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Which heaven to gaudy day denies.
One shade the more,
one ray the less,
Had half impaired
the nameless grace
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~~~Lord Byron~~~P.o.V NEIL
Frustration breitete sich in mir aus, während ich langsam mit gesenktem Kopf in mein Zimmer zurückkehrte. Natürlich hatten meine Freunde gelauscht. Dicht gedrängt standen sie an der Tür, lauschten mit gespitzten Ohren jedem Wort, das mein Vater eben zu mir gesagt hatte.
Wäre es anders gewesen, hätte ich mich auch gewundert, besonders über Charlie.Der Neue, Todd Anderson, stand immer noch an seinem Bett und entpackte seinen Koffer. Er war freundlich, ruhig und schüchtern, was mich jedoch nicht im Geringsten störte. Irgendwie mochte ich ihn bereits.
"Warum lässt er dich nicht das tun, was du willst?", unterbrach Knox Overstreet meine Gedanken.
Und natürlich musste Mr. Charlie Dalton, der Rebell schlechthin, auch gleich noch einen draufsetzen: "Ja, Neil! Sag ihm doch mal deine Meinung! Viel schlimmer kann es gar nicht mehr werden, oder?"
Könnte es? Wahrscheinlich... Charlie und Knox hatten überhaupt keine Ahnung."Oh ja! Das hilft mir viel!", entgegnete ich etwas kraftlos, "Als ob ihr euren Eltern Kontra gebt, ihr zukünftigen Anwälte und Bankiers."
Das schien besonders an Charlies goldenem Ego zu kratzen. Es war wohl wahr, dass er von uns der rebellischste war, doch am Ende des Tages war er genauso wie alle anderen: Die perfekten Söhne ihrer Eltern."Hey! Ich mag es genau so wenig wie du!", wetterte Charlie beleidigt gegen meine Worte, "Und das weißt du, Neil!" Mit verzogener Miene überkreuzte er die Arme vor der Brust.
"Dann sag mir nicht, wie ich mit meinem Vater umgehen soll. Ihr seid doch nicht besser als ich.", schimpfte ich erregt wegen ihres Verhaltens.Dennoch war ich mehr über die Situation, in der ich mich befand, erzürnt als auf meine Freunde, und das wussten sie. Mein Ärger über meinen Vater wurde an ihnen ausgelassen, was sie wirklich nicht verdient hatten.
"Schon gut, schon gut, Neil.", versuchte Knox mich zu beruhigen, "Also, was willst du jetzt machen?"
Mir blieb eigentlich nur eine Möglichkeit. Die, die ich seit meiner Geburt hatte. War ich jemals vor einer Wahl gestanden? Nein, niemals. Eingeschnappt seufzte ich und riss mir dabei das Ehrenschülerabzeichen von der Brust, das an meinem Jackett angeheftet war.Niedergeschlagen erwiderte ich: "Na, was wohl? Das, was ich machen muss. Ich werde das Jahrbuch streichen."
So viele Jahre hatte ich nun hart gearbeitet und auch viel Zeit und Mühe investiert, um heute dort zu sein, wo ich war. Aber so wie es aussah, waren all diese Bemühungen nur Verschwendung meines Talents.Mein von Verzweiflung gezeichneter Blick war wohl nicht zu übersehen, und das schien Charlie dazu zu veranlassen, mich aufzuheitern. Es lag in seiner Natur, das Positive zu sehen und die Menschen um ihn herum glücklich zu machen.
"Nun, ich würde mir nicht zu viele Gedanken darüber machen, mein Freund.", scherzte er mit einem schelmischen Grinsen, "Im Jahrbuch sind doch sowieso nur ein Haufen von Idioten, die Mr. Nolan beeindrucken wollen."
Ein bisschen hatte er Recht. Jeder hier auf Welton wollte in einem guten Licht bei Mr. Nolan stehen, am besten im Ruderteam, im Debattierklub oder im Jahrbuch.
Aber für mich war das Jahrbuch mehr gewesen als nur ein stumpfer Zeitvertreib. Es hatte mir Spaß gemacht, daran zu arbeiten; es war etwas von mir, etwas, das jeder sehen konnte. Aber das war jetzt unwichtig."Du hast Recht. Es ist mir egal. Ich mache mir ohnehin nichts draus...", log ich mit möglichst monotoner Stimme. Zu gerne hätte ich an dieser Ausgabe mitgearbeitet, besonders als Mitherausgeber. Doch um es noch einmal zu sagen: Das war jetzt unwichtig.
"So, aber jetzt wollen wir doch kein Trübsal blasen, was, Jungs? Immerhin gibt es doch ein paar positive Wendungen dieses Jahr. Um ganz genau zu sein, sind es wirklich ein paar, wenn ihr wisst, was ich meine.", gluckste Charlie vergnügt, fast wie ein Kind in einem Süßigkeitenladen.
Natürlich hatte dieses eine, besondere Thema für Charlie Priorität. Warum auch nicht? Es war schließlich Charlie Dalton, und um ganz bei der Wahrheit zu bleiben, so war ich ebenfalls ziemlich aufgeregt. In den Ferien hatte ich davon erfahren. Ein Artikel im 'Gentlemen's Letter' hatte meinen Vater und sicherlich auch meine Freunde in Aufruhr versetzt."Das erste Mädchen auf Welton...", sprach Meeks annähernd ehrfürchtig aus.
„Das erste und einzige Mädchen auf Welton, Meeks.", posaunte Charlie begeistert.
Er war wahrscheinlich der Erste von uns Jungs gewesen, der die Abwesenheit von Mädchen hier im Internat vermisst hatte. In den ersten Jahren auf Welton zählte ich dies zu den Vorzügen, die wir hier genießen durften. Doch je älter ich wurde, desto mehr neigte ich zu Charlies Meinung.
Aber das Mädchen, das nun hier zur Schule gehen sollte, war nicht irgendwer. Auch wenn man sie nicht direkt kannte, so war der Familienname ein Leuchtfeuer in dunkler Nacht.
Philomena Harding, die Tochter des Senators, würde ab diesem Schuljahr mit uns die Klasse besuchen.
Ich hatte ihren Bruder George gekannt, allerdings nur flüchtig. Er hatte zwei Klassen über mir die Welton Academy besucht und hätte vor den vergangenen Sommerferien seinen Abschluss gemacht, bevor er... den Unfall hatte. Obwohl er etwas älter gewesen war als ich, war er mir dennoch immer freundlich und hilfsbereit gegenübergetreten. Für eine kurze Zeit hatte er mir in Latein geholfen, bis Meeks schließlich übernehmen konnte.
Es war ein Schock für jeden auf Welton, Schüler und Personal gleichermaßen, gewesen, als uns die Nachricht erreichte. Für manche mehr, für manche weniger, doch definitiv war sein Ableben an niemandem spurlos vorübergegangen.
Und nun, da er nicht mehr da war, würde seine kleine Schwester seinen Platz einnehmen. Nachdem, was mir bekannt war, hatten die Hardings schon seit Generationen immer ein Mitglied der Familie auf Welton.
Die Hardings genossen seit jeher hohes Ansehen, und deshalb war es nicht verwunderlich, dass Philomena trotz der Tatsache, dass sie ein Mädchen war, auf der Welton Academy mit ausgestreckten Armen willkommen geheißen wurde. Dass ihr Vater noch dazu ein hoch angesehener Mann war, kam dem nur zugute.Knox unterbrach meine Gedankengänge mit einem leisen Räuspern: "Und? Was sagt ihr dazu, dass sie hier ist?"
Dies entlockte Charlie ein helles Lachen. Über zwei Wochen hinweg hatte ich in den Ferien nichts von ihm gehört, was nur üblich für ihn war, aber annähernd drei Tage, nachdem über Philomena Harding berichtet worden war, lag ein zweiseitiger, dicht beschriebener Brief in meinem Postkasten. Darin hatte er ausschweifend seine Gedanken zu diesem Thema geäußert. Am Ende des Briefes war in kleinen Buchstaben noch etwas hinzugekritzelt worden: '
PS. Ich hoffe, dir geht es gut. C!'
Ein leichtes Schmunzeln konnte ich dabei nicht unterdrücken."Das fragst du noch, Overstreet? Sie sieht gut aus, sie hat Geld, und anscheinend ist sie nicht unbedingt stupide. Was man so von ihr gehört hat, überzeugt mich. Also der Letzte, der sich hier beschweren wird, bin ich.", plauderte Charlie begeistert, während er sich lachend gegen die Wand lehnte. Charlie hatte wahrlich Recht. Das Harding-Mädchen war wirklich sehr gutaussehend.
Das erste Mal hatte ich sie am Parkplatz gesehen. Sie hatte ein elfengleiches Gesicht und eine blasse Haut, glatt wie Marmor.
"Wir sollten uns vorstellen.", meinte ich gelassen, "Nicht heute, aber im Verlauf der nächsten Tage." Mit einem anzüglichen Blick richtete sich Charlie die Krawatte."Aber natürlich, Neil!", entgegnete er mit einem verschmitzten Grinsen, "Selbstverständlichkeit werde ich ihr alle Privilegien aufzeigen, die Welton bietet. Angefangen mit mir! Ich sehe es als meine Pflicht als Schulsprecher an, mich ihr vorzustellen."
Verwundert hob Meeks die Augenbrauen, woraufhin seine Brille etwas nach unten rutschte. "Du bist doch gar nicht Schulsprecher, Dalton.", meinte er erstaunt.
"Aber das weiß sie doch nicht, oder? Außerdem, wie soll sie sich bei diesem Gesicht noch auf etwas anderes konzentrieren können?", entgegnete Charlie, während er sich auf mein Bett schmiss und die Arme hinter dem Kopf verschränkte. Lachend schüttelte ich den Kopf."Ich dachte eigentlich eher daran, dass wir uns mit ihr anfreunden sollten.", erklärte ich, obwohl auch ich von der Idee, etwas Zeit mit dem hübschen Mädchen alleine zu verbringen, nicht abgeneigt war. "Ich finde, sie sieht sympathisch aus und ich glaube, dass sie es nicht leicht haben wird, hier auf Welton. Die Tatsache, dass sie das einzige Mädchen ist und dann auch noch die Sache mit ihrem Bruder..."
Fast schon mitleidig nickten die Jungs im Einklang. Sie sahen wohl ein, dass ich Recht hatte. Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, wie es für Philomena war, auf diese Schule zu wechseln, unter solch entsetzlichen Umständen. Todd war ebenfalls neu. Er hatte es natürlich auch nicht leicht, doch als einziges Mädchen unter so vielen Jungen und das auch noch in einer fremden Umgebung...
Aber aus irgendeinem Grund hatte ich ein Gefühl. Und dieses Gefühl sagte mir, dass dieses Jahr hier auf Welton in jeder Hinsicht besonders sein würde. Ein Gefühl, das ich nicht beschreiben konnte.
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Dead Poets In Love \ Club der toten Dichter Fan Fiktion~DPS-Charakter X OC
FanfictionSeit jeher war die Welton Akademie ein Internat für Jungen. Doch dies sollte sich im Jahr 1959 ändern... Das erste Mädchen wurde auf die Schule zugelassen. Aber nicht nur dieses Ereignis sollte die Leben einiger Schüler verändern. An jenes Jahr wür...