Überdenken

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Heute mal nur ein kurzes Zwischenkapitel, dann kommt morgen wieder mehr.

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Ich kam den ganzen Tag nicht richtig rein. Ich war abgelenkt, unkonzentriert, total neben der Spur. Ich saß an meinem Computer und gab mir alle Mühe, so auszusehen, als sei ich wahnsinnig beschäftigt, dabei tippte ich schon den ganzen Morgen in einem Dokument herum, das ich nachher sowieso würde löschen müssen.

Sanni machte die Sache nicht besser, weil sie andauernd Emails mit Informationen zu Ed Sheeran schickte und der Frage, ob dieses oder jenes stimmte, wann das gewesen war, warum und wo. Ich konnte kaum eine ihrer Fragen beantworten und wollte es auch nicht. Das war einer der Gründe, warum ich nie wollte, dass jemand von Ed erfuhr. Jedenfalls niemand, der Fan war.

So kam es, dass in meine düsteren Gedanken an die Zukunft nun dauernd auch noch Ed hereinfunkte oder vielmehr wichtige und unwichtige Informationen über ihn, die ich nicht ausblenden konnte, so sehr ich mir auch Mühe gab. Sanni war wirklich gut informiert, vor allem was die diversen Gerüchte, mit welchen Star und Sternchen er angeblich mal zusammengewesen war. Meines Wissens nach hatte er noch keine längere Beziehung gehabt, genau das sagte ich Sanni auch. Allerdings musste ich auch zugeben, dass ich da nicht so informiert war, vor allem weil er manchmal monatelang unterwegs war und ich in dieser Zeit nichts von ihm gehört hatte.

Außer dass mich Sannis ständige Fragen nervten, störte es mich blöderweise auch, von Eds ganzen Frauengeschichten zu hören. Ich meine, ich wusste ja, dass er dem weiblichen Geschlecht nicht abgeneigt war, aber bisher dachte ich immer, er beließe es bei den kurzen Abenteuern mit irgendwelchen Fans oder Gelegenheitsbekanntschaften. Von solchen wusste aber wiederum Sanni nichts, also führte ich das nicht weiter aus.

»Hör mal, ich weiß echt nichts darüber und möchte mich ehrlichgesagt auch gar nicht damit beschäftigen«, schrieb ich ihr zum bestimmt zehnten Mal. Aber heute war sie gar nicht zu stoppen.

Deshalb verzog ich mich in der Mittagspause nach langem mal wieder alleine. Ich beeilte mich extra, vor Sanni fertig zu werden, damit sie nicht mitbekam, wo ich hinging. Wenigstens eine Stunde lang wollte ich mal nicht über meinen Kumpel nachdenken, sondern über meine Zukunft.

In zwei Wochen hatte ich eine Woche Urlaub, danach blieben mir noch drei Resturlaubstage bis mein Vertrag in knapp zwei Monaten auslaufen würde. Es wurde langsam Zeit, mir zu überlegen, was ich danach tun wollte. Wollte ich weiterhin im Personalbüro arbeiten? Viel Spaß machte es mir nicht. Aber man verdiente damit Geld, das war leider essentiell. Sanni hatte meine Überlegungen vorhin einfach abgetan und gesagt, ich müsste mir ja keine Sorgen machen, da ich ja einen der reichsten Männer der Welt zum Freund hätte. Was stellte sie sich vor? Dass Ed mich aushielt? Selbst wenn er mir tatsächlich helfen würde, woran ich nicht mal zweifelte, wollte ich das nicht. Das käme mir noch viel schäbiger vor als von Sozialhilfe zu leben.

Als die Stunde vorbei war, hatte ich mit mir selbst vereinbart, dass ich die Zeit bis zu meinem Urlaub dafür nutzen würde, meine Bewerbungsunterlagen auf den neuesten Stand zu bringen und mich umzuschauen und direkt nach dem Urlaub dann die Bewerbungen losschicken würde.

»Hey, wo warst du denn? Wir wollten doch heute zusammen zu Subway«, empfing mich Sanni noch vor der Tür.

Ich zuckte mit den Schultern und ging an ihr vorbei hinein. »Ach so? Hab ich vergessen, sorry. Wir gehen morgen.«

»Okay«, hörte ich sie sagen. Zum Glück war sie nicht nachtragend.

Der Tag zog sich endlos, doch irgendwann konnte ich den Computer runterfahren, meine Tasche einpacken und gehen. Diesmal beeilte sich Sanni, um mit mir mitzukommen. Da wir so nah beieinander wohnten, fuhren wir meistens gemeinsam nach Hause. Heute wäre ich lieber alleine gewesen, doch ich wollte sie auch nicht vor den Kopf stoßen.

»Wollen wir mal wieder was zusammen unternehmen? Also zu viert? Mit Rico und Ed?«

»Ed ist die nächste Zeit unterwegs, mit dem musst du nicht rechnen«, antwortete ich schroff.

Sie hob entschuldigend die Arme. »Schon gut, war ja nur so eine Idee. Wir können auch zu dritt gehen. Oder willst du lieber alleine mit Rico ...?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein nein, schon gut, wir können ruhig zu dritt weggehen.«

Seit dem Kochabend waren meine Gefühle für Rico ziemlich abgekühlt. Ich konnte noch nicht mal genau benennen, warum das so war. Klar, ich fand ihn noch immer ziemlich nett und so. Aber da war kein Kribbeln in meinem Bauch, wenn ich an ihn dachte. Und wann immer ich mir sein Gesicht und seine braunen Augen vorzustellen versuchte, schoben sich blau-graue Augen dazwischen. Ich verstand mich selbst nicht.



Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt