✧ XXII ✧

132 6 0
                                    

°°°
We know what we are, but not
what we may be.
°°°
~~~William Shakespeare~~~

P.o.V NEIL
Erschöpft legte ich meinen Kopf auf den Tisch. Vor mir lagen die Hausaufgaben für Latein, Mathematik und Englisch.
Soeben hatte ich das Gedicht für Herr Keating beendet. Bei meinen Hausaufgaben hatte ich heute um einiges länger gebraucht als sonst und da ich das Frühstück verpasst hatte, war mein Magen auch noch leer. Gestern war einfach ein aufregender Abend gewesen. Es war mir unmöglich zu schlafen. Das Tanzen, die Musik, die vielen Menschen – alles war so aufregend gewesen. Niemals hätten wir auch nur daran denken können zu schlafen. Bis um halb vier in der Früh waren wir noch bei Meeks und Pitts im Zimmer.

Mit Ausnahme von Philomena, da deren Zimmer in dieser Nacht strengstens kontrolliert wurde. Doch abgesehen von ihr, waren wir alle beisammen gewesen und dies war auch der Grund, warum wir solidarisch das Frühstück verpasst hatten.

Übermüdet packte ich meine Bücher auf einen Stapel und die Stifte in meine Federschachtel. Doch als ich mein Notizbuch anhob, konnte ich etwas sehen. Ein rosa Papier. Mein Blick blieb daran hängen. Darauf waren zwei Masken abgebildet und ganz oben in großer Schrift stand 'Ein Sommernachtstraum Jugendproduktion - Vorsprechen'.
Gebannt sah ich das Blatt an. Ich hatte es gestern entdeckt, als wir in der Bar gesessen waren. Warum ich es mitgenommen hatte, wusste ich nicht. Dennoch hatte ich das Gefühl gehabt, dass es wichtig für mich war. Also hatte ich es in meine Manteltasche gesteckt, ohne recht zu wissen, was ich damit vorhatte. Und jetzt war es da und saß in meinem Kopf fest.
Oft schon hatte ich daran gedacht, mal Schauspielern auszuprobieren. In den letzten Ferien hatte ich im Sommertheater mitspielen wollen, doch mein Vater hatte es mir natürlich nicht erlaubt. Oder vielleicht hatte ich es mir ja auch selbst nicht zugetraut? Warum auch immer. Das Schauspielern hatte ich danach nie wieder auch nur zur Sprache gebracht. Außerdem war es mir auf Welton nicht möglich.
Bis jetzt!
Der Ort, wo das Vorsprechen und die Proben stattfanden, war ganz in der Nähe. Es wäre mir ein Leichtes, hin und wieder zurückzukommen. Dennoch! Wer sagte mir, dass ich überhaupt angenommen wurde? Dass ich überhaupt gut in dem war, was ich tun wollte?

Wie auch immer... Es spielte keine Rolle. Der Punkt war, dass ich es niemals tun würde. Und dies wegen einem Grund. Wegen einer Person: Meinem Vater.

Ich fühlte mich in eine vormalige Situation zurückversetzt. Das Schuljahrbuch. Zu gerne hätte ich daran mitgearbeitet, aber was mein Vater sagte, war Gesetz und es wurde nicht hinterfragt. Es war frustrierend zu wissen, wie mein ganzes Leben noch aussehen würde. Sobald ich Welton abgeschlossen hatte, wäre Harvard der nächste Zwischenstopp auf einer langen Reise. Dort wartete bereits ein Medizinstudium auf mich. Danach würde ich arbeiten. Vielleicht ein reiches Mädchen heiraten, das meine Eltern für gut befanden, und ein paar Kinder bekommen, und dann würde ich bis an mein Lebensende unglücklich sein...

"Neil!"

"Was!", fragte ich erschrocken, unsanft aus meinen Gedanken gerissen.

Irritiert setzte ich mich auf. Vor mir stand eine ausgeschlafen aussehende Philomena.

"Ich sagte: Hey Neil! Drei Mal.", erwiderte sie mir lächelnd und setzte sich neben mich an den Tisch, "Du siehst ja komplett fertig aus. Anscheinend habe ich gestern viel verpasst. Was für verrückte Dinge habt ihr denn noch so gemacht?"
Müde schüttelte ich den Kopf. Ich ging davon aus, dass ich wohl die Augenringe des Jahrzehnts hatte. Auch schmerzten mir nach dem gestrigen Tanzen Muskeln, von denen ich nicht einmal gewusst hatte, dass sie existierten.
Nebenbei bemerkt: Tanzen! Eine Sache war mir nicht aus dem Kopf gegangen, doch gestern war nicht der Zeitpunkt gewesen, um darüber zu sprechen. Aber jetzt war er es!

Dead Poets In Love \ Club der toten Dichter Fan Fiktion~DPS-Charakter X OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt