Noah
„Du lässt dich keinen Meter von Ken angraben, okay?" Ich sah zu Cam hoch und er grinste zu mir runter, während wir raus und zu seinem Auto gingen, mit dem wir zu Ken fahren wollten.
„Ich kann ja verstehen, wieso du im Affekt gesagt hast, ich würde nicht auf Jungs stehen, aber wieso verbietest du mir denn jetzt meinen Spaß?"
„Ich bin viel lustiger als der", meinte ich schnaubend.
Cam lachte. „Ich meine doch nicht diese Art von Spaß"
„Oh" Unbeholfen grinste ich zu ihm hoch.
Er legte einen Arm um meine Schultern und zog mich näher an sich heran. „Ist ja auch egal. Wenn er glaubt, ich stehe nicht auf sexy Boys, wird er schon keine Versuche mehr starten. Und wenn doch... Mal sehen, was sich ergibt"
Toll, er gab gerade zu, dass er etwas mit ihm anfangen würde, obwohl ich es nicht wollte.
Er hatte schon Recht. Ich konnte ihm das gar nicht verbieten. Auch wenn ich es wollte. Ken war nett, ja, aber er konnte einfach nicht der Richtige für Cam sein. Es fühlte sich so falsch an, daran zu denken, dass er einen anderen an seiner Seite hatte. Also ich meine... Ähm...
Seine Lache rette mich davor, mich vor mir selbst rechtfertigen zu müssen. „Du musst schon einsteigen, Süßer"
Oh, stimmt. Ich stand vor der geschlossenen Autotür und starrte in die Scheibe, aber nun öffnete ich sie und setzte mich rein, sowie auch Cameron.
Ich tippe Kens Adresse in mein Handy-Navi ein und sagte Cam immer, wann er abbiegen musste.
Irgendwann landete sine Hand auf meinem Oberschenkel. Ich wusste nicht, ob er es überhaupt selbst bemerkte oder mit Absicht machte, aber ich wurde total nervös und fast schon hibbelig.
So kam es dazu, dass ich fast verpasste, ihm zu sagen, wann er abbiegen musste. Aber nur fast.
„Bist wohl mit den Gedanken wo anders mh?", grinste er.
Jap, er machte das ganz sicher mit Absicht.
„Wenn du mal aufhören würdest, mich anzugrabschen, könnte ich auch bei der Sache bleiben", gab ich bissig zurück.
Ich sah ihn merklich grinsen, obwohl er konzentriert auf die Straße sah. „Das heißt, ich lenke dich ab, ja?"
Ich gab einen frustrierten Laut von mir.
Natürlich lenkte er mich ab. Er tat Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte, warum ich so darauf reagierte. Aber ich wollte nicht, dass er aufhörte. Ich wolle es einfach nur verstehen.
„Nein, aber du bringst mich durcheinander", meinte ich daher ehrlich.
Sein Grinsen ging leicht zurück und er seufzte. „Du mich manchmal auch" Er verstärkte den Druck seiner Hand an meinem Oberschenkel leicht.
Keine Ahnung wieso, aber ich legte meine Hand auf seine, er drehte seine und verschränkte die Finger mit meinen.
Er warf mir einen kurzen Seitenblick zu, so als könne er nicht fassen, dass wir gerade Händchen hielten und irgendwie war es ja auch total seltsam dafür, dass wir Brüder waren, aber es fühlte sich so gut an und ich wollte nicht, dass es aufhörte. Deshalb führte ich seine Hand zu meine Lippen und gab ihm einen Kuss auf den Handrücken. Danach sah ich ihn wieder lächeln.
Der weitere Weg zu Ken verlief still, doch das war okay. Es war die Art von Stille, die bewies, dass Worte einfach nicht nötig waren.
An der richtigen Adresse angekommen, hielt Cam im Hof und wir starrten auf das Haus. Das konnte unmöglich sein Ernst sein.
„Sind wir hier auch richtig?", fragte Cam nochmal nach.
Ich überprüfte die Adresse, die Ken in die Gruppe geschickt hatte und nickte dann.
Er schüttelte ungläubig lachend den Kopf. „Scheißen seine Eltern Geld oder was?"
Das brachte mich auch zum lachen.
Wir stiegen aus, gingen zur Tür und klingelten, nachdem wir überprüft hatten, dass sein Nachname auf dem Schild stand. Und das tat er.
Als die Tür geöffnet wurde, stand uns ein älterer Herr im Anzug gegenüber, der uns grimmig musterte.
Erst dann bemerkte ich, dass Cam und ich schon wieder Händchen hielten. Der Typ sah darauf und schnaubte, also löste ich meine Hand vom Cams, weil ich mich plötzlich unwohl fühlte und schob sie in die Hosentasche.
Cam warf mir dafür einen seltsamen Blick zu, sagte aber nichts.
„Wir wollten zu Ken", wandte ich mich an den Typen.
„Da bin ich mir sicher", brummte er und öffnete die Tür weiter, sodass wir eintreten konnten.
Wir sahen uns staunend in der Empfangshalle um.
„Bitte folgen sie mir", meinte der Griesgram, was wir dann auch taten. Er führte uns in den oberen Stock, um ein paar Ecken herum und hielt dann vor einer Tür, aus deren innerem Musik zu uns durchdrang.
Er klopfte an.
„Ja!", das war sicherlich Kens Stimme.
Der Typ öffnete die Tür und trat ein. „Ihre Gäste sind da, Sir"
„Ach sei doch nicht immer so förmlich, Kumpel, wie oft muss ich dir das noch sagen?" Während Ken das zu dem alten Mann sagte, winkte er Cam und mich rein. Wir folgten der Anweisung verwirrt.
„Tu mir einen Gefallen, John. Hol den Stock aus deinem Arsch und lächele doch ein bisschen." Er machte es vor, während er den alten Mann ansah.
Der unterdrückte es deutlich, seine Genervtheit zu zeigen. „Selbstverständlich Sir, ich werde mir Mühe geben", meinte er.
„Okay, dann kannst du jetzt gehen. Und bring die andern bitte auch hierher. Danke"
Der Typ ging wieder.
Nachdem er weg war, verfiel Ken erstmal in ein Lachen und umarmte dann zuerst Cam und mich dann mich. „Ich verstehe nicht, wieso meine Eltern keinen heißen Studenten als Butler einstellen konnten oder so. So hab ich ja gar nichts davon, dass er alles machen muss, was ich will"
Cameron lachte. „Du weit doch, dass das die Aktivitäten, die du dir da vorstellst, ausschließt oder? Sonst ist es sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz..."
Ken winkte ab. „Ach was. Das würde er doch freiwillig machen"
Cameron lachte, während er Ken ansah.
Ich räusperte mich übertrieben, tat aber so, als sei es unabsichtlich und sah ich im Raum um. „Du bist also reich", stellte ich fest.
Er seufzte. „Meine Eltern sind es. Ich müsste sie und meinen große Schwester umbringen, um selbst reich zu werden. Aber ich mag sie ganz gern." Er zuckte mit den Schultern und wandte sich dann zu einem Tisch, auf dem Getränke standen.
Er drückte uns beiden einen Becher in die Hand und nahm selbst einen, um anzustoßen und zu trinken.
Cam lachte zuerst leicht, machte es ihm dann nach und ich tat es ohne dieses unnötige Lachen.
Wozu auch? Nichts hieran war ansatzweise lustig.
Dieser Typ wurde von Sekunde zu Sekunden anziehender für Cam und ich mochte ihn von Sekunden zu Sekunde immer weniger, aber das nur aus diesen Grund.
Ich verstand nicht mal wieso. Vielleicht wollte ich einfach meinen Bruder nicht teilen. Das musste es doch sein, oder?
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Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)
General Fiction-Alles an mir war gelogen. Die Antwort auf jedes „Wie geht es dir?", auf jedes „Alles okay?", auf jedes „Es tut mir leid", die Reaktion auf jeden Versuch, mich zu trösten, auf jede Behauptung, dass man mich verstehen würde. Denn das konnte keiner.- ...