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,,Wurmschwanz. Was führt dich hier her?", oh Gott, wie er diese Stimme hasste.
Kalt und herablassend, ebenso wie die Miene des großgewachsenen, blonden Mannes, der vor ihm stand. Peter verfluchte seine mangelnde Körpergröße, er würde Lucius Malfoy am liebsten Auge in Auge gegenüber stehen.

,,Ich bringe Neuigkeiten des Meisters, Mylord." Er hasste diesen unterwürfigen Tonfall seiner eigenen Stimme, hasste es, wie die grauen Lippen Lucius' sich spöttisch verzogen. ,,Er ist tot, Wurmschwanz. Tot, tot, tot."
,,Das behauptet Ihr, Mylord. Aber das stimmt nicht. Ich habe etwas mitgebracht, das Euch vom Gegenteil überzeugen sollte."

Oh ja, das würde es.
Unter seinen Umhang, in warme Decken gewickelt und die knochigen Arme fest um seinen Bauch geschlungen, befand sich der Dunkle Lord.
Es war beängstigend, mehr als das. Der rasende Herzschlag des Wesens, das nicht mehr menschlich genug war, um als solcher bezeichnet zu werden, verursachte Nervosität bei ihm.

Gleichzeitig war es mehr, als er jemals erwartet hätte. Das Wesen, das er seinen Meister nannte, war ihm in diesem Moment schutzlos ausgeliefert- es verließ sich auf ihn und vertraute ihm. Pettigrew hatte das Gefühl, endlich für all das belohnt zu werden, was er getan hatte.
Was er tun hatte müssen.

,,Ist es wieder Stoff, der angeblich vom Zipfel seines Umhanges stammt? Ist es wieder ein Foto der Muggel, auf dem man einen Schatten sieht, in dem du deinen Meister siehst, Wurmschwanz?", höhnte Lucius weiter und machte Anstalten, die Türe der Mansion vor dessen Nase zuzuschlagen.
Peter spürte, wie er vor Wut errötete. Allein seiner Beharrlichkeit war es zu verdanken, dass der Dunkle Lord in nur wenigen Monaten wieder am Leben sein würde.

Er hatte- nicht nur, weil er keinen Platz und keine Position außer Voldemorts Diener hatte- so lange damit verbracht, seinen Herren zu spüren.
Hatte gewusst, dass er es fühlen würde, wenn dieser tot wäre.
Seine Hand zuckte zu Lucius linkem Ärmel und zog ihn hoch.
,,Das Mal sieht beinahe wie frisch aus", zischte er, ,,in den letzten Jahren ist es verblasst, aber nun ist es wieder frisch!"

Tatsächlich waren die Ränder um die schwarze Tätowierung rötlich entzunden und es hob sich deutlicher denn je von der blassen Haut des Mannes ab.
Zum ersten Mal meinte Peter in den Augen seines Gegenübers so etwas wie Angst zu erkennen. Angst und... Entsetzen?

,,Lasst mich herein und ich werde Euch den Beweis zeigen."
Immer noch war Wurmschwanz wütend, denn er wollte schlafen und nicht um vier Uhr in der Früh vor der Haustüre seines Todfeindes stehen. Noch mehr ärgerte es ihn, dass Voldemort nach Lucius verlangt hatte. Es war lächerlich, aber dass auch Lucius in seinen Plan eingeweiht sein sollte, machte ihn beinahe rasend.
Was hatte denn dieser getan, außer, dass er all die Jahre auf der faulen Haut gelegen hatte?

Aber es war nicht an ihm, Lucius zu bestrafen.
Widerwillig trat der große Mann zur Seite und ließ ihn herein. ,,Lucius? Was ist so spät noch los?", hörte er auf einmal die vertraute Stimme einer Frau und er verzog die Lippen zu einem Lächeln.
,,Guten Abend, Zissy."

Die ehemalige Schönheit hatte ihre besten Jahre hinter sich, dachte Wurmschwanz und lachte innerlich boshaft.
Narzissas Auge zierte ein Veilchen und sie bewegte sich langsam, überkorrekt, wie jemand, der Schmerzen hatte und es überspielen wollte. Sie sah verkrampft aus und hatte die Arme um ihren Bauch, der merkwürdig ausgedellt wirkte, geschlungen.

War sie etwa schwanger?
Die Falten des langen, schwarzen Kleid kaschierte die deutliche Wölbung nicht wirklich und er merkte erst, dass er darauf starrte, als Lucius knurrte.
Sie war blasser als sonst und ihre Augen wirkten stumpf.
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatte man gesagt, sie wäre die Sonne und Bella der Mond. Damals, als sie vor Lebensfreude gesprüht hatte und man ihr die Liebe zu Lucius aus den Augen hatte ablesen können.

Aber nun? Nun sah sie zwar immer noch gepflegter aus als ihre Schwester, schien jedoch all ihre Energie verloren zu haben.
Wurmschwanz machte eine ungelenke, eindeutig ironische Verbeugung und lächelte immer breiter.

,,Möchtet Ihr mir nicht etwas zu Trinken anbieten? Einen Brandy bitte." ,,Du Mistkerl", machte Lucius Anstalten, nach Wurmschwanz zu schlagen, doch dieser duckte sich und sah mit kühlem Triumph zu Narzissa, die bereits losgeschlurft war.
Der Blonde sah geschockt aus.
,,Narzissa, stehen bleiben."
Aber sie schien ihn nicht zu hören.

,,Was für Beweise hast du?", fragte er entnervt und seine Faust lockerte sich, wenn auch nur ein wenig.
Peter begann, seinen Mantel Stück für Stück aufzumachen, jeden Knopf einzeln.
Dabei wurde sein Lächeln immer breiter.

Der Anblick dessen, was von Lord Voldemort übergeblieben war, war erbärmlich. Das Wesen hatte die Gestalt eines Kindes und war in eine seidene, schwarze Decke gehüllt.
Die durchsichtige Haut spannte sich über die deutlich erkennbaren Knochen, es besaß keine Haare.
An manchen Stellen waren die rosanen Adern zu sehen, leere Kanäle, durch die kein Blut mehr floß.

Nur eine Sache hatte sich nicht verändert und das waren die Augen Voldemorts.
Rot und stechend, schlangenartig und dominant.

Vielleicht war die Beschreibung der Gestalt eines Kindes nicht ganz zutreffend und proportional auch nicht richtig gewesen, dachte Peter. Die Arme waren zu dünn und zu lang, die Beine zu kurz und der Oberkörper beinahe nicht vorhanden. In Relation zum restlichen Körper schien der Kopf riesig zu sein.

Anstatt zu schreien, wie Peter erwartet hätte, fiel Lucius sofort auf die Knie und presste seinen Kopf gegen den dunklen Marmorboden.
,,Mein Lucius", tönte ein helles, leises Kreischen, ,,darf aufstehen. Hebe deinen Kopf, mein treuer Freund reines Blutes."
Als er tatsächlich aufschaute, waren seine Augen voller Tränen. Er hätte nie gedacht, dass diese Situation einmal eintreten würde, hatte niemals gedacht... aber es war so.

Er weinte und betete das Wesen an, weil es alles war, was ihm noch von dieser Welt geblieben war.
Voldemort war am Leben.
Alles hatte einen Sinn.
In der Küche zerbrach etwas, was sich bei näherem Hinhören wie eine Flasche Scotch anhöre.

In dieser Nacht verlor Narzissa Malfoy ihre ungeborene Tochter, die sie Camilla hatte nennen wollen und vor allem Bösen auf dieser Welt beschützen wollen.

Spring affair ~ DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt