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Am Abend, beim Abendessen, ging es außergewöhnlich ruhig zu. 
Ich sah in strahlende Gesichter, sah gerötete Wangen und leuchtende Augen, vor allem bei den Drittklässlern, für die diese Ausflüge noch etwas ganz besonderes war.
,,Hermine? Da bist du also", vernahm ich plötzlich Harrys Stimme zu meiner Rechten und fuhr herum. 
,,jWo soll ich sonst sein?", erwiderte ich sichtlich erschrocken. Wieso musste er sich auch so anschleichen? Es bescherte mir immer direkt einen Herzinfarkt. 
,,Ron hat dich gesucht, er wollte mit dir reden, warum auch immer. Er wartet im Gemeinschaftsraum auf dich." 

,,Es gibt jetzt Abendessen."-,,Dann verzichte darauf, Ron sollte dir wichtiger sein." 
Tatsächlich schlug mein Herz bei dem Namen Ron ein wenig schneller, aber so offensichtlich wollte ich es nicht machen. Am liebsten wäre ich direkt in den Gemeinschaftraum gestürmt und ihm um den Hals gefallen.
,,Ich habe aber Hunger, was auch immer er mir sagen will, es muss warten können."

Tatsächlich tat es das dann auch- nach dem Essen verzog ich mich in die Bibliothek, dann war ich zu müde und irgendwann vergaß ich tatsächlich darauf.

Es gab in einem Jahr sicher dreihundertfünfzig Tage, an denen nichts, aber auch rein gar nichts geschah und dann waren da die restlichen siebzehn Tage im Jahr, an denen alles andere passierte. Ich kuschelte mich in mein warmes Bett und barg mein Gesicht im Kopfpolster. Ich, das Mädchen, welches normalerweise so nüchtern und realistisch war, erlebte hier tatsächlich gerade eine Liebesgeschichte wie aus einem schlechten Buch.
Apropos Buch. 
Ich drehte mich im Bett um und griff nach dem abgegriffenen Taschenbuch, Spring Affair. Es war eine relativ klischeehafte Geschichte, aber der Schreibstil war wunderschön. Die Autorin bemühte sich sichtlich, bildliche Ausdrücke zu benutzen.

Schon bald war ich in meiner eigenen Welt und vergaß komplett auf die Zeit. 
Es gab Bücher, die ich nicht lesen konnte, denn obwohl sie einen guten Inhalt hatten, doch dann waren da auch kitschige, schnulzige Dinge, die mich mit ihrer Unkompliziertheit in ihren Bann zogen. 
(A/N: Euphoria hören während dem Schreiben- wunderbar. Ich erwarte mir jetzt Rückmeldungen, dass SA das Beschriebene für euch ist! Ok nein, Kritik ist auch jederzeit willkommen, immer her damit!)

Und als ich einschlief, waren meine Träume unzusammenhängend, sie hatten keinen Sinn, aber ich schlief die Nacht durch, mal war da Draco und dann Ron, sie standen in Gärten, da waren Blumen und da war ich, aber sie prügelten sich... da lag ein Mädchen am Boden, sie rührte sich nicht, aus Reflex wusste ich ihren Namen.
,,Linna!" 
Es war schrecklich. Da war irgendetwas an diesem Mädchen... da war etwas an Linna... ich schrie und weinte und Draco weinte, Ron lachte, aber dann war da ein weiteres Mädchen, auch ihren Namen kannte ich, Jean, und Jean stand neben Pansy Parkinson, sie hielt ein Messer an Harrys Kehle. 

Die beiden kämpften, Jean feuerte einen Fluch auf ihn ab, und als er zusammensank, von dem Fluch getroffen, schnitt sie ihm mit einer flüssigen Bewegung die Kehle durch.
Ich wand mich und schrie, brüllte, wieso, wieso, wieso! 

Erst da fand ich heraus, das wir auf Voldemorts Grabhügel standen und in dem Moment, als rotes Blut Harrys Kehle hinabtropfte, wurde der Himmel dunkel, während das pure Böse uns den Atem verschlug, denn da war es, der Teil der Welt, der für Tod, Krankheit und Verderben verantwortlich war. 

Die große Wunde an Harrys Hals sah aus wie ein zweiter Mund, ein blutiger Mund, und er schien zu lächeln, während seine Augen sich nach hinten verdrehten, und er zu Boden ging. Seine Leiche sackte ins vom Blut feuchte Gras.
Er blieb verdreht und fürchterlich verrenkt liegen, während Pansy lachte. Draco, er schrie, er weinte, aber er tat nichts.
Nichts, nicht, als Jean lächelte.
Nicht, als das Blut in der Erde versickerte. Als der Himmel schwarz wurde.

Auch ich konnte mich nicht rühren. 
Ich konnte nur zusehen, wie Jean sich ihre blutbefleckten Hände an dem schwarzen Umhang abwischte und das Messer zu Boden fallen ließ.
Sie sank auf die Knie.
Die Welt atmete für einen Moment ein....und aus, als die Ewigkeit in wenigen Sekunden explodierte.

Im nächsten Moment waren wir nicht mehr alleine auf dem Hügel.
Ich stieß einen spitzen Schrei aus. 
Groß, hager und bleich, so hatte ich ihn in Erinnerung.
Doch nun war er aus seinem erdigen Grab herausgestiegen. Nichts und niemand konnte das wahrhaftige Böse abwenden, am wenigsten ich... Würmer und Maden bedeckten seine Haut, nur Lumpen bekleideten ihn, alle anderen Kleider waren vermodert. 

Die Ausgeburt der Hölle, der leibhaftige Verkünder des Todes und er lebte.

Da war Voldemort und er umarmte Jean...  
Was hatte sie getan?
Wer war sie?
Dann sah sie mich das erste Mal an. Ihr Blick verriet Angst und Furcht und Ekel.
Ich wollte zu ihr gehen, wollte sie umarmen, denn mir wurde bewusst, dass sie ein wichtiger Mensch für mich sein musste, aber ich musste einen Fehler gemacht haben.
Welchen nur?
,,Jean!", brüllte ich, aber das Mädchen drehte sich nicht um.

,,Auf diesen Namen höre ich nicht mehr. Schon lange nicht mehr", erwiderte sie und mir lief ein kalter Schauder den Rücken hinab.

,,Das hast du so gut gemacht, Elladora. Ich bin so stolz auf dich, Pansy hat gute Arbeit geleistet." 

Ich hörte Voldemort nicht zu, alleine der Klang seiner Stimme war der Klang meiner schlimmsten Albträume, ich wollte mir die Ohren zuhalten, nur um ihn nicht mehr hören zu müssen, wollte schreien, noch lauter.
Das konnte nicht wahr sein.
Das war alles nicht real.
Doch ich konnte nicht weg sehen.
Denn was mich am meisten faszinierte, das waren die Augen des Mädchens in seinen Augen, denn...

... es waren meine Augen.

,,Mom", flüsterte sie.

Schreiend fuhr ich in meinem Bett hoch. 
In der Dunkelheit sah ich eine Gestalt, die sich über mein Bett beugte und ich kreischte noch lauter. 
,,Hör auf zu schreien, ich bin es doch nur, Ginny",
 zischte sie und hielt mir den Mund zu. Nur mehr erstickt drangen Laute hervor.

Mit einer Hand fühlte ich meinen Herzschlag.
Er war schnell wie der eines Vogels. Schon im nächsten Moment liefen warme Tränen meine Wangen hinab. Die Rothaarige setzte sich in mein Bett und nahm mich in den Arm.
,,Pssht", 
machte sie beruhigend und wiegte mich herum, 
,,Parvati und Lavender haben mich geholt. Du hast ihnen ganz schön Angst gemacht mit deinem Geschrei." Ich atmete schnell. Immer noch tat alles weh.

,,Ich habe nur schlecht geträumt", flüsterte ich leise und barg mein Gesicht an ihrer warmen Schulter. ,,Das ist mir schon klar, Mine. Willst du darüber reden?"
Schnell schüttelte ich den Kopf.
Bei dem Gedanken, all diese Dinge zu wiederholen, schüttelte mich ein Heulkrampf.

Wieso träumte ich so etwas?
Immer wieder schluchzte ich.
Das konnte doch nicht normal sein. 

Und woher wusste ich so genau, wie Voldemorts Stimme klang? Ich hatte sie noch nie gehört, da war ich mir sicher. In der ersten, zweiten und auch dritten nicht.
Aber instinktiv wusste ich, dass das seine gewesen war, es war die Stimme gewesen, die für mich die Angst verkörperte.

Daher wusste ich auch genau, was ich nun fragen musste.

,,Ginny... wie stehst du zu Wahrsagen?"

Kleines 2K Special :3
ekelhaft, wenn ich sage, dass es sich bei Spring Affair um den ersten Teil einer Triologie handelt?

Spring affair ~ DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt