Sanni, die Verräterin

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Die nächsten zwei Tage vergingen überraschend schnell, da Sanni und ich die Feierabende damit verbrachten, ein Konzept für den neuen Kunden zu erstellen und auch die Preise konkret festzulegen. Es war gar nicht so einfach, da wir noch keine Detailinformationen hatten. Der erste Termin sollte erst nächste Woche sein.

Die Kündigung hatten wir gleich am ersten Abend geschrieben, aber noch nicht eingereicht. Das hoben wir uns für den Freitag auf, unser Highlight der Arbeitswoche. Die Vorfreude auf Wicherts Gesicht war so umso schöner. Abwechselnd malten wir uns Szenen aus, wie es ablaufen könnte. Die Ideen wurden immer verrückter, bis nur einer von uns »die Briefe« erwähnen musste und wir brachen in spontanes Lachen aus.

Wir hatten uns gerade von einem weiteren solchen Anfall erholt, als es klingelte. Ich sah überrascht zur Tür. Ich hatte gar keinen Besuch erwartet.

Ich drückte auf den Türöffner und wartete oben mit vorgelegter Türkette auf den Besucher. Sanni stand hinter mir, um im Notfall eingreifen zu können.

Zuerst sah ich rote Haarspitzen, gleich darauf Eds breites Grinsen, als er mit großen Schritten die Treppe hochkam. Bei seinem Anblick begann mein ganzer Körper zu kribbeln und ein Gefühl wie ein Wirbelsturm breitete sich in meiner Brust aus. Mit vor Aufregung zitternden Händen schaffte ich es kaum, die Türkette zu lösen. Sanni musste mir helfen. Dann war es endlich geschafft und ich konnte Ed die letzten Schritte entgegenrennen. Wir fielen uns in die Arme. Ich drückte ihn so fest an mich, dass er stöhnte, doch auch er nahm keine Rücksicht darauf, ob ich noch atmen konnte.

»Ähm, können wir die Wiedersehensfreude vielleicht nach drinnen verlegen?«, hörte ich Sanni fragen. »Oder wollt ihr den Nachbarn eine Show bieten? Wenn ihr Glück habt, können wir uns das dann heute Abend auf Youtube anschauen und auswerten.«

Sannis Worte erzielten ihre gewünschte Wirkung. Wir lösten uns zumindest so lange voneinander, bis Ed sicher in meiner Wohnung angekommen war. Dann legte ich meine Arme erneut um ihn.

»Du bist schon da.« Zugegeben, nicht meine intelligenteste Bemerkung, aber so endorphingeflutet brachte mein Gehirn kaum einen vernünftigen Gedanken zustande. Ich war davon ausgegangen, dass ich ihn frühestens morgen zu Gesicht bekäme. Umso mehr freute ich mich, dass ich ihn jetzt schon wieder hatte.

»Ich habe es keine Minute länger mehr ausgehalten und meinen Flug vorverlegt. Dafür wird heute Abend ein schwedischer Radiosender melden, dass Ed Sheeran leider unter einer Stimmbandentzündung leidet, nichts Ernstes, aber Radiointerviews sind leider momentan nicht möglich.«

Ich drückte ihn noch ein bisschen fester. Ich wusste, wie ernst er seine Verpflichtungen normalerweise nahm. Dass er jetzt für mich einen Termin ausfallen ließ, konnte ich kaum fassen.

»Soll ich gehen?«

Ach ja, Sanni war ja auch noch hier. Ich warf ihr über Eds Schulter einen entschuldigenden Blick zu. »Sorry, Süße. Können wir morgen weitermachen?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Klar.«

Nun besann sich Ed seiner guten Manieren. Er löste sich von mir und gab auch Sanni die Hand. »Und? Was habt ihr Schönes gemacht, während ich weg war? Vom ersten Abend weiß ich ja schon, dass ihr ein Konzert angeschaut habt.«

Ich warf Sanni einen halb drohenden, halb bittenden Blick zu, doch sie ignorierte mich.

»Claire ist hier fast ausgerastet vor Eifersucht.«

War ja klar, dass sie mich gleich verraten musste.

Ed sah verwundert zu mir. »Was? Warum denn?«

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt