Die Blutlachen werden zu Flüssen

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Clary blieb bei Isabelle im Zimmer bis diese eingeschlafen war.
Sie wolllte sich vergewissern, dass Izzy sich endlich ausruhte. Als Clary ihr die Kleider gebracht hatte, war sie sofort, entsetzt darüber, dass sie eingenickt war, aufgesprungen und zu Alec gerast, um nach ihm zu sehen.
Clary war ihr fassungslos gefolgt und auf dem Weg hatten sie zufällig Jace aufgegabelt.
"Schlaf gut, Iz", sagte Clary leise und schaltete das Nachtlicht aus, bevor sie das Zimmer verließ.
Als sie sich endlich in ihr Bett fallen ließ - oder das Bett, das ihr zur Verfügung gestellt wurde - war es bereits früh am Morgen und die Sonne würde bald aufgehen.
Clary war dermaßen erschöpft, dass sie auf der Stelle hätte einschlafen können, wäre da nicht das lästige Knurren in ihrem Bauch gewesen.
Sie stöhnte genervt auf. Sie hatte tierischen Hunger - was nicht verwunderlich war, immerhin hatte sie bestimmt seit einem Tag nichts mehr gegessen.
Bei der ganzen Aufregung war das wahrscheinlich in den Hintergrund gerückt, doch nun, wo alles vorbei war, schien ihr Magen sich nicht mehr zurückzuhalten.
Clary stand also wieder auf und schlich barfuß durch den dunklen Flur. Irgendwo musste es im Institut ja eine Küche geben.
Hatten die Schattenjäger Runen, mit denen sie in der Dunkelheit sehen konnten? Sie konnte definitiv eine gebrauchen, denn sie sah ohne Licht kaum etwas.
Deshalb bemerkte sie auch nicht, dass sie nicht die einzige Nachtwandlerin war, bis sie mit der Person zusammenprallte.
"Aahmpf!" Clarys Schrei erstarb, als jemand ihr eine Hand auf den Mund presste.
"Schh! Du weckst noch die anderen!", zischte Jace und gab sie wieder frei, als er sich sicher war, dass Clary die Klappe hielt.
"Dann erschreck mich doch nicht so!", zischte Clary zurück.
"Wer schleicht sich denn um die Uhrzeit durch den Flur?", fragte Jace mit gedämpfter Stimme.
"Du!", antwortete Clary. Sie musste angestrengt davon abhalten, ruhig zu bleiben.
"Aber du doch auch!"
Clary verdrehte die Augen. Dann fiel ihr auf, dass Jace das nicht sehen konnte und immer noch auf ihre Reaktion wartete. "Und wer hat sich so angeschlichen?", fragte sie also schnippisch.
"Ich würde ja sagen ich, da das auf der Hand liegt, aber du warst auf deinen kleinen Elbenfüßen so leise wie eine Ameise", erwiderte Jace und Clary konnte sein nerviges Grinsen förmlich heraushören.
"Ich hab mich nicht angeschlichen. Und hör auf, meine Füße klein zu nennen!"
"Es wäre dir also lieber, wenn ich sie groß nennen würde?"
Wieso musste Jace auf alles eine Antwort haben? Eine Antwort, die es immer exakt genau auf den Punkt brachte? Es machte Clary wahnsinnig.
"Wie auch immer. Ich hab Hunger. Habt ihr hier was zu essen?", wechselte sie das Thema.
"Nein. Wir essen normalerweise nichts", sagte Jace.
"Echt jetzt? Seid ihr Vampire oder wa-"
"Komm mit", unterbrach Jace sie und zog sie am Arm mit sich.

"Magnus?" Alec fuhr mit seinen Fingern durch die weichen Haare in Magnus' Nacken.
"Mmh?"
"Schläfst du schon?" Alec sah zu Magnus auf. Er konnte in der Dunkelheit nicht viel erkennen, aber allein die Umrisse seines schönen Gesichts zu sehen, beruhigte ihn. Nachdem Magnus Alec, mithilfe von ein wenig Magie, gewaschen und umgezogen hatte, und er das Gleiche bei sich getan hatte, hatten sie sich ins Bett gelegt. Magnus hatte Alec nur kurz von der Befreiungsaktion berichtet, aber danach hatten sie einfach still dagelegen.
"Nein, wieso?", fragte Magnus nun.
Er versuchte, aufmerksam zu klingen, aber Alec wusste, dass er kurz davor war, wegzudösen.
"Nichts", meinte Alec deswegen schnell. "Gute Nacht."
Doch Magnus hatte sich bereits aufgesetzt. "Alexander, was ist los?"
"Nichts...Ich kann nur nicht einschlafen", druckste Alec vor sich hin.
"Das tut mir leid. Das liegt vermutlich an dem Trank, den ich dir gegeben habe. Der war ganz schön stark. Allerdings hätte ich dich ja schlecht bewusstlos da liegen lassen können."
"Mmh", murmelte Alec zustimmend.
Kurz war es still, bis Magnus wieder das Wort ergriff.
"Und? Sagst du mir jetzt noch die Wahrheit, was wirklich mit dir los ist?"
Wie auf Knopfdruck färbten sich Alecs Wangen rot. Wieso kannte Magnus ihn so gut?
Umständlich löste er den Knoten aus Beinen und Bettdecke, den er wohl erschaffen hatte, und setzte sich auf.
"Es ist nur...als ich gefangen war...ich hab mir so gewünscht, dass du bei mir bist", gestand er kleinlaut.
Er spürte, wie Magnus einen kurzen Kuss auf seine Lippen drückte. "Ich hab mir auch gewünscht, dass du bei mir bist. Seit du meine Wohnung, nein, meine Küche verlassen hast", flüsterte Magnus und lehnte seine Stirn gegen Alecs.
Alec konnte ein Lächeln nicht vermeiden.
"Es ist nur...", begann er wieder, denn er hatte das Gefühl, Magnus nicht alles gesagt zu haben, was er sagen wollte. Er wollte Magnus sagen, was er für ihn fühlte, ihn wissen lassen, wie viel er ihm bedeutete, wie schnell sein Herz in seiner Gegenwart schlug, aber er wusste nicht, wie.
"Dieser Kerker...hätte ich noch länger dort bleiben müssen...ich wäre lieber für immer mit dir in einer kalten, nassen Zelle eingesperrt gewesen als nur einen Tag ohne dich zu verbringen", gab er schüchtern zu. "Die können mich einsperren, aber sie können nichts daran ändern, was ich für dich empfinde..."
Magnus zog Alec an sich und drückte ihn fest.
"Du bist unglaublich, Alexander", wisperte er. "Und ich schwöre, ich werde den, der dir das alles angetan hat, umbringen! Wer war es?"
"Das sag ich dir nicht", weigerte sich Alec, weshalb Magnus ihn von sich schob.
"Was? Wieso? Alec, du kannst doch nicht ernsthaft-"
Alec unterbrach Magnus. "Weil ich nicht will, dass du das tust", klärte er ihn auf.
"Warum?", fragte Magnus entgeistert.
"Du bist zu gut dafür." Mit den Worten kuschelte Alec sich wieder an Magnus' Brust und schloss die Augen.

Tanz des Schicksals - Shadowhunters/MalecWo Geschichten leben. Entdecke jetzt