Noah:
„Das ist ein schönes Bild geworden!" Als mein Dad das rief, riss ich meinen Blick von Cameron los und merkte erst dann, wie sehr sich unsere Blicke verheddert hatten, wie sehr die Luft gespannt hatte.
Verwirrt sah ich zu meinem Vater.
„Oh wie süß!" Seine Freundin kreischte entzückt, nahm ihm das Handy ab und rannte zu Cameron und mir. „Schaut, schaut, schaut!", meinte sie total euphorisch.
Und tatsächlich. Mein Dad hatte ein Foto von Cameron und mir gemacht, während wir uns innig in die Augen sahen, uns anlächelten und hinter uns die Sonne unterging.
Gott, wie peinlich. Ich wollte im Erdboden versinken.
Mein Dad schlenderte lässig zu uns und legte von hinten seine Hand auf Kates Schulter. Er lächelte uns an, vor allem mich. „Ich finde es echt toll, dass wir eine echte Familie sind"
Ich unterdrückte den Drang, abfällig zu schnauben.
Ich hatte schon eine Familie, aber diese war zerstört.
Mein Dad sah nun zu Cameron und ich konnte mich etwas entspannen, da ich nicht mehr so unter Druck stand, zu verbergen, was wirklich in mir vorging.
„Ich hab auch noch total süße Bilder von dir und Matt", meinte er grinsend. Er wackelte doch tatsächlich wild mit den Augenbrauen.
Zum Glück ließ er es sein, als Cameron schnaubte und die Arme verschränkte. „Schön für dich. Dann kannst du sie dir vorm schlafen gehen anschauen, wenn in real life wirst du mich und Matt sicher nicht mehr friedlich miteinander erleben"
Er klang echt angepisst.
Ich kannte diese Seite an ihm von früher, doch seit ich bei ihnen wohnte, hatte ich ihn eigentlich nicht mehr so erlebt. Zumindest nicht im Umgang mit mir.
Mein Dad seufzte. „Sei doch nicht so"
Ich sah, wie Cameron die Finger in seine Oberarme krallte.
Oh nein, seine armen Muskeln!
„Er hat mich betrogen. Ich habe das Recht, so zu sein und ich werde auch sicherlich nie wieder mit ihm zusammen kommen"
Oh also das hatte ich nicht gewusst und es schockte mich. Ich hatte sie nur einmal zusammen erlebt, doch das hatte mir gereicht, um ihre Verliebtheit zu bemerken. Die zwei hatten kaum voneinander abgelassen, ständig gekichert und kaum aufgehört herum zu turteln. Irgendwie tat es mir schon Leid für Cameron, dass er seinen Matt nicht mehr hatte, aber wenn der ihn betrogen hatte, dann hatte er ihn eh nicht verdient.
„Menschen machen Fehler, Cameron" Mein Vater wollte wohl weise wirken, doch dass das gerade von ihm kam, machte alles nur noch schlimmer.
Er wollte Cam wahrscheinlich nur helfen, doch dafür war er echt der Falsche.
Da ich dieser Fehler war, der hier angesprochen wurde, wollte ich mitreden. „Dad, ich denke, es ist immer noch Camerons Entscheidung, ob er über diesen Fehler hinwegsehen kann. Und du solltest akzeptieren, dass er es nicht tut. Wichtig ist doch nur, dass er glücklich ist oder?"
Alle sahen mich an, als sei ich ein Gespenst. Wahrscheinlich war ich das auch, doch nun war ich aufgetaucht.
Ich vergrub die Hände in den Hosentaschen, weil mir unter den erstaunten Blicken ganz unwohl wurde und bereute es sofort wieder, etwas gesagt zu haben.
Ich mochte Kate sofort noch mehr, als sie dann zu sprechen begann und eine riesen Anspannung von mir abfiel. „Genau, Noah, das sehe ich genauso. Außerdem fand ich diesen Matthew schon immer total scheiße. Allein dieser Name" Sie machte eine wegwerfende Handbewegung und hackte sich dann bei Cameron und mir ein, um uns mitzuziehen.
Dad folgte uns im kleinen Abstand.
„Was haltet ihr davon, wenn wir auf dem Heimweg einen Stopp bei McD machen, mh? Oder doch lieber Burger King? Vielleicht gibt es auch eine KfC" Kate dachte laut nach und wartete nicht wirklich auf eine Antwort.
Das war vollkommen okay so, ich wollte ohnehin nichts essen. Dass ich das Eis vorhin runtergekommen hatte, wunderte mich ziemlich, doch ich hatte Cameron ja schlecht sagen können, dass ich es nicht wollten ,wenn er es extra für mich gekauft hatte, doch nun war ich sogar ziemlich froh, es gegessen zu haben. Es war echt total lecker gewesen.
Normalerweise achtete ich beim Essen nicht mehr auf den Geschmack. Aber ich lachte auch nicht mehr. Ich fühlte mich nicht mehr wohl.
All das tat ich jetzt. Wenn auch nur für kurze Momente. Und auch nur, wenn Cameron bei mir war.
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Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)
General Fiction-Alles an mir war gelogen. Die Antwort auf jedes „Wie geht es dir?", auf jedes „Alles okay?", auf jedes „Es tut mir leid", die Reaktion auf jeden Versuch, mich zu trösten, auf jede Behauptung, dass man mich verstehen würde. Denn das konnte keiner.- ...