12)

4.3K 248 86
                                    

,,Miss Granger!" 

Alarmiert hob ich den Kopf, als mich Professor Binns Stimme aus meinen Gedanken riss. Wie? Was? 
,,Können Sie mir bitte erklären, wie es zu der Trennung von normalen und Todesfeen kam? Das dürfte für Sie nicht schwer sein, vorausgesetzt, Sie haben die letzten Minuten des Unterrichts besser aufgepasst, als es den Anschein erweckte." 
Verhalten kicherten einige andere Schüler, während ich mir hochrot im Gesicht die Haare aus der Stirn strich. Todesfeen? Normale Feen?

Der Lehrer seufzte nur, statt auf meine Antwort zu warten.
,,Ich sehe schon, Sie haben kein wirkliches Interesse an der Entstehung des Todes", sagte er. Nun, das würde ich so nicht so sehen.
Ich wusste jetzt schon, dass das Mittagessen nicht einfach werden würde.

,,Die späteren Todesfeen waren der Meinung, Menschen und Zauberer hätten nicht das Recht, so wie die Feen ewig zu leben und ließen für jeden geborenen Mensch eine Sanduhr erschaffen, auch für die, die einmal geboren werden sollten. Diese Uhr tickt. Wenn die Zeit verronnen ist, stirbt der Mensch", 
erklärte Professor Binns. Während er dies erzählte, sah er mich nicht direkt an, sondern blickte haarscharf an mir vorbei, als würde er meinem Blick ausweichen. Kaum hatte er ausgesprochen, hatte ich schon mehrere Fragen.
Sofort schoss meine Hand in die Höhe. 

,,Ja, Miss Granger?"  
,,Sind Sie sich sicher, dass es sich hierbei nicht nur um eine Sage handelt?", fragte ich. Oft verschmolzen in Binns Unterricht nämlich Sagen mit Fakten und dann war es wichtig, die Wahrheit herauszufiltern. 
,,Das mit den Uhren mag eine Sage sein, ich hege aber keinen Zweifel daran, dass die Feen einen Bann erschaffen haben, der die Zeit des Lebens begrenzt." 

,,Für jeden Bann gibt es einen Gegen-Bann. Wollen Sie damit sagen, dass auch der Tod rückgängig gemacht werden kann?" 

Der Lehrer musterte mich durch seine dicke Brille streng. 
,,Wenn es solche Verfahren geben würde, würde ich sie Ihnen nicht verraten. Doch sie sind mir nicht bekannt- vorausgesetzt natürlich, es gäbe welche. Weitere Fragen stellen Sie bitte Ihrem Lehrer gegen die dunklen Künste, ein solcher Gegen-Bann fiele nämlich auf jeden Fall in diesen Bereich", sagte er schließlich.
Etwas in mir sträubte sich bei dieser Aussage.
Das war nicht die ganze Wahrheit.
Das konnte nicht die ganze Wahrheit sein. 

Ich verließ die Geschichts-Stunde mit einem unguten Gefühl. 
Neben mir Ron und Harry- sie beide lachten darüber, dass auch ich im Unterricht unaufmerksam sein konnte. 
,,Und wie er dich dann drangenommen hat- zum ersten Mal in deinem Leben wusstest du die Antwort nicht!", kicherte Ron. Insgeheim überdrehte ich die Augen, während Harry mich besorgt musterte.
,,Wirst du krank oder so?", fragte er.

,,Nein, ich denke nicht, ich habe nur schlecht geschlafen. Albträume, wisst ihr?", 
versuchte ich, freundlich zu bleiben, obwohl es mir ziemlich auf die Nerven ging, dass der Rothaarige über mich lachte. So lustig konnte das das doch nicht sein! 
Außerdem kränkte es mich.
Bedeutete das, dass Ron in mir auch nur eine Streberin sah und nicht mehr? 

,,A...aber, dass du- du!- das nicht gewusst hast... Binns hat das mindestens vier mal erzählt, sogar ich wusste das!", japste er und hielt sich übertrieben den Bauch. Wenn Blicke töten könnten, wäre er jetzt auf der Stelle tot umgefallen. 
Naja.
,,Weißt du, dafür bin ich sogar müde normalerweise im Unterricht besser als du, wenn du gelernt hast", gab ich zurück, aber da galt die Aufmerksamkeit der beiden längst etwas anderem, blonden, das sich uns in den Weg gestellt hatte. 

,,Malfoy", grüßte Harry knapp, ,,was willst du?" 
Amüsiert rückte Draco seine Krawatte zurecht und lächelte höhnisch. ,,Ich würde mir gerne Herm...- Granger kurz ausborgen, wenn es nicht allzu sehr stört." 
Er nickte in meine Richtung. 
,,Anhand deines Blickes kann ich erkennen, dass das Wiesel wieder einmal einen Award für Feingefühl bekommen sollte. Komm, wir gehen." 

Mit diesen Worten packte er mich am Arm und zog mich mit sich. 
Mir blieb der Atem weg.
An der Stelle, wo er meine Haut durch das Hemd beinahe berührte, breitete sich ein Kribbeln aus, welches bald meinen ganzen Körper erfüllte. Ich spürte, wie meine Wangen warm wurden, als sie erröteten. 
Mein Blick wanderte von seinem drahtigen Körper zu seinem Gesicht und blieb kurz an seinen vollen, wohlgeformten Lippen hängen, ehe ich ihm in die Augen sah. 

,,Ich habe nicht gesagt, dass ich mitkommen will", 
sagte ich missbilligend. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, während er mich mit grauen Augen so fixierte. Statt einer Antwort schnaubte er nur und zog mich weiter, in Richtung Bibliothek. 
Kurz drehte ich mich um und bemerkte, dass Harry und Ron uns perplex musterten. Voller Genugtuung erwiderte ich Rons fassungslosen Blick. Draco knurrte leise, weshalb ich mich wieder zu ihm wandte und mit ihm weiterrannte. 

Wir mussten ein komisches Bild abgegeben haben- der Slytherin und die Gryffindor, er hielt mich an der Hand.. fast so, als wären wir ein Paar.
Das wäre doch gar nicht schlecht, merkte eine hinterhältige Stimme in mir an, er ist hübsch und Ron wird auf jeden Fall eifersüchtig, wenn du mit ihm gehst. 

Sofort verwarf ich diesen Gedanken.

Erst, als wir um die nächste Ecke gebogen waren, ließ der Blonde meine Hand los, als hätte er sich verbrannt. Sofort verschränkte ich meine Arme und sah ihn missbilligend an. 
,,Findest du das etwa witzig, mich von meinen Freunden wegzuzerren, als würde ich dir gehören?", fragte ich leise. 
Draco lächelte. 
,,So wie du aussahst, hättest du sie umgebracht, wenn ich dich da nicht weggeholt hätte, Kätzchen." Jetzt gab er mir also schon Kosenamen?
Da war wieder jene dumme Stimme in meinem Kopf, der das alles gefiel. 

,,Sie sind meine Freunde und du bist es nicht. Wo ist da also das Problem? Was gibt dir das Recht, dich so zu verhalten?" 
,,Ich habe dir nur geholfen, glaub mir. Das Wiesel ist ungefähr so schlau wie der Klodeckel auf der Jungs-Toilette, der merkt doch gar nicht, dass er dich mit seinem Verhalten verletzt!", gab Draco heftig zurück. 
Oh, so schnell konnte man sich wieder streiten.
,,Was meinst du damit?" 
,,Jeder Blinde sieht, was du für ihn empfindest, aber er lässt kein einziges Fettnäpfchen aus! Macht er das mit Absicht? So bescheuert kann doch nicht einmal er sein!" 

Er fuhr sich durch die Haare. Langsam wurde mir klar, dass er das immer tat, wenn er nervös war. Ich musste ihn wie ein Reh angesehen haben, denn er seufzte leise.
,,Ich kann Menschen sehr gut verstehen, Granger. Und es macht mich fertig, zu sehen, wenn sie leiden. Es macht mich fertig, dich leiden zu sehen." 

,,Aber wieso?", fragte ich. Dracos graue Augen waren voller Gefühle, es war, als würde er sich mir vollkommen öffnen. Erinnerungen, Angst, Kummer.
Dieser Mensch war mehr, als er zu sein schien.

Ich wollte ihn kennen lernen, ich wollte ihn verstehen lernen.

By: rose_jeon

Spring affair ~ DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt