Wovor hast du Angst?

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Anstatt mir Vorwürfe zu machen, wie ich es erwartet hatte, nahm Sanni mich in den Arm und drückte mich ganz fest. So saßen wir eine ganze Weile da. Sie wiegte mich sanft. Das hatte tatsächlich den Effekt, dass ich mich beruhigte.

Schließlich zogen wir aufs Sofa um. Sanni machte uns erst einmal Tee und goss noch eine gute Portion Rum hinein.

Der Tee schmeckte eklig, wärmte aber nachhaltig, weshalb ich ihn in kleinen Schlucken komplett austrank.

Erst danach fühlte ich mich in der Lage, ihr zu erklären, was passiert war. Sie unterbrach mich nur, um eine Rückfrage zu stellen, wenn sie etwas nicht verstanden hatte. Ansonsten hörte sie sich die Geschichte bis zum Ende an.

»Und dann bin ich zu dir gegangen. Den Rest kennst du.«

Ich wartete ab, erwartete halb, dass sie mir gleich an den Kopf warf, was für eine Idiotin ich doch war. Jedenfalls fühlte ich mich wie eine. Doch sie sagte gar nichts in der Richtung. Nur: »Das ist eine schöne Scheiße.«

Da konnte ich ihr nur zustimmen.

»Na ja, jetzt bleibst du jedenfalls erst mal bei mir und machst genau das, was du vor hattest.«

Ich stutzte und sah sie fragend an. »Was hatte ich denn vor?«

»Na du überlegst dir jetzt mal ganz in Ruhe, was du eigentlich willst. Und unter welchen Bedingungen du Ed und dir eine Chance geben würdest. Denn das hat er verdient nach dem ganzen Hin und Her. Klar, du bist durcheinander. Aber für ihn ist die Situation bestimmt auch nicht so einfach. Immerhin muss ich schon wieder befürchten, dich zu verlieren.«

Sannis Worte trafen mich. Tatsächlich hatte ich bis gerade eben noch nie darüber nachgedacht, wie Ed sich fühlen musste. Ich war ganz schön egoistisch gewesen.

»Weißt du was?« Sanni sah mich an, als wäre ihr gerade die ultimative Lösung für alle Probleme eingefallen. »Ich fahre jetzt zu dir nach Hause und hole dir ein paar Sachen. Dann kannst du dich bei mir häuslich einrichten. Für ein paar Tage oder notfalls Wochen sollte das kein Problem sein.«

Ich wollte protestieren, blieb dann aber still. Es war ein sehr nettes Angebot. Eines, das ich auf keinen Fall ablehnen durfte, denn viele andere Möglichkeiten hatte ich nicht.

Während Sanni sich anzog, bereitete ich mir noch einen Tee zu. Sie umarmte mich zum Abschied und wandte sich schon zum Gehen, doch dann drehte sie sich auf einmal wieder um. »Übrigens habe ich Ed Bescheid gesagt, dass du bei mir bist. Damit er sich keine Sorgen macht." Der Ausdruck in ihrem Gesicht wurde mit einem mal ganz weich. „Er klingt, als ob es ihm genauso beschissen geht wie dir.«

Ich war ihr wirklich dankbar dafür. Eigentlich konnte ich Ed keinen einzigen Vorwurf machen. Er hatte nichts falsch gemacht. All meine Probleme lagen bei mir selbst oder in der Situation verankert. Sobald ihm mal auffiel, wie viel einfacher er es mit einer anderen Frau hätte, würde er mich vermutlich sowieso schnell abservieren. Jedenfalls wäre das das Vernünftigste. Zum Glück zählten vernünftige und durchdachte Entscheidungen nicht gerade zu Eds Stärken. Ich hatte also noch eine Chance, wieder alles geradezubiegen.

So optimistisch ich kurz nach Sannis Weggang noch war, wandelte sich dies mit jeder Minute, die ich allein blieb. Ich überlegte wirklich, was genau zwischen uns eigentlich falsch lief.

Unsere Probleme hatten in dem Moment angefangen, als er mir sein Geheimnis verraten hatte. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte es nie erfahren. Ich hatte die eine Chance dazu vermasselt, als er mich gefragt hatte, ob ich sein Geheimnis wieder vergessen wollte. Ich hätte ja sagen sollen.

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt