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,,Nein Hermine, nein, vergiss es! Wer weiß, wann wir wieder so eine Chance haben!", schon seit zehn Minuten redete Ginny auf mich ein, jeden meiner Versuche, ihr diese hirnrissige Idee auszureden, überging sie geschickt und sah mich aus großen, braunen Augen treuherzig an.
,,Mine, wer weiß schon, wann wir wieder einen Ball haben werden? Bitte lass mich ein Kleid für dich kaufen, es wird dir auch gefallen und du kannst deine neuen Ohrringe tragen."

Ich wollte ihr widersprechen und ihr klarmachen, dass ich noch nicht einmal gefragt worden war, aber sie wollte das als Antwort nicht gelten lassen.
,,Papperlappap, dein Romeo wird dich sicher fragen und im Notfall gehst du eben mit Krum, so wie dich der immer ansieht."

Die Rothaarige hatte so etwas an sich, sie konnte alles verlangen, was sie wollte und durch ihren betont niedlichen Augenaufschlag fiel es nicht nur den Jungs schwer, ihr zu widerstehen.

,,Ach bitte. Lass uns doch als Freunde einkaufen gehen! Bitte, bitte. Ich verspreche dir auch, dass, wenn wir kein geeignetes Kleid finden, wir wieder gehen und kein Wort mehr darüber verlieren", bettelte sie immer wieder.
,,Lass mich in Ruhe", blockte ich ab, ,,ich will kein Kleid und überhaupt will ich nicht auf diesen bescheuerten Ball."
Aber so wie sie mich ansah, war klar, dass sie diesen Kampf gewonnen hatte. Wann hatte ich ihren großen, braunen Augen, die mich treuherzig musterten, denn schon jemals widerstehen können?

Als ich schließlich seufzte und ihr sagte, dass, wenn sie verspräche, sich zusammenzureißen, ich mit ihr einkaufen ginge, fiel sie mir freudestrahlend in die Arme.
,,Ich verspreche es!", beteuerte sie mit funkelnden Augen.

Dann lief ich in den Unterricht.
Ich hätte Zaubertränke, ein Fach, bei welchem man die Spannungen zwischen den Häusern noch stärker spürte als bei einem Quidditch-Match.
Apropos Quidditch.
Ich hätte Draco versprochen, mit ihm zu fliegen. Im Nachhinein könnte ich mich selbst schlagen. Wie dumm war ich gewesen, durch sanfte Berührungen und Liebkosungen meine Flugangst zu vergessen, die schon fast an einer Phobie grenzte?

Als ich den kühlen Klassenraum betrat, musste ich sofort an einen anderen Raum der Kerker denken und ich lächelte.
Das war vielleicht einer der ersten magischen Momente zwischen Draco und mir gewesen, das erste Mal, dass ich die Schmetterlinge wahrnahm und ich ihn wirklich hatte küssen wollen.
Zu schade, dass ich sturzbetrunken gewesen war, die Anziehungskraft damals war so stark gewesen und es hätte alles so schön sein können.

Draco dachte vermutlich das selbe, denn er grinste mich an und warf mir einen Lufkuss zu. Ron funkelte uns beide abwechselnd wütend an, was mich ebenfalls zum schmunzeln brachte.
Wenn er sich aufregte, lief sein Gesicht Ton in Ton mit seinen Haaren an, sogar seine Ohren färbten sich rot, was ihm das Aussehen eines Koboldes verlieh. Lächerlich.
Wie hatte ich ihn nur jemals hübsch finden können? Und was dachte ich da überhaupt? Ich hatte beinahe keine Kontrolle mehr über meine Gedanken und mir wurde klar, dass meine Gefühle ganz sicher nicht mehr so stark wie am Anfang waren, wenn sie überhaupt noch vorhanden waren.

Ich nahm neben Ron Platz und lächelte ihn an. ,,Gut geschlafen?", fragte ich, woraufhin er nur den Kopf schüttelte.
Normalerweise wurde in den Klassenzimmern fiel getuschelt, die einzige Ausnahme war Zaubertränke, denn niemand wollte den Zorn Snapes auf sich ziehen, daher wurde geschwiegen.

Eben dieser betrat pünktlich den Raum und sah noch schlechter gelaunt aus als sonst, was ein Wunder war, denn er trug immer eine mürrische Miene zur Schau, aber sein heutiger Gesichtsausdruck übertraf alles.
Es war die erste Stunde Zaubertränke seit mehreren Tagen, das bedeutete, die erste, seit Draco und ich ein Paar waren.

Wie auch immer, er verschwendete keine Zeit damit, uns einen guten Morgen zu wünschen, sondern begann direkt mit einem Arbeitsauftrag, den wir alleine zu erfüllen hatten.
,,Sie werden heute einen Trank brauen, der in gewisser Hinsicht mehr Macht besitzt als alle anderen, die Sie je zubereitet haben. Es handelt sich hierbei um den sogenannten Trank des Vergessens, auch Amnesia Totala genannt. Eine ausführliche Anleitung finden Sie auf Seite 217 Ihres Buches, ich erwarte Ihre Ergebnisse bis zur nächsten Stunde."

Amnesia Totala

Der als Trank des Vergessens bekannte Zaubertrank sorgt für endgültiges Vergessen. Natürlich gibt es auch den Obliviate-Fluch, allerdings unterscheiden sich die beiden in mehreren wesentlichen Punkten.

Während der Obliviate-Fluch zu totalem Vergessen über einen bestimmten Zeitraum führt (mit Hilfe von Legilimentik können Gedächtnislücken aufgefüllt werden), verlieren Zauberer, die den Amnesia-Trank eingenommen haben, nur spezifische Erinnerungen über eine bestimmte Person.

Bereits 1711 entdeckte Bertus Magnolia die Blume des Vergessens, deren benebelnde Dämpfe totalen Gedächtnisschwund herbeiführen.
Später wurden die Dämpfe durch Zucht entfernt, so dass nur mehr der Saft in Kombination mit mehreren magischen Affirmationen Erinnerungen löschen konnten.

Ich seufzte.
Wenn es darum ging, komplizierte Tränke zu brauen- und dies war zweifelsohne ein sehr komplexer Trank- versagten die Schüler immer vollkommen und es kam zu Unfällen. Dann wurde Snape immer wütend.
,,Sie können sich selbst in Gruppen zusammenschließen", ordnete der Lehrer an, ,,doch sorgen Sie für Fairness."

Sofort kam Ron an meinen Tisch geeilt. Das war vollkommen klar gewesen.
Erneut seufzte ich.
,,Arbeiten wir zusammen?", fragte er und ich nickte ergeben. Freudig setzte der Rothaarige sich auf die Bank neben mich.
,,Warum willst du mit mir arbeiten?", wollte ich leise wissen und stieß ihm meinen Ellbogen in die Rippen.

Ron zischte auf.
,,Weil wir zwei immer schon ein gutes Team waren", erwiderte er und ich lachte hart auf. ,,Das heißt, dass ich alles erledige und du das Lob einheimst, oder meinst du etwas anderes?"
,,Willst du jetzt mit mir zusammenarbeiten oder nicht?" ,,Ja, meine Güte. Was bleibt mir jetzt noch etwas anderes übrig?"

Resigniert schlug ich mein Buch zu.
,,Dann hol mal die Zutaten", befahl ich ihm und sah zu, wie er zum Lehrerpult trottete.
Ja, das war immer schon Zusammenarbeit gewesen wie Ron sie sich vorstellte.
Ich machte die unangenehmen Dinge und er saß daneben.
Auch dieses Mal machte der Rothaarige keine Anstalten, auch nur im Buch nachzulesen, nachdem er die Zutaten auf unseren Pult gelegt hatte.

Aus den Augenwinkeln erkannte ich, dass Draco Malfoy sich mit Pansy Parkinson zusammengetan hatte- die mir ein Dorn im Auge war. Es war kompliziert.
Wieso war ich so wütend, als sie über seine Wange strich und ihm kokett zuzwinkerte. Wir waren doch gar nicht zusammen! Und als er dann ebenfalls seine Hand hob und eine glatte, schwarze Haarsträhne hinter ihre Ohren strich, schlug mein Herz unglaublich schnell und mir war heiß wie noch nie.

,,Er wird dich sicher betrügen", flüsterte Ron mir auf einmal ins Ohr, auch er sah zu dem Tisch des Blonden hinüber und lächelte schadenfroh, ,,sieh nur, wie er diese dumme Schlampe anlächelt?"
,,Was geht es dich an?", entgegnete ich und wandte mich ihm zu, um ihn zornig anzublitzen.
,,Du bist immer noch eine meiner besten Freundinnen, wieso soll ich dir also nicht die Wahrheit sagen?"

Ich schüttelte nur den Kopf und griff nach der Phiole mit dem Totalia-Extrakt. ,,Lass uns arbeiten."
Damit war dieses Gespräch beendet, doch dass das letzte Wort nicht gesprochen war, das spürten wir beide.

Spring affair ~ DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt