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Ich hätte mit vielem gerechnet, als ich die Treppen aus dem Mädchenschlafsaal hinablief, aber nicht die bewundernden Blicke und das Staunen, als der Blick der Masse auf mein Kleid fiel. Zwei Stunden hatte ich das Bad nicht verlassen- und mich unter der Anleitung meiner besten Freundin nach und nach in einen Schwan verwandelt.

Heute war der Tag, auf den so viele sehnsüchtig so lange gewartet hatten, der Weihnachtsball.
Ich war nicht die einzige, die besser aussah als sonst, aber ich war eine von denen, bei denen man diese Veränderung nicht unbedingt erwartet hätte.

Ginnys prüfender Blick, als ich sie anjammerte, endlich das Bad verlassen zu können, war unbezahlbar gewesen.
Ich sah in den Spiegel.
Früher hatte ich nicht viel davon gehalten, mich selbst schön zu finden, aber heute strahlte ich geradezu. Heute war ich schön.

Das blassrosane Kleid lag eng an meinem Körper an und umschmeichelte meine Figur, der schwere Silberschmuck ruhte kalt auf meinem Dekollete und betonte meine zarte Haut.
Meine dunklen Augen strahlten, der zarte Lidschatten und die Mascare hatten ihr übriges getan, und meine Lippen schimmerten rosa.

Es fiel mir nicht schwer, selbstbewusst zu lächeln, denn ich war mir meiner Wirkung durchaus bewusst. Aber meine Aufmerksamkeit wurde nicht von den Schülern gefesselt, die mich begafften, da war etwas anderes, das meinen Blick beinahe magisch anzog.
Dieses Etwas hieß Draco Malfoy und sah so aus, als wäre es wegen seinem Aussehen direkt aus der Hölle gekommen.

Draco Malfoy, der in seinem schwarzen Smoking und dem blütenweißen Hemd verboten gut aussah und sich just in dem Moment auf die Lippe biss, als er mich sah.
Da war niemand anderer mehr.
Da waren nur mehr wir.

Es war einer dieser Momente, die ich nie vergessen würde, auch wenn sie mir momentan vorkamen wie ein Traum, gefiltert durch goldenes Licht, das alles zum Leuchten brachte.
Mir war warm und ich war glücklich. Heute war der Tag gekommen.
Heute würde ich ihm meine Liebe gestehen. 

Es war ein atemberaubendes Gefühl, seine Aufmerksamkeit auf mich gerichtet zu spüren und zu sehen, wie sich seine schönen Augen weiteten. Für einen Moment sah ich Zuneigung in seinem Blick aufglommen.
Keine Frage- er empfand etwas für mich.
Wären wir in einem Klischee-Buch, wüsste ich das nicht. Aber es war so deutlich, so klar, und das gab mir den Mut, daran zu denken, diese drei Worte auszusprechen, auch wenn er das vermutlich ohnehin schon wusste.
Auch war diese Geste wohl eher symbolisch, um meine Zuneigung zu bezeugen, denn die Intimität unserer Beziehung ließ mich darauf schließen, dass da mehr war, als ich anfangs gedacht hätte.

All das schoss mir durch den Kopf, während ich auf ihn zuging. Dabei passte ich auf, nur ja nicht umzuknöcheln, denn so peinlich, wie die Dinge, die ich normalerweise aufführte, waren, wäre es keine Seltenheit.
Auch wenn es bestimmt seinen Reiz hätte, in seine Arme zu fallen.

Ich wollte gar nicht wissen, wie wir beide denn auf Außenstehende wirkten- verklärt lächelnd und vollkommen gefangen im Anblick des jeweils anderen.
Aber all das zählte in diesem Moment nicht. Im Nachhinein wäre es mir vielleicht peinlich gewesen, die Umwelt so komplett ausgeblendet zu haben, aber ich konnte mich nicht von ihm losreißen.

Ich merkte kaum, dass ich bei ihm angelangt war und mein Herz schlug schnell, alles in mir kribbelte.
Gott, ich war so verliebt in diesen Jungen.
Mit einer sanften Bewegung zog er mich in eine Umarmung. Ich ließ sie zu, genoss seine Wärme und legte den Kopf auf seiner Schulter ab. Seine Hände waren dabei in meiner Taille, hielten mich fest an ihn gedrückt.

Zu diesem Anlass schien er Parfüm benutzt zu haben, denn sein berauschender Geruch nach Zitrone war noch stärker als sonst.
,,Du siehst umwerfend aus", flüsterte er in mein Ohr, seine Stimme klang  erstickt, als wäre er den Tränen nahe.
Ich erschauderte.
Die Kombination aus seinem heißen Atem an meinem Ohr und seiner rauen Stimme ließ einen heißen Blitz des Verlangens durch meine Adern fahren.

Ich wollte ihm näher sein, also drückte ich mich leicht von ihm weg und streckte mich dann in die Höhe, um einen sanften Kuss auf seine Lippen hauchen zu können.
Er aber löste unsere Lippen schon wenige Momente nach ihrer Berührung- "Wir müssen nach unten, sonst kommen wir zu spät"- und bot mir seinen Arm an.

Da er aus einem reichen und beinahe adeligen Haus stammte, hatte er sehr gute Manieren und für einen kurzen Moment war es sehr einfach, sich vorzustellen, dass zwischen uns alles gut werden würde, wenn wir nur fest genug daran glaubten.
An diesem Abend fühlte ich mich wie eine Prinzessin und die Kluft zwischen Arm und Reich- Draco und mir- war kleiner als sonst.

Von ihm wurde ich über die Treppen hinab geführt, wobei ich eigentlich nur Augen für ihn hatte und es mehr oder weniger Zufall war, dass ich nirgendwo dagegen rannte.

Der Speisesaal, heute zum Ballsaal umfunktioniert, raubte mir den Atem.  Die Deko war beeindruckend, in neutralem Hellblau gehalten und mit Goldenen und Silbernen Akzenten betont.
Da, wo normalerweise die Tische standen, war eine große Fläche freigehalten, an den Seiten standen Sessel, die mit blauem Samt überzogen waren.

Es kam mir vor wie ein Prinzessinnenball in einem Märchen, nur musste ich meinen Prinz nicht finden- ich hatte längst bei ihm untergehakt.
,,Wie findest du es?", flüsterte ich Draco zu. ,,Umwerfend."

Ja, das war es in der Tat- umwerfend und imposant. Selbst ich, die normalerweise nicht auf Prunk reflektierte, war doch von der Pracht beeindruckt und konnte kaum fassen, wie schön alles war.
Ich fühlte mich wohl.

Solange ich nur an Dracos Seite war.

Spring affair ~ DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt