45. Kapitel

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Wieder Zuhause kamen die Gedanken wieder. Das ich eben erst einen Schokoriegel gegessen hatte, machte das ganze nicht gerade einfacher. Ich musste mich ganz schön zügeln, damit ich nicht gleich die Schere zur Hand nahm und mich ritze. Schließlich hielt ich es einfach nicht mehr stand und ritzte einen kleinen, aber doch recht tiefen Schnitt auf eine meiner älteren Narben. Es fühlte sich wieder so befreiend an. Doch es war falsch. Das wusste ich genau.

Das Abendessen verlief ganz ruhig. Danach packte ich noch meinen Rucksack und ging dann ins Bett. Schlafen konnte ich jedoch nicht, auch wenn es schon dunkel war. Mein Kopf tat weh. Er fühlte sich so schwer an. Mit Tausenden von Gedanken bestückt, doch da war nur ein einziger. Ich wollte in diesem Moment einfach nicht mehr. Ich konnte nicht mehr. Doch ich musste, ich musste stark sein und stark bleiben. Ich schlug immer wieder mit meinem Kopf gegen mein Bett, legte mich auf den Boden und machte Liegestützen. Meist half eines dieser Sachen, doch nicht heute. Dieses Gefühl verstärkte es eher. Den Drang zu sterben. Was war ich denn überhaupt wert? Was konnte ich denn überhaupt? Warum sollte ich noch leben? Solche Fragen quälten mich in diesen Momenten. Das waren dann auch die Gründe, warum ich mich wieder ritzte. Dieses Mal allerdings mit einer Rasierklinge, die ich am Nachmittag aus der Küche gemopst hatte. Keine Ahnung warum sie darum lagen. Sie war richtig scharf und ich drückte doller als jemals zuvor. Es verursachte einen dementsprechend sehr tiefen Schnitt. Gebannt starrte ich auf das Blut, was heraus floss. Es war mehr als sonst. Schlagartig wurde ich wider in die Wirklichkeit katapultiert. Ich bereute den Schnitt doller als jeden anderen. Verzweifelt versuchte ich die Blutung zu stoppen. Schlussendlich gelang mir es dann auch. Beruhigt schlief ich ein.

Der nächste Morgen war grausam, denn ich realisierte, was ich gestern angestellt hatte. Schnell guckte ich mir den Schnitt an. Er klaffte ein wenig. „Scheiße, ich habe heute Sport!", fluchte ich flüsternd. Die alten Narben konnte ich immer unter einem Schweißband verstecke oder sie überschminken, doch Schminke sollte ich auf die frische Wunde jetzt nicht tun. Für ein Schweißband war sie zu weit oben. Und niemand, bis auf Liv und Cara, wusste von den Narben. Von der neuen schon garnicht. Natürlich könnte ich den anderen sagen, dass es mir nicht gut geht, aber das wollte ich auch nicht. Also musste ich wohl oder übel in die Schule.

Die erste Stunde verlief ganz okay, bis auf, dass ich mich voller Angst vorm nächsten Unterricht nicht konzentrieren konnte. Danach kam die Stunde der Wahrheit: Sport. In der Umkleide war noch alles gut und niemand bemerkte es, dich schon beim Einlaufen bekam ich blöde Kommentare ab. Das ging die ganze Zeit so. Auch in den darauffolgenden Stunden. In der zweiten großen Pause kam dann die eine Clique zu mir und schubste mich. Dabei lachten sie mich aus und beschimpften mich. Ich hatte solche Angst. Als die Pause zu Ende war, erntete ich noch einen letzten Tritt, bevor die Clique abzog. Mein Bauch tat mächtig weh. Irgendwie schleppte ich mich auf die Toilette und weinte dort, bis ich mich beruhigt hatte.
Die nächsten Wochen ging das immer so weiter. Es wurde sogar schlimmer. Doch ich nahm trotzdem am Unterricht teil.

Habt ihr noch Wünsche für die Geschichte?

Mein Leben der reinste Horror/Asds/AsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt