und sich das triumphierende Grinsen nicht verkneifen können.

Ich war noch immer ziemlich verwirrt vom vergangenen Tag, deshalb konnte ich nicht sofort zuordnen, was das bedeutete. »Was?«, fragte ich flüsternd über unsere Monitore hinweg. Dabei behielt ich die Bürotür von Wichert prüfend im Auge. Doch unser Chef ließ sich heute nicht blicken. Ich war mir nicht mal sicher, ob er sich überhaupt noch in seinem Büro befand. Nachschauen wollte ich aber auch nicht.

Sanni rollte mit den Augen.

»Erzähle ich dir nachher. Kommst du zu mir?«

Ich nickte. Ablenkung würde mir auf jeden Fall gut tun. Ed hatte mir heute schon drei Nachrichten geschickt. Die erste vom Flughafen aus, die zweite nachdem er gelandet war und die dritte vorhin in der Mittagspause. Diesmal hatte er einen Link mitgeschickt, da sie wohl auf irgendeiner Internetseite das Konzert am Abend live im Stream senden wollten. Es war sicher besser für mein Seelenleben, wenn ich mir dieses Konzert zusammen mit Sanni anschauen würde.

Gedankenversunken knabberte ich am Ende meines Bleistiftes. Er war schon ganz zerkaut, dabei hatte ich ihn erst vor einer Woche neu aus der Packung genommen. Auf meinem Schreibtisch türmten sich die Abrechnungen, die ich eigentlich schon gestern fertig gehabt haben müsste. Doch seitdem wir wussten, dass unsere Tage hier in der Personalabteilung gezählt waren, riss sich hier niemand mehr ein Bein aus. Sogar Silvia hatte einen Gang zurückgeschalten. Ich erwischte sie öfter dabei, wie sie im Internet surfte, anstatt zu arbeiten. Doch ich würde sie nicht verpfeifen. Wir saßen ja irgendwie im selben Boot. In letzter Zeit fand ich sie gar nicht mehr so schlimm.

Ich war von Natur aus eher Realist. Über Sannis angeblichen Kunden würde ich mich also erst freuen, wenn ich mich selbst davon überzeugt hatte, dass dieser kein Hirngespinst war. Dennoch war der Gedanke verlockend, diesem Laden bald den Rücken kehren zu können.

Ich ging nach der Arbeit gar nicht erst nach Hause. Dort wartete niemand auf mich. Sanni hatte mich gefragt, ob wir zusammen kochen wollten, also fuhren wir gemeinsam zum Supermarkt, um alles Notwendige einzukaufen. Wir teilten uns auf, damit es schneller ging.

Während ich die Zutaten für den Salat zusammensuchte, hörte ich plötzlich Eds Stimme. Ich erstarrte. Mir war klar, dass es nur eines seiner Lieder war, das für gute und kaufwillige Stimmung im Supermarkt sorgen sollte. Hintergrundmusik. Doch für mich fühlte es sich anders an. Ich schloss die Augen. Mit einer Hand hielt ich mich an der Holzpalette fest, auf der die Salatköpfe gelagert waren. Ich schluckte mehrmals, doch der Kloß in meinem Hals blieb bestehen. Auf einmal meinte ich im Songtext mehr zu hören als sonst. Ich glaubte, mich selbst wiederzuerkennen.

Doch das war Quatsch. Der Song war schon mehr als zwei Jahre alt. Damals hatte Ed in mir nur die kleine Schwester seines besten Freundes gesehen.

»Claire? Alles in Ordnung?«

Ich schlug die Augen auf, zwinkerte ein paar Mal und zwang mich, Sanni anzulächeln. »Alles gut. Mir war nur kurz schwindelig. Geht schon wieder.«

Zum Glück war auch das Lied zu Ende, so dass ich mich schnell wieder gefangen hatte.

Sanni hatte bereits alle anderen Zutaten besorgt. Wir konnten also direkt zur Kasse gehen und von da zu ihr nach Hause.

Sie konnte es kaum erwarten, mir von ihrer Neuigkeit zu erzählen, dennoch hielt sie sich zurück, bis wir gemeinsam in der Küche standen und den Salat und das übrige Gemüse klein schnippelten.

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt