Klarheit

175 25 33
                                    

Jace fuhr erschrocken herum und Alec musste sich mit großer Mühe ein Grinsen verkneifen.

"Was? Nichts, nichts ist witzig. Alec versucht witzig zu sein, aber er schafft es nicht. Ja, das ist witzig. Nichts sonst", faselte Jace vor sich hin.

Er sah so aus, als ob er gleich einen Kreislaufkollaps bekäme, und dass Clary nun auch noch (Jace' Ansicht nach) süß schmunzelte, machte dies nicht besser.

"Ich...ehm...gehe dann mal", murmelte Jace und wollte sich schon aus der Tür schieben.

"Du bist wieder da", stellte er dann auf einmal jedoch fest. "Geht's es dir gut?"

"Ja. Wir haben den Dämon abwehren können", antwortete Clary beiläufig.

"Dämon? Da war ein Dämon? Und ihr habt mich nicht um Hilfe gerufen?", fragte Jace entsetzt.

Alec, der die Unterhaltung bisher amüsiert beobachtet hatte, richtete sich nun auch besorgt auf.

"Wo ist Izzy?", war seine erste Frage.

"Ganz ruhig. Sie ist duschen. Sie hatte lauter Dämonensekret an ihrer Kleidung", beruhigte ihn Clary.

Erst jetzt fiel Alec auf, dass auch sie andere Kleidung als vorher trug und ihre Haare noch nass waren und dadurch noch karottenfarbener leuchteten.

"Und es war wirklich keine Zeit, um irgendeinen zu Hilfe zu rufen", sagte sie an Jace gewandt.

"Oh. Aber dir geht's ganz sicher gut?", hakte Jace nach. "Wenn du willst, kann ich schauen, ob du irgendwelche Wunden hast", bot er an und streckte schon seine Hände nach Clary aus.

(Alec fragte sich, was sein Plan war, denn auf den ersten Blick waren eindeutig keine Wunden an Clary zu erkennen und für eine genauere Untersuchung müsste man ihr ihre Kleidung ausziehen, was Jace hoffentlich nicht vor seinen Augen vorhatte.)

"Das ist nicht nötig, aber danke", lehnte Clary ab, während sie ihre Hände auf Jace' legte.

(Waren die beiden sich überhaupt im Klaren darüber, dass Alec noch anwesend war?)

"Oh, okay", machte Jace, ein wenig enttäuscht, wie es schien.

"Es gibt aber eine Sache, die ich dir dringend erzählen muss", kündigte Clary an.

"Nur mir?" Jace' Augen weiteteten sich gespannt.

"Alec und Izzy wissen es schon."

"Oh."

Damit schob Clary den blonden Schattenjäger aus dem Zimmer, jedoch nicht, ohne mit einem Augenrollen Alecs Grinsen zu kommentieren:

"Glotz nicht so blöd."

Seufzend ließ sich Alec auf seinem Bett zurückfallen. Er griff nach einem Kissen und vergrub sein Gesicht darin.
Vielleicht konnte er alle Probleme ausblenden, wenn ihn das Kissen davor schützte.

Leider waren dies nur Wunschgedanken und das Kissen schützte ihn nicht vor dem Klopfen an seiner Tür und den näherkommenden Schritten.

"Alec?"

Na toll. Auch noch Izzy.

"Mmh?", grummelte er in sein Kissen.

"Kann ich mit dir sprechen?", fragte seine Schwester.

"Hmm", murmelte er wieder, machte aber keine Anstalten, sein Gesicht aufzudecken.

Der Sauerstoffmangel machte ihm zwar zu schaffen, aber das nahm er in Kauf, wenn er dafür seiner Schwester nicht in die Augen sehen musste.

"Es tut mir leid", sagte sie. "Ich hätte das nicht sagen sollen. Alles."

Vorsichtig schielte Alec unter dem Kissen hervor. Isabelle saß neben ihm auf der Bettkante und zupte an der Decke herum.

"Du bist nicht feige. Du bist die mutigste Person, die ich kenne. Ich habe auch nicht mit Robert gesprochen, seit wir hier sind. Und ich habe Angst davor, über Mom zu reden. Und davor, was passiert. Valentine lebt und wir sind hier, tatenlos, und ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich brauche dich. Du hältst uns immer zusammen, Alec. Ich weiß, du weißt es nicht, aber bist mein Vorbild. Trotz allem machst du weiter. Ich weiß, dass du dich nicht gut an Leute binden kannst und deine Gefühle immer versteckt hast. Dich mit Magnus zu sehen, macht mich deshalb so glücklich und stolz. Du bist so selbstlos und zu sehen, dass du endlich etwas für dich selbst machst, das ist wundervoll. Magnus und du seid füreinander gemacht. Egal, wie unterschiedlich ihr seid. Bitte versprich mir, dass du das nicht aufgibst."

Es war also wahr. Meliorn hatte die Wahrheit gesagt. Valentine lebte. Die Erkenntnis ließ einen unangenehmen Schauer über Alec rieseln. Wenn Valentine wirklich so gefährlich war, wie alle behaupteten, waren sie dann alle in Gefahr?

Sofort zählte Alec in seinem Kopf alle Menschen auf, die ihm wichtig waren, und die er um jeden Preis beschützen musste. Seine Familie. Magnus. Die Lightwoods.

Er rappelte sich auf und legte seine Arme um seine kleine, so große Schwester.

"Es tut mir so leid, Alec. Ich hätte das nie sagen dürfen", flüsterte sie.

Alec merkte, dass sie mit den Tränen kämpfte.

"Ich weiß."

Er schloss seine Augen. Froh, sie bei sich zu haben, sicher, unverletzt.

"Ich liebe dich, Alec."

"Ich dich auch, Izzy."

Alec zog sie noch näher an sich heran.

"Und ich versprech's. Das mit Magnus. Aber nur, wenn du mir auch etwas versprichst. Dass du und Clary auf euch aufpasst. Keine Aktionen mehr wie das heute. Ich bitte dich. Ich kann euch nicht verlieren."

"Ist okay", willigte Izzy ein und löste sich von ihm. "Ich muss dir dringend noch erzählen, was passiert ist."

                              ~ * ~

"Robert?"

Alec drückte langsam die angelehnte Tür zu Roberts Büro auf, die dabei laut knarzte.

"Alec!" Robert schien freudig überrascht. "Komm rein."

Verlegen trat Alec ein und ließ sich auf dem Sofa vor Roberts Schreibtisch nieder.
Er hoffte inständig, dass das Gespräch gut verlaufen würde.
Eigentlich wäre er lange nicht bereit dafür gewesen, aber nachdem Izzy ihm von ihrer Begegnung mit dem Ravener, Valentine, Luke und Jocelyn erzählt hatte, hatte er es als Pflicht empfunden, die Institutsleitung darüber zu informieren. Und darüber, dass es sich dabei um seinen Vater handelte, musste er leider hinwegsehen.

"Was kann ich für dich tun?", wollte dieser wissen.

Unsicher, wie er anfangen sollte, biss Alec sich auf seine Unterlippe. "Ich...muss mit dir reden."

Robert hob erstaunt seine Augenbrauen.
"Selbstverständlich", sagte er dann.

Tanz des Schicksals - Shadowhunters/MalecWo Geschichten leben. Entdecke jetzt