Nachdem Alec und Jace im Institut angekommen waren, hatten sie die Tüten in den entsprechenden Zimmern abgestellt, und waren dann getrennte Wege gegangen.
Beide wollten sich ein wenig von der Shoppingtour ausruhen.
Weil Alec aber nicht einschlafen konnte ohne Magnus, beschloss er nach einer Weile, das Institut zu erkunden und dabei seinem Vater aus dem Weg zu gehen.
Er gelangte zu einer großen Bibliothek in einem der Türme. Mannshohe Bücherregale zierten die Wände und Plattformen erlaubten den Zugriff auf die höherliegenden Bücher.
In der Mitte stand ein großer Schreibtisch und in der Ecke befand sich eine kleine Sitzecke.
"Alec", begrüßte Jace ihn, der mit einem kleinen schwarzhaarigen Jungen auf einem der Ohrensessel saß und ihm scheinbar ein Buch vorlas.
"Jace." Alec nickte ihm kurz zu.
"Und du bist Max, richtig?", wandte er sich an den Jungen.
Er hatte ihn schon gesehen, als er mit Clary im Institut gewesen war. Ersah aus wie er selbst als kleiner Junge, nur ohne die elbischen Züge und die leuchtend blauen Augen.
"Bist du mein Bruder?", fragte Max mit großen Augen, die unter seiner Brille nur noch mehr hervorstachen.
"Ähm..." Unsicher schielte Alec zu Jace, aber der schien ihm keine Hilfe zu sein.
"Ja, ich schätze schon", antwortete Alec.
Max nickte. "Wo ist Izzy? Und Clary? Jace hat mir alles von euch erzählt."
"Sie sind unterwegs. Aber wenn sie wieder da sind, stelle ich sie dir vor", versprach Alec lächelnd.
Er ging näher zu Max und Jace und setzte sich auf einen der Sessel.
Daraufhin rutschte Max von Jace' Bein herunter und kletterte auf Alecs, der ihm überrascht nach oben half.
"Schau mal", sagte der Junge und deutete auf sein Buch.
Alec versuchte, es zu lesen, aber es ergab keinen Sinn.
Max grinste. "Du musst von rechts nach links lesen. Das ist bei Mangas so", erklärte er stolz.
"Das ist...interessant." Lächelnd strich Alec Max eine Strähne aus dem Gesicht.
Der Junge war zu goldig. Alec konnte nicht glauben, dass er einen kleinen Bruder hatte.
"Liest du mir vor?", bat Max. "Jace riecht wie Dad, wenn er Bier getrunken hat."
"Hey!", kam es empört von Jace, aber Alec lachte nur.
"Selber schuld!"
Die nächste halbe Stunde las Alec also Max vor, der sich an seine Brust lehnte und gebannt lauschte.
Jace verließ irgendwann die Bibliothek, er meinte, er wolle mal sehen, wo die anderen blieben.
Alec war fasziniert davon, wie intelligent Max war, denn er machte andauernd irgendwelche schlauen und lustigen Kommentare zur Geschichte.
"Wie alt bist du?", fragte Alec ihn.
"Neun", antwortete Max.
Bei einer Stelle im Buch bat Max ihn, ein paar Seiten zu überspringen.
Als Alec ihn fragte, warum, sagte er, er habe die Geschichte schon gelesen und möge die Szene nicht.
"Soll ich dir jetzt vorlesen?" Max drehte seinen Kopf mit den wuscheligen Haaren zu Alec.
"Ja."
Max war ein toller Leser. Er machte kaum Fehler und erklärte Alec immer wieder, wer die verschiedenen Personen waren, wenn neue Charaktere auftauchten.
Er wuchs Alec sofort ans Herz.
Plötzlich klopfte jemand an die Tür. Es war Magnus. Er stand mit verschränkten Armen im Türrahmen und tat das, was er immer tat: gut aussehen.
"Störe ich?", fragte er mit einem warmen Lächeln.
"Nein, gar nicht." Alec legte das Buch auf den Tisch und Magnus trat näher an sie heran.
"Magnus, das ist Max-", begann Alec.
"Sein Bruder", fiel ihm Max stolz grinsend ins Wort.
"Ja, äh, Max, das ist Magnus, mein..."
"Fester Freund", unterbrach Magnus ihn schmunzelnd.
Alec hätte gerne die Augen verdreht, wurde stattdessen aber rot. Super.
"Ist mir eine Ehre dich kennenzulernen, Max", meinte Magnus und bückte sich elegant, um Max seine Hand anzubieten.
Der schüttelte sie kraftvoll. Es war offensichtlich, dass er Magnus beeindrucken wollte, und es schien zu funktionieren.
"Was ist der Unterschied zwischen einem festen Freund und einem normalen Freund?", wollte Max wissen.
Alec warf Magnus einen fragenden Blick zu. Solche Fragen beantwortete besser er.
"Einen festen Freund küsst du und einen Freund umarmst du nur", erklärte Magnus.
Max nickte. "Also seid ihr so wie Mom und Dad?"
"So in etwa", sagte Alec schnell, bevor Magnus es tun konnte.
"Max, wieso gehst du nicht Izzy und Clary suchen? Sie sind bestimmt bei Jace", schlug er vor.
"Okay." Max sprang auf, schnappte sich das Buch und rannte aus der Bibliothek.
Magnus ließ sich seufzend neben Alec auf einen Sessel sinken.
"Er ist niedlich, dein Bruder", sagte er. "Genau wie du."
Alec konnte dem Kompliment nicht viel Beachtung schenken, denn etwas anderes schwirrte durch seinen Kopf.
"Magnus, Jace hat mir erzählt, dass...Maryse und Robert...sie nicht mehr wirklich zusammen sind, weil sich Robert vor meiner Geburt mit meiner Mutter traf."
Alec zupfte an seinem T-Shirt.
Magnus griff nach seiner Hand und hielt ihn davon ab.
"Lass das T-Shirt in Ruhe. Es hat dir nichts getan", wies er mit sanfter Stimme an. "Und wegen Robert und Maryse...nichts davon ist deine Entscheidung oder deine Schuld, okay? Hier in der Mundiewelt ist eben einfach alles anders. Nur zwei Menschen sind zusammen, man trifft sich nur mit einer Person. Das war der Fehler, den dein Vater gemacht hat."
Er lehnte sich vor, um Alec in die Augen sehen zu können, da dieser immer noch auf sein T-Shirt starrte.
"Sie werden es Max sicher noch sagen. Du brauchst dich nicht schlecht fühlen deswegen."
Alec sah zu ihm auf. Unglaublich, was Magnus mit ein paar Worten bei ihm bewirken konnte.
Magnus sah müde aus, fiel ihm auf. Er hatte die letzte Nacht nicht viel geschlafen, Alec hatte bemerkt, dass er ihn geweckt hatte und Magnus dann wach geblieben war, bis er selbst eingeschlafen war.
Er sehnte sich nach Magnus' Berührung. Und er würde gerne wieder das Funkeln der goldenen Augen sehen, auch wenn ihm die braunen Augen an Magnus ebenfalls gefielen.
Magnus hatte sie versteckt, um bei den Menschen nicht aufzufallen und sich zu schützen, aber nun, wo sie zu zweit waren, könnte er den Zauberglanz theoretisch wieder entfernen.
Entschlossen stand Alec auf und ließ sich auf Magnus' Beinen nieder, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken.
Magnus keuchte überrascht auf und erwiderte den Kuss, indem er seine Lippen gegen Alecs bewegte.
"Magnus", flüsterte Alec. "Kannst du mir deine Augen zeigen?"
Magnus öffnete seine Augen, um ihn anzusehen.
"Nein, ich meinte, deine echten Augen. Deine Magnus-Augen", bat Alec.
"Meinte Magnus-Augen?", fragte Magnus belustigt und Alec nickte mit rosa Wangen.
Daraufhin schloss Magnus seine Augen kurz, und als er sie wieder öffnete, leuchteten Alec goldene Katzenaugen entgegen.
Die schmalen Pupillen war ein wenig geweitet. In Alecs Brust bebte es bei dem Anblick. Er versuchte, sich die feine grünen, goldenen und gelben Linien in der Iris genaustens einzuprägen.
"Küss mich, Magnus", wisperte er und Magnus tat, worum er bat.
Er nahm Alecs Gesicht in seine Hände, sodass die kühlen Ringe sich gegen seine Wangen drückten und die Fingerspitzen bis zu den Haaren reichten.
Alec empfing Magnus' Lippen an seinen und fuhr mit der Zunge darüber. Er seufzte wohlig auf, als ihre Zungen aufeinandertrafen.
"Alec, warte", stoppte Magnus sie auf einmal. "Da ist noch etwas, worüber ich mit dir reden wollte."
"Was denn?"
Alec nahm Magnus' Finger in seine Hand und spielte mit den Ringen daran.
"Die Schattenjäger sind nicht ganz so...tolerant wie andere Wesen, besonders das Lichte Volk. Ehrlich gesagt glaube ich, dass sie irgendwo im neunzehnten Jahrhundert steckengeblieben sind, aber naja. Was ich sagen will ist, dass sie nicht ganz so offen gegenüber Menschen wie uns sind."
"Menschen wie uns?", hakte Alec verwirrt nach.
"Gleichgeschlechtliche Beziehungen", erläuterte Magnus knapp. "Das ist bei ihnen nicht so gerne gesehen."
Alec zog seine Augenbrauen zusammen. Er hatte aufgehört, mit Magnus' Ringen zu spielen und hielt Magnus' Hand still in seiner.
"Wieso?", wollte er wissen. "Jace hat doch auch nicht-"
"Auch wenn er ihn selten benutzt, Jace verfügt über einen gesunden Menschenverstand", sagte Magnus. "Die meisten anderen Schattenjäger tun das nicht."
"Aber Maryse hat doch-"
"Sie hat sich in den letzten zehn Jahren wohl sehr zum Guten verändert", unterbrach Magnus ihn erneut. "Worauf ich hinauswill, ist, dass es wohl das Beste ist, wenn wir unsere Beziehung vorerst für uns behalten."
"Was? Für uns behalten?", fragte Alec bestürzt.
"Wir sagen es den wichtigsten Leuten. Jace, Clary, Isabelle, Max, Maryse, sie alle wissen es. Ist das nicht genug?" Magnus strich mit seiner freien Hand liebevoll über Alecs Wange.
"Aber wieso?" Alec verstand immer noch nicht den Sinn dahinter.
"Ich will nur nicht, dass du verletzt wirst", erklärte Magnus und sah Alec aus seinen goldenen Augen an.
"Tust du das wirklich nur für mich oder für dich?", fragte Alec prüfend.
"Beides. Ich tue es für uns. Im Moment ist alles noch so neu, mit uns, mit deiner Familie. Ich will nur warten, bis sich alles eingerichtet hat, okay?"
Magnus sah Alec hoffnungsvoll an. Der war immer noch nicht wirklich überzeugt.
"Magnus, ich wurde mein ganzes Leben lang gehasst für das, was ich bin. Das habe ich ausgehalten. Dann halte ich das hier auch aus", versuchte er, Magnus zu überzeugen.
Der schien jedoch nicht so leicht aufzugeben.
"Ich weiß, Alec, ich weiß. Aber warst du glücklich? Warst du glücklich, wenn dir die Elben schräge Blicke zuwarfen? Warst du glücklich, als dieser Elb dich dafür gefoltert hat?"
"Hör auf!", verlangte Alec mit scharfer Stimme. "Sag das nicht!"
Er wollte nicht darüber sprechen. Noch nicht, am liebsten gar nicht. Er wollte sich gar nicht erst daran erinnern müssen. Magnus wusste das.
"Alec, irgendwann müssen wir darüber reden", wandte Magnus ein.
"So wie du über deine Vergangenheit redest?", warf Alec wütend zurück und drückte sich von Magnus' Bein hoch. "Magnus, ich weiß, was ich erlebt habe! Und du weißt, wie schwer es für mich ist, darüber zu reden! Wieso lässt du es also nicht einfach gut sein?", rief er aufgebracht.
"Alexander, ich will dir nur helfen", beteuerte Magnus und stand auf, um nach Alecs Hand zu greifen.
Alec zog sie weg.
"Aber das hilft nicht! Hör auf, mich dazu zu drängen!"
Er funkelte Magnus möglichst wütend an. In Wirklichkeit sah er vermutlich einfach nur verletzt aus.
Das wollte er doch gar nicht. Er wollte sich nicht mit Magnus streiten. Wie waren sie bloß an diesem Punkt angekommen?
Magnus blinzelte gekränkt. Die goldenen Katzenaugen wechselten wieder zu braunen mit runder Pupille.
Es verpasste Alec einen Stich. Magnus wollte sich schützen. Vor ihm. Er wollte nicht, dass er sein wahres Ich sah.
"Ich denke, ich gehe jetzt besser", beschloss Magnus. "Mein Kater wartet auf mich."
Alec hielt ihm nicht vor, dass das nur eine Ausrede war, weil Magnus am Morgen Maia angerufen hatte, damit sie sich um Chairman Meow kümmerte.
Er sagte gar nichts. Er sah dabei zu, wie Magnus seinen Mantel zurechtrückte, ihm noch einmal einen abwartenden Blick zuwarf und schließlich ging.
Als die hohe Doppeltür der Bibliothek donnernd zufiel, zuckte Alec zusammen.
Er fragte sich selbst, wieso er Magnus nicht einfach hinterherrannte und ihn in seine Arme zog.
In ihm war eine Blockade, die ihn davon abhielt. Die ihn davon abhielt, Magnus zu folgen, die ihn jedoch nicht davon abhielt, wütend auf sich selbst zu sein.Erschöpft trottete Alec zu seinem Zimmer. Auf dem Weg schaute er kurz bei Izzy ins Zimmer, weil von dort Stimmen kamen.
Max saß auf dem Bett und kugelte sich vor Lachen.
Jace saß bei ihm, ebenfalls grinsend.
Sie schauten Isabelle und Clary dabei zu, wie sie ihre neuen Kleider vorführten. Mit total übertriebenen Bewegungen stolzierten sie hüfteschwingend vor dem Bett hin und her, beide ein fettes Lachen auf dem Gesicht.
Alec lächelte müde. Immerhin die vier waren glücklich. Das war das Wichtigste.
Er wünschte, Magnus könnte sie sehen. Er würde sicher bei der Show mitmachen. Er würde viel Spaß haben.
Leise schloss Alec die Tür wieder und schlich in sein Zimmer. Es war schon dunkel draußen und er hatte Hunger. Aber er hatte keine Kraft mehr zum Essen. Er schaffte es gerade noch, sich auszuziehen, bevor er sich aufs Bett fallen ließ, die Decke über sich zog und seine Augen zufielen.
Sein letzter Gedanke war, dass er sich bei Magnus entschuldigen musste. Es war besser, nachzugeben, als ohne ihn zu sein.______________________________________
Also eigentlich war der Streit gar nicht geplant, es passierte einfach so...
Sorry😅
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Tanz des Schicksals - Shadowhunters/Malec
Fanfiction[pausiert] Sowohl die Geschwister Alec und Isabelle als auch Clary werden das Gefühl nicht los, nicht das für sie geschaffene Leben zu führen. Die drei Freunde leben am Lichten Hof, wo Gehorsam das oberste Gebot ist. Als plötzlich drei Fremde namens...