Hast du diese Frauen gesehen?

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Die Straße vor dem Hilton Hotel war total zugeparkt. Sanni hielt in der zweiten Reihe direkt vor dem Haupteingang. Sie beugte sich noch einmal zu mir rüber, wünschte mir viel Spaß, erinnerte mich daran, nach potenziellen Kunden Ausschau zu halten und scheute mich dann raus.

Der Weg zum Eingang kam mir ziemlich lang vor. Hätte Sanni nicht gewartet, bis ich durch die gläserne Eingangstür getreten war, wäre ich vermutlich wieder umgekehrt. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass mich jeder anstarrte. Doch das war natürlich Blödsinn. Schon in der Eingangshalle traf ich auf eine Gruppe Frauen, die allesamt aufregender aussahen als ich. Wenn jemand Blicke auf sich zog, dann sie. Ich reihte mich unauffällig hinter ihnen ein. So konnte ich beobachten, wie sie dem grimmig aussehenden Mann in schwarzem Anzug ihre Einladungen zeigten und abwarteten, bis er alles sorgsam geprüft hatte. Als ich an der Reihe war, konnte ich so tun, als hätte ich das schon tausend Mal gemacht.

Ich schluckte nervös, als er in seinem Monitor nach meinem Namen suchte. Warum brauchte er dafür so lang? War etwas nicht in Ordnung? Er sah mich prüfend an. Ich versteifte mich unwillkürlich, zwang mich aber zu einem Lächeln. Dann endlich winkte er mich durch. Ich wäre fast gestolpert, weil ich nicht mehr an die verdammten Schuhe gedacht hatte, als ich einen großen Schritt vorwärts tat.

Um in den Festsaal zu gelangen, musste ich durch einen dicken Vorhang treten. Direkt dahinter empfing mich eine Geräuschkulisse, die mir ohrenbetäubend vorkam. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber nicht das, was sich mir hier bot. In diesem Raum hielten sich unzählige Menschen auf. Sie standen mitten im Raum in Grüppchen, saßen an den verstreuten, runden Tischen, drängelten sich an der Bar oder flanierten über eine Balustrade, die sich um den gesamten Raum zog. Wie sollte ich Ed hier drin nur finden?

Das einzig Positive an den anwesenden Massen war, dass mich niemand beachtete. Ich beschloss, strategisch vorzugehen und mir einen erhöhten Platz zu suchen, von dem aus ich die Menge überblicken konnte und an dem ich auch gesehen wurde. Weiter hinten sah ich eine Treppe, über die man auf die Balustrade gelangen konnte. Die Treppe war relativ menschenleer und somit ideal für mein Vorhaben. Entschlossen drängte ich mich durch die Menge, dabei murmelte ich am laufenden Band Entschuldigungen.

Es dauerte verhältnismäßig lange, bis ich an der Treppe angekommen war. Ich überschlug, dass sich mindestens achthundert Menschen in diesem Raum aufhalten mussten. Und alle schienen sich irgendwie zu kennen. Jedenfalls hatte ich auf meinem Weg hierher viele »Hallo«s und »Wie geht es dir« gehört.

Von meinem neuen Aussichtspunkt aus entdeckte ich das Buffet, das in einem Nebenzimmer aufgebaut war. Dort drinnen war noch wesentlich mehr Platz, anscheinend war das Buffet noch nicht eröffnet. Die Bar rechts von mir war überfüllt. Ansonsten hätte ich mir sicher etwas zu trinken geholt. Meine Kehle war wie ausgetrocknet. Außerdem fand ich es ziemlich warm und stickig hier drin. Ich würde in kürzester Zeit durchgeschwitzt sein.

Ich ließ meinen Blick in alle Ecken des riesigen Raumes schweifen, konnte Eds roten Haarschopf jedoch nirgendwo erkennen. Erst nach zehn ziemlich frustrierenden Minuten kam ich auf die Idee, mein Handy aus der kleinen Handtasche zu holen. Sanni hatte mir die Handtasche aufgenötigt und ich war ihr dankbar. So hatte ich wenigstens mein Handy und ein Minimum an Schminkutensilien bei mir. Außerdem ein Päckchen Taschentücher, damit konnte ich mir notfalls den Schweiß abtupfen.

Ed hatte tatsächlich schon zweimal versucht anzurufen und eine Nachricht geschickt.

»Wo bist du?«

Erleichtert tippte ich meine Antwort. »Ich stehe auf der Treppe im großen Saal und versuche, dich zu finden. Wo bist du?«

Ich sah, wie die Nachricht ihn erreichte. Bestimmt würde er gleich zu mir kommen.

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt