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Mir war nie aufgefallen, dass das goldene Licht der Kerzen selbst die gröbsten Mäkel vertuschte, aber an diesem Abend bemerkte ich es- vielleicht, weil ich alles anders sah, alles intensiver wahrnahm und komplett in dieser Zeit gefangen war, die selbst die Vergangenheit verschleierte und mir Glücklichkeit vortäuschte.

Ich bemerkte, wie rein die Luft doch war, die ich atmete und dass sie heute angereichert mit dem Geruch nach Essen, Rauch und Champagner war.
Champagner, den wir trinken durften, weil unserer Lehrer uns eine unvergessliche Nacht bereiten wollten.
Es war eine Art Weihnachtsgeschenk der Lehrer.

Heute fiel es mir so leicht, Ron anzulächeln. Der Junge, der mir nichts- aber auch gar nichts!- mehr bedeutete.
Ich genoss seinen überraschten Blick und die unverhohlene Gier. Vor nicht allzu langer Zeit wäre ich errötet und seinem Blick ausgewichen, hätte mich weiterhin versteckt, aber sollte er mich doch angaffen. Wer wusste schon, was er momentan für meinen Mund auf seinem geben würde.

Er hätte mich haben können, aber bei ihm wäre ich nie erblüht.

Ich hätte nie mit einem Menschen fachsimpelt, der meine Gedankengänge verstand und mir half, sie weiterzuführen. Ich wäre immer genervt von seiner beinahe dummen Art gewesen.
Ich wäre nicht diejenige, die ich heute war.
Ich würde denken, dass ich eine Streberin wäre- aber das war ich nicht, denn die Leidenschaft, Dinge zu wissen und seine Gedanken schweifen zu lassen, konnte man wohl kaum als intensives Lernen für gute Noten bezeichnen.

Ohne Draco Malfoy hätten sich viele Dinge nicht geändert.
Endlich hatte ich gelernt, mich so zu akzeptieren, wie ich war, denn er wollte mich so und nicht anders.

Draco Malfoy.
Wenn wir lernten, wollte er mehr wissen und las mit derselben Begeisterung, freute sich genauso sehr wie ich, wenn er etwas begriff. Wenn er ein Date plante, nahm er immer auf mich Rücksicht und überlegte sich etwas Besonderes.

So komisch es auch klang und so ironisch, dass all diese Veränderungen in derart kurzer Zeit eintrafen- wir ergänzten uns auf eine Art und Weise, die ich nie für möglich gehalten hätte.

Ich tanzte und lachte, einfach, weil die goldenen Lichter an diesem Tag alle Ketten sprengten und ich fliegen konnte.
Alles war verschwommen und gleichzeitig so klar, die golden schimmernden Staub-Partikel in der  Luft, die glitzernden Kleider.

Einmal tanzte ich mit Viktor Krum, ließ sogar zu, dass er seine großen Hände in meine Taille legte und mir mit seinem bulgarischen Akzent Komplimente und (kaum) verhohlene Aufforderungen zuflüsterte.
Die Berührung fühlten sich keineswegs schlecht an, im Gegenteil, hätte man mich zuvor noch nie berührt, würde ich mich geborgen und leicht fühlen, aber Dracos Hände waren angenehmer.

Und als ich aus Krums Umarmung gerissen wurde, wurde mir klar, dass mein Freund sehr wohl ein Problem mit dem anderen hatte.
Ich konnte nicht verhindern, dass ich Draco ein strahlendes Lächeln zuwarf. Auf einmal sah er so aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen und umklammerte meine Hand fest, während er mich an sich zog.

,,Hermine...ich...~", flüsterte er, aber ich unterbrach ihn, in dem ich ihm meinen Zeigefinger auf die roten Lippen legte.
Dann knickste ich kurz vor ihm.
Ich sah, wie er schluckte.

,,Würdet Ihr mir einen Tanz schenken, Sir Malfoy?", fragte ich leise und wartete seine Antwort kaum ab, um seine Hand zu nehmen und sie um meine Hüften zu legen.
Sie waren wie immer kühl und angenehm, so erhitzt wie ich bereits war.
Unglaublich.
Alles.

Die Musik passte genau zu meinen Gefühlen- überschwänglich, intensiv, überwältigend. Auch wenn ich zuvor selten bis kaum Tanzunterricht genommen hatte, fiel es mir nicht schwer, mit Draco tanzen.
Was wohl mehr an seinen exzellenten Fähigkeiten als an einem möglichen Talent meinerseits lag, aber zumindest gaben wir ein gutes Paar zusammen ab.

Ich wusste nicht, wie lange wir tanzten. Abe vielleicht spielte Zeit auch keine Rolle, nur unsere Körper, die sich rhythmisch bewegten und sein Lächeln, während seine Hand immer wieder über meinen Rücken fuhr und dann wieder ein Stück hinab.
Mein Freund.
Er war mein und ich würde ihn nicht gehen lassen, niemals. Denn ich liebte ihn.

Doch so sollte er es nicht erfahren, nicht auf diese Art, nicht während wir inmitten einer Masse von Schülern tanzten. Es sollte ein intimes, wunderschönes Liebesgeständnis sein.
Noch während ich überlegte, ob ich ihn denn bitten sollte, mit mir frische Luft zu schnappen oder ob ich noch weiter strahlen sollte.

Irgendwann, vielleicht nach fünf Minuten, vielleicht nach einer halben Stunde, löste sich Draco von mir und presste seine warmen, weichen Lippen auf meine Stirn.
,,Ich hole uns noch etwas zu Trinken, pass auf dich auf, mein Stern."
Ich errötete bei der Anspielung auf den Brief, den er mir nach unseren ersten, unvergessbaren Kuss geschrieben hatte.
Tatsächlich trug ich auch die Ohrringe, waren sie doch ein Zeichen meiner Zugehörigkeit zu dem Blonden.

Mein Körper fühlte sich kalt an, wenn er nicht von Draco berührt wurde. Es war seine Nähe, die mich wärmte und die mich zum Brennen brachte.
Ich war Feuer, er war mein Bändiger, und ich brauchte ihn, um vollkommen zu sein.
Einen letzten Blick konnte ich noch auf ihn erhaschen, dann war er bereits in der Menge der Schüler verschwunden. 

Dann kam Ron.
Ich merkte, dass etwas anders war als sonst, denn die unterschwellige Feindseligkeit, die er mir seit dem Beginn meiner Liasion mit dem Slytherin entgegenbrachte, fehlte.
Stattdessen zierte ein Lächeln seine Lippen, das ich unter anderen Umständen vielleicht sogar als schuldbewusst oder verlegen bezeichnen würde, seine Lippen.

,,Hermine", setzte er zum Reden an, musterte mich einmal, dabei blieb sein Blick für eine Sekunde zu lange an meinem Ausschnitt hängen.
Diese eine Sekunde, die mein Blut zum Wallen brachte.
Sichtlich nervös schluckte er, kannte mich gut genug, um zu wissen, wie sehr ich mich in dieser Sekunde beherrschte.

,,Du siehst gut aus."

Er war nicht der Erste, der mir das sagte. Er würde nicht der Einzige bleiben. Aber erst so, herausgeputzt und mit hübschem Schmuck behängt, bemerkte er mich.
Nicht zuvor.
In dieser Sekunde sah er mich das aller erste Mal als Mädchen.

Jemand stellte sich neben mich, der sich nur wenige Augenblicke als ein gelangweilt aussehender Draco herausstellte, unter dessen Fassade es brodelte.
Seine Hand umfasste meine und ich erwiderte den Druck vorsichtig. Zuvor hatte er die Gläser beiläufig auf einem Tisch neben uns abgestellt, um beide Hände frei zu haben.

,,Weasley, du solltest doch längst bemerkt haben, dass ich sehr possessiv sein kann, wenn es um mein Eigentum geht."
Kalt und ruhig, der Eisprinz von Slytherin. Einer der bekanntesten Magier dieser Schule.

,,Mir ist nicht gut", sagte ich und merkte, wie beide Jungs mich besorgt ansahen, ,,Draco, können wir nach draußen gehen?"
,,Natürlich, Liebling."
Mit diesen Worten führte er mich aus dem Gedränge hinaus in den Schlosshof und ich kam nicht umhin, meiner Schadenfreude in Form eines Lächelns Ausdruck zu verleihen.

Dann musste ich tief durch atmen.
Denn jetzt war der Moment gekommen.

Spring affair ~ DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt