Cameron:
Als Noah das Zimmer betrat, wunderte ich mich, weil er es nur im Handtuch bekleidet tat. Ich lag im Bett und sah vom meinem Handy auf, an dem ich gerade Alec von Noahs verrücktem Bruder und der Schandtat mit seinen Haaren erzählt hatte.
Ich musterte Noah genau, das gab ich ja zu.
Er war ziemlich schlank, nein eher dünn, blass, aber irgendwie doch auf seine Art schön. Er sah ein bisschen aus wie eine Porzellan Puppe. So zerbrechlich, aber unfassbar wertvoll.
„Kannst du bitte damit aufhören?", fragte er, während er zum Kleiderschrank ging.
„Womit?"
„Mich anzuschauen"
Der Satz tat irgendwie weh. Er hatte keine Ahnung, wie schön er war.
Ich seufzte, legte mein Handy weg, da es nun nicht mehr wichtig war, und stand auf, um zu ihm zu gehen.
Ich stellte mich hinter ihn und sah in den Spiegel, der am Schrank angebracht war und vor dem wir uns nun befanden. „Wieso sollte ich?"
Er schob mich leicht zurück und suchte sich weiter etwas zu anziehen.
„Noah" Ich nahm ihm alles ab, legte es zur Seite und drehte ihn zu mir um.
Ihm gefiel es nicht, dass ich ihn so sah, das erkennte ich in seinem Blick, doch eines musste geklärt werden:
„Ich sehe dich nicht das erste Mal in diesem Aufzug. Und weißt du noch, was ich dir beim letzten mal gesagt habe?" Auffordernd sah ich ihn an.
Er nickte leicht, vermied aber den Blick meine Augen. „Dass du mich hübsch findest", meinte er leise.
Ich nickte, drückte sein Gesicht durch meine Finger unter seinem Kinn zu mir hoch. „Genau. Und das bist du. Du bist hübsch, du bist schön, du bist alles, was ich ansehen will. In Wahrheit gibt es die Welt für mich nicht mehr, wenn ich die Möglichkeit habe, dich zu betrachten. Es gibt so vieles, das nur darauf wartet, entdeckt zu werden, aber das brauche ich alles gar nicht, weil ich dich habe. Ich liebe dich so wie du bist, denn genauso bist du perfekt."
Er schüttelte den Kopf, hauchte schmerzerfüllt „Du hast keine Ahnung" und schob meine Hand weg, um sich wieder umdrehen zu können, aber ich hielt ihn an den Schultern fest, sodass er nicht konnte.
„Dann erklär es mir. Wenn ich eine Möglichkeit hätte, deine Gedanken lesen zu können, würde ich es tun. Ich würde alles für dich tun. Aber ich bin nur ein Mensch. Für dich wäre ich gerne viel mehr, aber mehr als mich kann ich dir nicht bieten"
Ich wusste, dass er mehr brauchte, dass er einen Engel brauchte, der ihm half, gegen all diese Dämonen in ihm anzukämpfen und dass ich eher einer der Dämonen war und alles nur noch schlimmer machte, aber ich wollte die Seite wechseln.
„Hör auf, Cam.", forderte Noah bittend. „Du bist vollkommen genug. Mehr als das. Du bist so groß, so stark, so attraktiv, du hast alles, was man sich nur wünschen kann. Du bist so liebenswert, begehrenswert. Ich war mal wie du. Ich weiß selbst, dass sich früher besser war. Aber dieser Typ, den du gestern auf den Bildern gesehen hast... Das bin einfach nicht mehr ich. Schmerz verändert Menschen. Wunden hinterlassen Narben..." Er hob mir seinen Arm hin. „...Und die Haut wird nie wieder so, wie sie vorher war. Sie wird hässlich und entstellt bleiben und selbst, wenn man sagt, bei Liebe kommt es auf die inneren Werte an, ändert es nichts, denn wie zur Hölle sollst du einen anderen lieben, wenn du nicht dich selbst lieben kannst?"
Er schüttelte den Kopf, krallte verzweifelt seine Finger in meine Seiten, während er es endlich tat. Er redete. Ehrlich, unverblümt über seine Gefühle. Und ich erkannte, wie es in seinem Inneren aussah: Schlimmer als gedacht.
DU LIEST GERADE
Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)
General Fiction-Alles an mir war gelogen. Die Antwort auf jedes „Wie geht es dir?", auf jedes „Alles okay?", auf jedes „Es tut mir leid", die Reaktion auf jeden Versuch, mich zu trösten, auf jede Behauptung, dass man mich verstehen würde. Denn das konnte keiner.- ...