Heute ist der Tag der Tage. In genau vier Minuten soll ich am Flughafen in Toronto landen. Weil ich unfassbar schlimme Flugangst habe, graben sich meine Finger automatisch in den Stoff des Sitzes, als der Flieger zum Landeanflug einen kleinen Schlenker nach rechts vornimmt. In meiner Brust herrscht ein beklemmendes Gefühl, das ich aus irgendeinem Grund nicht zuordnen kann. Der ältere Mann neben mir schaut an mir vorbei durch das Fenster, doch ich weiß genau, dass er mich gleich etwas fragen wird. Ich habe genug Menschenkenntnisse, um zu kapieren, dass er nur so nervös auf seinem Sitz hin und her rutscht, weil er genauso wie ich Flugangst hat. Das merke ich an seiner Körperhaltung. Er ist ganz angespannt und scheint sich selbst nicht beruhigen zu können. Also redet er. Wie es alle tun, wenn sie Angst haben.
,,Was wollen Sie denn in Toronto?", fragt er mich mit zitternder Stimme. Ich schaue kurz noch auf die Wolkenkratzer da draußen, bevor ich mich zu ihm drehe, lächle und sage: ,,Ich ziehe zu meinem Freund."
Dass ich hier in Toronto aufgewachsen und mein Leben durchlaufen bin, sage ich nicht. Dafür bin ich viel zu sehr in Gedanken. An Toronto, die Stadt, die ich nie wieder verlassen möchte.
,,Oh, das klingt aber nach einen großen Schritt.", erwidert der graubärtige Mann leise. Ich kann ihn nicht genau einschätzen, aber er scheint ziemlich nett zu sein.
,,Ja, scheint so." Ich halte nochmal Aussicht nach einen Wolkenkratzer, den man von hier oben sehen kann, finde jedoch keinen. ,,Was möchten Sie hier?"
,,Ich besuche meine Tochter. Sie hat vor kurzem ein Kind bekommen. Es ist ein kleiner Junge und aus Berichten habe ich erfahren, dass er ziemlich süß sein soll. Da dachte ich: Überwinde ich einfach mal meine Flugangst und besuche meinen Enkel."
Ich lächle ihn an. Das Glänzen in seinen Augen werde ich nie vergessen. Auf einmal scheint das da unten alles so unwichtig. Ich möchte ihn von seinem Enkel erzählen hören. Jede Tochter wünscht sich ein solches Glänzen in den Augen des Vaters, wenn man ein Kind bekommt. Die Frau kann sich mehr als glücklich schätzen.
,,Wie alt ist Ihr Enkel denn jetzt?", frage ich demnach neugierig nach.
,,Er ist seit gestern vier Monate alt." Sein Gesicht platzt beinahe vor Stolz. Ich fahre mir aufgeregt durch die Haare und starre lächelnd auf meine Hände, als ich sie in meinen Schoß fallen lasse.
Es würde nicht mehr lange dauern. Bald bin ich in Toronto.
Toronto.
Der Ort, wo ich mich wohl fühle. Wo ein neuer Abschnitt meines Lebens stattfinden wird. Wo meine große Liebe in Form eines bezaubernden Mannes auf mich warten wird.Ehe wir gelandet sind, hilft mir der Mann, Jeff, wie ich erfahren durfte, meinen Koffer vom Fließband zu heben. Er hat viel von seinem Enkel erzählt und meinte, dass er mir irgendwann mal ein Bild von ihm schicken würde, würde ich ihm meine Nummer geben. Ich tat es und bin ziemlich glücklich mit dieser Entscheidung. Jeff ist beeindruckend. Er scheint ein Vater zu sein, den ich nie haben konnte.
Kurz darauf durchqueren wir den langen Gang Richtung Ausgang. Für mich kann es gar nicht zu schnell gehen. An dem offiziellen Ausgang sammelt sich eine Schlange, durch die ich mich rasend schnell durchschlängle. Ich will ihn nur noch sehen. Niemand ist mir gerade in diesem Moment wichtiger.
Und dann sehe ich, zwischen all den verschiedenen Gesichtern, Shawn. Eigentlich sehe ich nur seinen braunen Haarschopf. Und auf einmal ist mir alles andere egal. Selbst mein Koffer. Ich lasse ihn einfach stehen, als Shawn mich im Gewusel erkennt und ein Lächeln auf seine sanften Lippen malt.
Es ist um mich geschehen. Verdammt nochmal, es ist schon seit Jahren um mich geschehen. Seit der zehnten Klasse ist es um mich geschehen und ich habe es nie bemerkt. Ich dumme Nuss habe es nie gerafft. Dass meine große Liebe direkt vor mir steht. Wie kann man sowas denn nicht merken? Wie kann man nur so blind sein?
Den Koffer irgendwo auf meinem Weg stehen lassend, renne ich auf ihn zu. Meine Schritte werden immer schneller, je näher ich ihm komme. Und dann passiert alles ganz schnell.
Innerhalb ein paar Sekunden werfe ich mich in zwei ausgebreitete Arme, die sich um meine Hüfte schlingen und mich durch die Luft wirbeln.
Diese Szene könnte tatsächlich aus einem Film stammen, doch so ist es nicht. Das ist hier ist das Leben. Auch wenn es manchmal einem Drama, oder ganz gleich einem Thriller, ähnelt, ist es das reale Leben. Und niemand kann uns dieses Leben nehmen. Nicht einmal wir selbst, egal, wie oft wir es versuchen wegzuschmeißen. Wir bekommen so viele Chancen, wie wir brauchen, bis wir kapieren, dass es nur einen Weg für uns gibt. Wir können falsche Entscheidungen treffen, andere Leben zerstören, gar unser eigenes. Doch am Ende würde alles gut werden. Weil das ganze Leben ja keinen Sinn macht, würde am Ende nichts gut werden. Und selbst, wenn. Dann ist das so und man muss es akzeptieren. Vielleicht ist ja auch das Akzeptieren eigentlich das Glück. Es ist das Glück, das wir nicht sehen, und das nur wenige verstehen können.
Und ich, Cassie Clarke, kann tatsächlich über mich sagen, dass ich den Tod meiner beiden Eltern, ein Beziehungsdrama von Feinsten, einen Autounfall und das Leben mit Gravur überlebt habe.
Denn jetzt gerade, genau in dem Moment, wo wahrscheinlich tausende von Menschen sich nach der großen Liebe sehnen, klammere ich mich an meine.
Shawn Mendes! Meine große Liebe. Der Typ, dem tausende Mädchen nachsehen, wenn er an ihnen vorbeiläuft. Vor dem Millionen Menschen in einer riesigen Konzerthalle stehen und ihm zujubeln. Das ist mein Freund. Und ich dumme Nuss kapiere es achtzehn Jahre meines Lebens nicht und verschwende meine Zeit mit dämlichen One-Night-Stands.
,,Hey, Süße.", flüstert er mir ins Ohr, als er mich langsam an seinem Körper herunterrutschen lässt.
,,Hey, Süßer." Mit diesen Worten, drücke ich ihm unerwartet meine Lippen auf den Mund und lege all meine Gefühle in diesem einen Kuss.
Das ist der Anfang von etwas ganz Großem.
_____________________________________________
Hihi ich Philosoph...😂Hi there! Heute kommt schon ein Tag früher ein Kapitel, weil ich morgen für eine Woche mein Handy abgeben muss (Schulfahrt).😕 Trotzdem kommt nächste Woche Samstag wie gewohnt eins😁
Hoffe euch hat dieses Kapitel gefallen🥰
To be continued...❤️
DU LIEST GERADE
Like to be you [Shawn Mendes FF]
Fanfiction||Fortsetzung von ,,Because I had you"|| Inzwischen ist die Geschichte mit Shawn für Cassie Clarke gestorben. Sie hat mit ihrem alten Leben abgeschlossen, ihre Probleme in Toronto zurückgelassen. Ihr neues Leben in Ottawa unterscheidet sich in viel...