Die Versteigerung

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Eine Frau kam und sagte etwas zu Ed, er nickte. Ich sah, wie diese Helena einen Schmollmund zog. Dann besaß sie tatsächlich die Dreistigkeit, Ed links und rechts je ein Küsschen auf die Wange zu hauchen. Er musste etwas dazu gesagt haben, denn sie lachte und warf dabei ihren Kopf in den Nacken.

»Hallo! Erde an Claire. Bist du noch da?«, hörte ich Isabel wie von Ferne sagen. Ich sah Ed nach, bis er aus meinem Sichtfeld verschwand, dann wandte ich mich wieder meiner Tischnachbarin zu.

»Ja, sorry. Ich war mit meinen Gedanken woanders.«

»Das war nicht zu übersehen. Machst du dir Gedanken wegen dieser Helena? Meiner Meinung nach brauchst du das nicht. Die steckst du doch locker in die Tasche. Außerdem sieht auch ein zahnloser Taubstummer, dass er nur Augen für dich hat.« Sie kicherte über ihren eigenen Witz und sah mich vielsagend an.

Ich hörte, was sie sagte, doch es kam nicht bei mir an. Da war diese fiese Stimme in mir viel lauter, die immerzu rief, dass ich nie genug sein würde für jemanden wie Ed. Er war ein Superstar, ich war niemand.

»Komm, wir gehen rüber. Die Versteigerung fängt gleich an.«

Ich nickte und folgte Isabel, obwohl ich mich fühlte, als würde ich neben mir stehen und mir die ganze Situation unbeteiligt ansehen.

Auf dem Weg zurück in den Hauptsaal lief uns Helena über den Weg.

Isabel und sie begrüßten sich herzlich. Jedenfalls auf den ersten Blick. Auf den zweiten wirkte es kalt und einstudiert.

»Hallo Isi. Na, hältst du es immer noch bei dem alten Herrn aus?«

»Hallo Helena. Klar, du weißt doch, mit Männern ist es wie mit Wein, je älter sie werden, desto besser werden sie. Und du? Bist du wieder alleine hier?«

Helena hatte mich bis hierhin behandelt, als ob sie mich gar nicht wahrnehmen würde, doch plötzlich streifte mich ein Blick von ihr. Ich sah sie lächeln. Es wirkte ziemlich böse. »Ich bin zwar allein gekommen, aber ich bin sicher, dass ich nicht alleine gehen werde.« Sie sah mich dabei nicht an, doch ich war mir sicher, dass diese Worte mir allein galten. Falls ich es doch nicht verstanden hätte, fügte sie nun noch hinzu: »Wir wissen doch alle, dass Ed einer heißen Nacht nie abgeneigt ist.« Ihr Gesicht nahm einen träumerischen Ausdruck an, doch der Ausdruck in ihren Augen blieb berechnend. »Und ich muss zugeben, dass es mir schwer fällt, da immer stark zu bleiben. Er ist einfach zu gut im Bett.«

Ich ballte die Hände zu Fäusten und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Ich würde mich nicht provozieren lassen. Vielleicht hatte sie gemerkt, dass die lahme Geschichte von uns als alten Bekannten nicht stimmte und wollte jetzt die Wahrheit aus mir herauskitzeln. Doch darauf konnte sie lange warten.

»Tut mir echt leid, Helena. Ich würde gern noch ein wenig mit dir plaudern, aber wir müssen jetzt weiter.«

Ich bewunderte Isabel, die wahrscheinlich noch ein oder zwei Jahre jünger war als ich, für ihre Gelassenheit. Sie wusste, wie sie sich zu verhalten hatte.

Ohne die Antwort der Blondine abzuwarten, zog Isabel mich weiter. Erst als wir in dem Raum, in dem die Versteigerung stattfinden sollte, angekommen waren, flüsterte sie mir zu: »Helena ist so eine arrogante Zicke und eine Lügnerin doch dazu. Mach dir keinen Kopf. Ich glaube ihr kein Wort. Sie hält sich für die Größte, dabei nimmt niemand sie ernst. Du müsstest Aiden erleben, wenn sie den Fehler macht, ihm ein Gespräch aufzudrängen. Es ist immer so lustig, wie er sie auseinandernimmt und bloßstellt, ohne dass sie es bemerkt.«

Ich fragte mich, ob Isabel uns durchschaut hatte. Ihre Worte ließen darauf schließen. Auf jeden Fall erreichten sie das, was sie bezweckt hatte: Ich beruhigte mich und maß der Szene, die ich vorhin zwischen Ed und Helena beobachtet hatte, nicht mehr so viel Bedeutung zu. Wenn diese Helena dachte, dass sie heute mit Ed nach Hause gehen würde, erwartete sie ein böses Erwachen.

Liebe auf Umwegen || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt