Frischer Wind

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Schon wieder stand Alec in der Nähe des Throns der Königin. Er wünschte, er könnte woanders sein. Möglichst weit weg von Ihrer Majestät. Es sollten Gäste erscheinen, aber bisher war noch nichts zu sehen. Ein Werwolf, ein Hexenmeister, ein Schattenjäger und ein Vampir sollten den Lichten Hof besuchen. Alec hatte noch nie andere Unterweltler außer den Feenwesen gesehen. Seltsamerweise wurden Isabelle und er, und wie er glaubte, auch Clary, bisher immer von der Außenwelt ferngehalten. Vermutlich lag es daran, dass sie mit Abstand die jüngsten Elben waren. "Wofür, denkst du, ist das Treffen?", flüsterte Clary neben ihm. Er zuckte mit den Schultern und starrte weiterhin auf den Thron. Dort würde gleich die Königin sitzen. Alec wollte sie nicht sehen. Immer wieder liefen die Bilder von ihr vor seinem inneren Auge ab. Bilder, die in ihm ein Gefühl der Übelkeit hervorriefen. Immer wieder hörte er ihre Stimme, die ihm Dinge zuraunte. Dinge, von denen er sich eigentlich nicht vorstellen wollte, sie aus ihrem Mund zu hören. Immer wieder musste er sich daran erinnern, wie nah er ihr gewesen war. Viel zu nah, für seinen Geschmack. Krampfhaft versuchte er, an etwas anderes zu denken, doch er scheiterte. Jedes Mal, wenn die Köngin ihn zu einem privaten Treffen einlud - es war wohl eher eine Aufforderung oder ein Befehl - brauchte er Wochen, um sie aus seinem Kopf zu bekommen. Nicht im positiven Sinne, wohlgemerkt. Alec bemerkte erst spät, dass ihm jemand gegen den Arm tippte. "Izzy!", bemerkte er erleichtert, als er sich schließlich doch zu ihr drehte. "Da bist du ja endlich."
"Entschuldigt, Meliorn und ich mussten uns ganz schön beeilen, um noch rechtzeitig zu kommen. Habe ich was verpasst?"
"Bisher nicht. Die geheimnisvollen Gäste sind noch nicht da", klärte Clary sie auf. Sie und Alec trugen immer noch ihre Trainigskleidung, die aus eng anliegendem Stoff und einer Lederrüstung darüber bestand. Normalerweise war die Schutzkleidung um einiges sicherer, aber die beiden hatten sowieso nur Bogenschießen trainiert.
"Meliorn sagte, bei dem Treffen ginge es um eine Kongregation und er redete irgendwas von einer Deligiertenposition", erzählte die Schwarzhaarige.
Alec hörte nur zur Hälfte zu, als  Clary und Izzy das Thema wechselten und sich unterhielten. Er schnappte einige Wörter wie pflaumenfarbener Stoff oder Erdbeergeschmack auf. Irgendwann wechselte das Gespräch die Richtung und er nahm Gesprächsfetzen wie Dämonensekret und hinterlistige Kobolde wahr. Plötzlich erkannte er das Wort Zeremonie und er war hellwach, bereit, über Isabelles Zukunft informiert zu werden, doch dazu kam es nicht. Die Königin ließ sich auf ihrem Platz nieder und Ruhe kehrte ein. Alec hatte keine Ahnung, aus welcher Richtung sie plötzlich aufgetaucht war. Er bemerkte, dass sich jeder umdrehte, also tat er es den anderen gleich. Er sah vier Personen den Platz betreten, begleitet von sechs Elbenrittern. Es waren eindeutig die angekündigten Gäste. Darunter befand sich ein Man mit braunen Haaren, blauen Augen und einer Brille - vermutlich der Werwolf, ein blonder Schattenjäger - unschwer zu erkennen an den Runen, die unter seiner Kleidung hervorlugten, und zwei weitere Männer. Alec konnte nur einen kurzen Blick auf einen von ihnen erhaschen. Er hatte braune Haare und war äußerst blass, das musste der Vampir sein.
Die Sicht auf den letzten Ankömmling wurde Alec von den Elbenkriegern vor ihm versperrt. Es wunderte ihn, dass so viele Elben einberufen worden waren. Sonst arrangierte die Königin politische Treffen nur in kleinem Kreis. Alec, Izzy und Clary gehörten nie dazu. Meist waren es nur die engsten Vertrauten der Königin.
"Seid gegrüßt, Mylady", begann der Blonde, "Mein Name ist Jace Wayland. Ich bin Stellvertreter der Schattenjäger. Ihr kennt bereits Luke Garroway, Anführer des Werwolfclans, und Magnus Bane, Hoher Hexenmeister von Brooklyn. Das ist Simon Lewis. Camille schickt Simon als Stellvertreter der Vampire."
Ihre Majestät nickte. Alec fragte sich, wieso ausgerechnet der Blonde, Jace, gesprochen hatte. Der Werwolf sah viel älter aus als er. Es war wahrscheinlich eine Frage des Charakters. Jace hatte diese gewisse Ausstrahlung, die den Eindruck machte, als wäre er ziemlich von sich selbst überzeugt. Generell fand Alec es verwunderlich, warum solch junge Knaben wie Jace oder dieser Sheldon ins Feenreich geschickt wurden, um politische Angelegenheiten zu klären. Wobei dieser Vampirjunge auch deutlich älter sein konnte als er schien. Das gleiche galt für den Hexenmeister. Wenn Alec ihn doch nur erkennen könnte. Alles was er sah, waren hochgestellte schwarze Haare. Endlich konnte Alec einen Blick auf den Hohen Hexenmeister von Brooklyn, Magnus Bane, erhaschen. Er war hochgewachsen, wie erwartet mit schwarzen, auffällig frisierten Haaren und extravaganter Kleidung. Seine Augen hatten einen hervorstechenden Goldton. Vielleicht war es auch gemischt mit grün oder orange. Alec stand zu weit weg, als dass er es genau sagen konnte, aber irgendwas daran faszinierte ihn. Bevor Alec das schöne Gesicht des Mannes weiter betrachten konnte, ergriff Ihre Majestät das Wort:
"Man soll uns nicht vorwerfen können, ein schlechter Gastgeber zu sein. Bitte, setzt euch und speist mit uns."
"Danke, Mylady, aber wir verzichten", lehnte Magnus ab. Diese Stimme, schoss es Alec durch den Kopf. Die Stimme klang doch wesentlich besser als die Ihrer Majestät.
Aber das war natürlich vollkommen lächerlich, was er da dachte.
"Wie ihr es bevorzugt", fuhr die Königin fort. Alec konnte nicht sagen, ob sie eingeschnappt war oder ob es ihr gleichgültig war, dass ihr Angebot abgelehnt wurde. Jeder wusste, dass man niemals eine Einladung von Feen zum Essen annehmen sollte. Die Gerichte sahen stets verführerisch aus, doch sie waren trügerisch gegenüber Fremden. Die Magie darin hatte schon etliche Menschen verzaubert. Natürlich hatte Alec nur Geschichten davon gehört, aber er bezweifelte nicht, dass es stimmte. Er hatte sein ganzes Leben mit Feenwesen verbracht und wusste nur zu gut, wozu sie imstande waren.
"Wenn Ihr erlaubt, ich würde gerne mit Euch über die Angelegenheiten sprechen, wegen denen wir gekommen sind", erklärte Luke, "Wir bieten Euch als Vertreter aller Unterweltler und Schattenjäger und in deren Namen einen Sitz in der neu gegründeten Kongregation an, mit Euch als Vertreter für alle Feenwesen. Wie Ihr wisst, handelt es sich dabei um eine Verbindung, die den Zusammenhalt stärken und sowohl Unterweltler als auch Schattenjäger vereinen soll. Wir geben Euch gerne Zeit, darüber nachzudenken, aber wir erhoffen so bald wie möglich eine Antwort."
Einen Moment war es still, aber dann erhob die Königin wieder ihre Stimme: "Ich bin selbstverständlich gewillt, Eurem Angebot zuzustimmen. Allerdings gäbe es eine Bedingung zu stellen. Vielleicht auch zwei. Nicht ich trete die Deligiertenposition an, sondern Meliorn, als mein Stellvertreter. "
Alec warf seiner Schwester, die neben ihm und Clary stand, einen fragenden Blick zu. Wieso Meliorn? Das ergab doch keinen Sinn. Vermutlich war sich die Königin zu gut, um sich persönlich der Kongregation anzuschließen.
"Ich bin sicher, das lässt sich einrichten", erwiderte der Werwolf. "Worum handelt es sich bei eurer zweiten Bedingung?"
Die Mundwinkel Ihrer Majestät zuckten bei der Frage ein wenig nach oben. "Nennt es nicht Bedingung. Nennt es einen Wunsch aus tiefem Herzen. Ich wäre wirklich äußerst erquickt, wenn euer liebreizender Gefährte Simon Lewis uns in unserem Reich Gesellschaft leistete. Bloß für ein paar Tage."
"Was? Das kommt gar nicht in-", wollte Luke protestieren, doch er wurde unterbrochen.
"Ich mach es."

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Heyy!

Tut mir leid, das Kapitel kommt etwas spät, aber ich hatte diese Woche total viel Stress mit Schulkram und jetzt bin ich auch noch krank geworden, deshalb hatte ich nicht viel Gelegenheit zum Schreiben.

Ich hoffe trotzdem, euch gefällt das Kapitel. Viele hatten schon Magnus und die anderen vermisst und tadaa, hier sind sie! ;)

Ich habe jetzt Ferien, es dauert wahrscheinlich also nicht mehr lange bis zum nächsten Kapitel.

Bis dann,
_Black19_ 

Tanz des Schicksals - Shadowhunters/MalecWo Geschichten leben. Entdecke jetzt