An Catherine Clarke, meine einzige Tochter

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Cassie POV:

An Catherine Clarke, meine einzige Tochter

Wenn du das hier liest, bin ich wahrscheinlich tot. Wahrscheinlich hast du bereits so viel Scheiße erfahren. Du hast bestimmt, eigentlich mit Sicherheit, von Wills Adoption erfahren. Dein Vater war impotent. Deswegen haben wir ihn adoptiert. Man könnte bei dir von einem Wunder reden. Auf einmal warst du da. Es tut mir leid, wenn ich Will manchmal zu sehr bevorzuge. Ich will eigentlich nur, dass das nicht auffliegt. Er war genauso unser ein und alles wie du es warst. Du hattest es nur schwerer. Manchmal hasse ich mich dafür, dass ich mich so verhalte. Nur konnte ich mir bei dir sicher sein, dass du immer bleibst. Bei ihm konnte ich das nicht. Ich hatte immer gedacht, dass er fliehen würde, würde er davon erfahren. Bei dir könnte ich mir sicher sein, dass du meins bist. Das mag unverständlich für dich klingen, aber ich kann es nur so erklären. Ich war oft eine sehr sehr schlechte Mutter, aber ich habe dich geliebt, liebe dich immer noch. Worte können gar nicht beschreiben, wie sehr ich dich liebe. Ich liebe dich zum Mond und zurück, um es mal kitschig auszudrücken.

Und wahrscheinlich hast du auch von Matthew erfahren. Matthew war meine Highschoolliebe. Er war eine lange Zeit mein Mann. Wir waren wirklich mal verheiratet. In der Zeit habe ich deinen Vater kennengelernt. Er war der süße Medizinstudent im letzten Collegejahr. Ich habe mich in ihn verliebt. Und naja, dann habe ich mich von Matthew getrennt. Wir hatten jahrelang keinen Kontakt. Ich wusste in dem Moment nicht einmal, wo er sich aufhielt. Und ich habe deinen Vater geheiratet. Wir haben gefühlt hundert Jahre versucht, ein Baby zu bekommen, aber es hat einfach nicht funktioniert. Also haben wir Will adoptiert. Alles lief super. Wir haben das irgendwie hinbekommen. Ein paar Jahre darauf würde ich schwanger.

Das war aber nicht zu der Zeit, in der ich eine Affäre mit Matthew hatte, ich schwöre es. Du bist die Tochter seines Vaters. Mit 100% Wahrscheinlichkeit. Es gibt keine Zweifel. Das mit Matthew war nichts Ernstes. Zwei Jahre vor deiner Geburt hatten wir damit aufgehört. Du bist die Tochter von Dad.
Dafür halte ich meine Hand ins Feuer.

Wie dem auch sei. Du bist aufgewachsen und wurdest immer selbstständiger. Ich musste Dir von einem Moment auf den Anderen kein Lunch mehr machen. Du hast all die Sachen auf einmal selbst machen wollen. Dann ist Dad krank geworden und es hat gewirkt, als hättest du mir dafür die Schuld gegeben. Du hast mich oft angeschrien, hast dich viel zu oft in den Schlaf geweint. Du warst dann nur noch im Krankenhaus. Das wurde zu deinem zweiten Zuhause. Nach der Schule bist du nicht nach Hause, sondern ins Krankenhaus zu deinen Vater gefahren. Ich habe mir jedes Mal so verdammte Sorgen um dich gemacht, aber ich wollte dir den Freiraum geben, den du offensichtlich gebraucht hast. Du warst schon immer so. Du rennst vor den Problemen davon. Als du dann bei Dad warst als er gestorben ist, war ich geschockt. Ich habe damals nicht um ihn, sondern um dich geweint. Du musstest so viel durchstehen. Du hast es gesehen, wir kamen erst später dazu. Und dann standest du einfach am Balkon und hast geraucht, jede verdammte Nacht. In der Nacht, in der dein Vater gestorben ist, hast du dir eine Alkoholvergiftung zugezogen. Du dachtest bis jetzt die ganze Zeit, ich wüsste es nicht, aber Karen ist nunmal meine beste Freundin und erzählt mir, was du in meiner Abwesenheit tust. Ich wollte dich damals nicht dafür bestrafen, also habe ich dich deinen Rausch ausschlafen lassen und gewartet, bis du wieder ansprechbar warst. Es hat Jahre gedauert bis du es warst. Du hast so wenig geredet, dass ich oft Angst um dich hatte. Dein Zuhause war bald nicht mehr bei mir, sondern bei Shawn. Dein Leben lief bei den Mendes' ab, geschlafen hast du in dem lästigen Haus, in dem ich gelebt habe. Du hast dich um Shawn geklammert und nie mehr losgelassen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ihr mehr als nur Freunde sein würdet. Ich hatte immer den Verdacht, dass ihr nie voneinander ablassen würdet. Bevor du dir dieses arrogante Arschloch Chris geangelt hast. Du wusstest nicht, was du tust. Sonst hättest du dich schließlich nicht auf ihn eingelassen. Nur dann habe ich diesen verletzten Ausdruck in Shawns Augen gesehen. Es war deine Abschlussfeier. Während du dich mit Chris amüsiert hast, saß er wie versteinert auf diesen altmodischen Holzstühlen, die nebenbei furchtbar aussahen, und hat dich machen lassen. Er hat dich an diesen Abend aber nicht einmal aus den Augen gelassen. Als ich ihn fragte, was los sei, sagte er nur: ,,Ich glaube, ich begehe einen großen Fehler und trotzdem kann ich nichts tun."
Irgendwie wusste ich, was er meinte. Keine Ahnung, warum. Aber vielleicht waren das ja versteckte Mutterinstinkte, die ich in diesem Moment ganz tief in mir gefunden habe.
Er ist ein guter Junge. Bitte verletze ihn nicht so sehr.

Ein Jahr später wurde ich krank. Ihr habt mich in diese Klinik eingewiesen, wo ich es hasse. Ich weiß, dass ich manchmal überreagiere und auch wirklich krank bin, aber ich kann es nicht kontrollieren. Du hast mir schon oft gesagt, dass ich gemein werde, wenn nicht sogar unverschämt. Aber ich merke es nicht. Diese Dinge sind aus meinem Gehirn gelöscht. Ich bin mir nicht einmal sicher, was ich schon alles gesagt oder getan habe. Aber wenn ich sagen müsste, was ich schon alles getan habe, dann kann ich nur sagen, dass ich die liebe. Liebe. Ein großer, sehr allmächtiger Begriff, aber doch so vielsagend.

Einen letzten Tipp, bevor ich gehe, gebe ich dir noch:

Schließ mal kurz für eine Minute die Augen und denk an die Liebe.

Wenn du mich siehst, dann bin ich dir sehr dankbar, denn sicherlich bin ich kein so liebenswerter Mensch. Aber auch wenn du mich nicht siehst, nehme ich es dir nicht übel und werde ich dich immer lieben.

Ich weiß nicht, wann du das liest, aber selbst in Hundert Jahren, werde ich dich noch lieben und würdigen, genauso, wie du es verdienst. Und naja, wer weiß, vielleicht tust du es mir ja gleich.

Ich liebe dich, mein Schatz.

In LIEBE, Mom.

Like to be you [Shawn Mendes FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt