Im Pub II

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Ich spürte einen kühlen Luftzug und hörte gleich darauf Gelächter und das Geräusch der zufallenden Tür. Ed versteifte sich kaum merklich. Ich musste mich nicht umdrehen um zu wissen, dass neue Gäste gekommen waren, die durchaus in die Zielgruppe für Eds Musik passten. Doch niemand beachtete uns, so konnte mein Freund sich wieder entspannen.

Mit Todesverachtung stürzte ich den Rest der brennenden Flüssigkeit hinunter, verschluckte mich, hustete und rang nach Luft. Ed klopfte mir auf den Rücken, doch das half nur bedingt. Sein Lachen hingegen machte die Sache eher noch schlimmer. Ich fühlte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. Jetzt hatten wir sicherlich die Aufmerksamkeit aller anwesenden Personen auf uns gezogen.

Als ich wieder zu Atem gekommen war, stand ich entschlossen auf. »Setz dich rüber«, befahl ich, war aber selbst erstaunt, dass Ed meiner Aufforderung ohne Diskussion nachkam. Mit vertauschten Plätzen fühlten wir uns beide sicherer. Ich konnte die ankommenden Gäste im Blick behalten und Ed sah man nur von hinten.

Es kamen immer mehr Gäste. Ed hielt sich an seinem Glas Bier fest und versuchte, sich so wenig wie möglich zu bewegen. Es war deutlich zu erkennen, wie unwohl er sich fühlte. Einige Leute warfen ein paar Blicke zu uns, doch verweilten nicht länger. Wenn jemand etwas genauer schaute, war ich das Ziel ihrer Neugierde, nicht Ed. Vermutlich waren dies hier alles Anwohner oder Leute aus benachbarten Orten, die einander kannten und sich nun über uns Fremde wunderten. Selbst wenn der eine oder andere von ihnen schon einmal von Ed Sheeran gehört hatte, rechneten sie wohl nicht damit, dass er einfach mitten unter ihnen in einem Pub sitzen könnte und normal sein Bier trank.

»Kannst du mir noch einen holen?« Ed schob sein leeres Schnapsglas zu mir rüber. Er sprach gedämpft, so dass ich ihn in dem immer größeren Lärm kaum verstand.

Obwohl ich mich selbst nicht verstand, nahm ich nicht nur seines, sondern auch mein Glas und ging damit zur Theke.

»Bitte noch zwei.«

Die Frau nickte, holte kurzerhand die Flasche vom Regal und schüttete die Gläser wieder voll. Ich konnte das Etikett nicht erkennen, aber es war ein Apfel darauf abgebildet. Vermutlich eine Art Obstbrand. Widerlich.

Dennoch stieß ich zurück am Tisch mit Ed an. »Auf den weiteren ungestörten Verlauf dieses Abends«, sagte ich.

»Hoffen wir's«, murmelte er und stürzte seinen Brand herunter. Ich brauchte auch diesmal länger als er, gewöhnte mich jedoch langsam an das Zeug. Auch wenn es sich den Weg durch die Speiseröhre brannte, verursachte es ein warmes, wohliges Gefühl im Magen.

Ein paar Jungs in Lederjacken, zerrissenen Jeans und ausgelatschten Turnschuhen betraten den Pub und gingen zielstrebig zur Bühne. Einer setzte sich hinters Schlagzeug, die beiden anderen nahmen jeder eine Gitarre in die Hand und platzierten sich hinter die Mikros. Der eine nickte der Frau hinter der Theke zu, klopfte einmal aufs Mikro und räusperte sich, ein Geräusch, das nun vielfach verstärkt durch die Lautsprecher drang. Die Geräusche im Pub verebbten und die Leute drehten sich so, dass sie die Bühne gut im Blick hatten. Ein paar vereinzelte Klatscher oder aufmunternde Rufe waren zu hören, dann begannen die Musiker mit den ersten Gitarrenriffs.

Erschrocken gingen meine Hände wie automatisch zu meinen Ohren, denn die eine Gitarre war fürchterlich übersteuert. Das wurde jedoch recht schnell korrigiert. Von meinem Platz aus konnte ich nicht erkennen, von wem. Mit richtig eingestelltem Sound klang die Band gar nicht mal so schlecht. Sie spielten eine Art Punk-Rock mit Country-Einschlägen. Es war schwer zuzuordnen, jedenfalls für mich. Eds Blick war göttlich. Erst blieb er mit dem Rücken zur Band sitzen, sah aber höchst konzentriert aus. Doch lange hielt er es nicht aus. Er verrenkte sich fast, bei dem Versuch, sich in seiner derzeitigen Position so zu drehen, dass er die Band sehen konnte, dann setzte er sich kurzerhand verkehrt herum auf seinen Stuhl. Ich grinste, als ich sah, wie er mit den Beinen mitwippte und im Takt seine Finger an sein Glas schlug.

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt