Der Großkunde

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Wir hatten noch ausführlich über alles geredet. Die Gala, die Kündigung, den neuen Kunden und vor allem diese aufdringlichen Reporter. Bei Sanni zuhause, wo ich weit weg von allem war, legte sich meine Aufregung bald wieder und ich war in der Lage, die Situation objektiver zu beurteilen. Am Ende hatte sie mich dann soweit, dass ich wieder voller Zuversicht in die Zukunft blicken konnte. In eine schöne, aufregende Zukunft mit eigener Firma und einem wahnsinnig tollen, liebenden und vor allem treuen Freund.

Schon gegen halb zehn waren wir beide so müde gewesen, dass wir uns nur noch gegenseitig angähnten. Also verlegten wir unsere Gesprächsrunde kurzerhand in Sannis Schlafzimmer. Schlafen wollte ich dann im Wohnzimmer auf der Couch, aber es war einfach bequemer, wenn wir beide in Schlafklamotten in ihrem Bett lagen, während wir quatschten. Es kam, wie es kommen musste, wir waren nicht mal eine Viertelstunde später eingeschlafen, nachdem wir uns gerade noch gegenseitig versichert hatten, dass wir nur mal kurz die Augen schließen wollten.

Ich erwachte ausgeruht und optimistisch. Ich hatte nicht geträumt, also nahm ich an, dass mein Gehirn die Ereignisse schon im Gespräch mit Sanni verarbeitet hatte.

Heute stand das zweite Gespräch mit der Künstleragentur an. Und für den Abend hatte Ed ja noch eine Überraschung angekündigt. Ich war gespannt, was er sich ausgedacht hatte. Manchmal konnte er durchaus romantisch sein, das hatte er mir schon mehr als einmal bewiesen. Ihm war aber durchaus auch zuzutrauen, dass er mich mit auf ein Rapkonzert schleppen würde oder dass er einen riesigen Fernseher anbrachte, weil er ein blödes Videospiel spielen wollte, was auf meinem kleinen Fernseher schlecht ging.

Nach einem ausgiebigen Frühstück gingen wir erst einmal shoppen. Durch die Freistellung hatten wir ja genügend Zeit und wir waren einstimmig der Meinung, dass wir für ein Treffen mit dem CEO der Künstleragentur neue Businessoutfits benötigten. Schließlich waren wir jetzt Geschäftsinhaberinnen, nicht mehr nur einfache Personalsachbearbeiterinnen.

Wir hatten viel Spaß beim Einkaufen, hielten uns allerdings auch nicht allzu lange damit auf. Da wir sowieso in der Nähe waren, gingen wir auch gleich noch zum Amt, um unser Unternehmen anzumelden. Die Formulare dazu hatten wir bereits vorbereitet, so dass es trotz ungerechtfertigter Wartezeit insgesamt recht flott ging.

Zur Mittagszeit war unsere Firma auch von offizieller Seite bestätigt und wir gönnten uns unser erstes Geschäftsessen.

Wesentlich entspannter als am Tag zuvor standen wir pünktlich halb drei wieder vor dem schwarzen Tresen, an dem dieselbe junge Dame saß wie gestern. Heute telefonierte sie allerdings nicht, sondern sah uns freundlich entgegen.

»Guten Tag, wir möchten zu Herrn Walter. Er erwartet uns.« Sanni wirkte beeindruckend in ihrem neuen, fliederfarbenen Etuikleid. Ich wusste, dass auch ich in meinem Kostüm einen ziemlich guten Eindruck machte. Die Dame beeilte sich, uns einzutragen und bei Henry Walter anzurufen.

Dann stand Sie auf. »Ich bringe Sie jetzt zu Herrn Walter. Er wartet oben.«

Ich winkte ab. »Machen Sie sich keine Mühe. Wir kennen den Weg.«

Sanni kicherte leise, als wir uns an der verblüfften Dame vorbeigedrängt hatten und dem Aufzug entgegenstrebten.

Henry Walter erwartete uns bereits vor dem Aufzug. Er schüttelte jedem von uns herzlich die Hand und kündigte schon mal an, dass sein Chef uns im Konferenzsaal erwarten würde.

Gespannt folgten wir ihm.

Der Konferenzsaal war offensichtlich nicht die Glaskabine, in der wir gestern gesessen hatten, denn an dieser führte er uns vorbei. Wir blieben vor einer geschlossenen, schmucklosen Holztür stehen.

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt